In Hinblick auf die gesundheitlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie keimt seit einigen Tagen vorsichtiger Optimismus auf und viele Menschen freuen sich über weitere Lockerungen und sehnen die Rückkehr zu einem „normalen Leben“ herbei. Gleichzeitig rückt der enorme wirtschaftliche und finanzielle Schaden in das Bewusstsein der Bürger, den das Herunterfahren der Wirtschaft angerichtet hat. Kann das gut gehen? Ein Beitrag von Prof. Dr. Hartmut Walz, Finanzexperte und Verhaltensökonom, über die Methode der Robustheit.
Es gilt der Grundsatz: Eine Krise oder ein Crash hält sich an keine Regeln. Alles kann passieren – auch das Gegenteil. Vielleicht fragen Sie sich jetzt: Kann ich mich auf eine Krise vorbereiten, wenn ich nicht weiß, wie diese ablaufen wird? Die Antwort ist ein klares „Ja“ und die Begründung wird Sie freuen.
Robustheit nützt dem Landwirt immer
Glücklicherweise müssen Sie keineswegs ein Prophet sein, um sich vor einer möglichen Finanzkrise schützen zu können. Vielmehr können Sie Maßnahmen ergreifen, die die Robustheit ihrer eigenen finanziellen Situation und Vorsorge erhöhen. Ganz nach dem Motto, dass wir weder Zeitpunkt noch Stärke eines Erdbebens vorhersagen müssen, um stabiler und erdbebensicher bauen zu können. Lieber ein paar Stockwerke weniger, dafür ein paar Stahlträger mehr und ein festes Fundament – dann können Sie auch angesichts eines Erdbebenrisikos ruhiger schlafen.
Jedoch ist als ungewünschte Nebenwirkung der Nullzinspolitik und damit extrem preiswerter Kredite in der Wirtschaft derzeit genau das Gegenteil zu beobachten. Sowohl Staaten als auch Private und Unternehmen haben – von wenigen Ausnahmen abgesehen – bisher nie gekannte Höchststände an Schulden aufgetürmt. Und dies, obwohl hohe Schuldentürme angesichts einer drohenden Finanzkrise – ganz wie hohe und einsturzgefährdete Wolkenkratzer im Erdbebengebiet – weder für Staaten, noch für Unternehmen oder Private eine kluge Wahl sind. Nur weil Kredite billig sind, sollte man keine Schulden machen – zurückzahlen muss man sie nämlich trotzdem. Und das könnte je nach Wirtschaftsentwicklung schwierig werden.
Die gute Nachricht: Landwirtschaft ist eine robuste Branche
Auch wenn es platt klingen mag: Gegessen und getrunken wird immer! Landwirtschaftliche Betriebe befriedigen grundlegende Bedürfnisse der Menschen. Daher ist die Landwirtschaft als Branche schon erheblich robuster als z. B. die Autoindustrie, die Modebranche oder die Hersteller von Luxusgütern oder Anbieter von Events. Und unsere Gesellschaft schätzt eigentlich den hohen Versorgungsgrad durch die heimische Landwirtschaft – auch wenn sich die Landwirte manchmal mehr Solidarität und Verständnis wünschten. Jedoch sollte trotz der grundsätzlichen Robustheit der Branche jeder Landwirt ganz konkret prüfen, wie die individuelle Situation seines Betriebs ist und ob wie belastungsfähig dieser in einer Krise wirklich ist.
Der Anwalt des Teufels – so prüfen Sie die Robustheit Ihres Betriebs
Wie robust ist mein Betrieb? Die Advocatus-Diaboli-Methode verrät es. Es ist eine einfache Denkübung. Spielen Sie "Anwalt des Teufels" und sehen für zehn Minuten bewusst schwarz. Überlegen Sie, an welchen Stellen Ihr Betrieb besonders verwundbar ist. Nur ein paar mögliche Beispiele:Sind es Leiharbeitnehmer,
- Wetterkapriolen wie extreme Trockenheit ohne Bewässerungsmöglichkeiten
- oder die Abhängigkeiten von nur einem oder wenigen Abnehmern?
- Welchen Anteil des Umsatzes machen fixe Kosten aus?
- Wie viel Schulden haben Sie?
- Welche Belastungen ergeben sich?
Haben Sie die schlimmsten Bedrohungen Ihres konkreten Betriebs herausgefunden, investieren Sie Ihre Energie, genau diese zu beseitigen oder zumindest zu verkleinern.
Buchtipp: Einfach genial entscheiden im Falle einer Finanzkrise – von Hartmut Walz. Haufe-Verlag, ISBN 978-3-648-13758-1, 321 Seiten, 19,95 €. Hier geht es zum Shop.