Am Sonntag durften 14,2 Mio. Menschen in NRW ihre Bürgermeister, Landräte, die Stadt- und Gemeinderäte sowie teils weitere Parlamente wählen. Es war eine denkwürdige Wahl. Denn die Wahllokale sollten Corona-bedingt nur mit Masken betreten werden. Dennoch gaben 51,9% der Wahlberechtigten ihre Stimme ab; knapp 2% mehr als bei der Kommunalwahl 2014.
Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kam die CDU landesweit auf 34,3 % (–3,2 %), die SPD auf 24,3 % (–7,1 %) und die Partei Bündnis 90/Die Grünen auf 20,0 % (+8,3 %). FDP und Linke erzielten 5,6 % bzw. 3,8 % und die AfD erreichte 5 %. Wahlgewinner war die Partei der Grünen. Ihr jeweils schlechtestes Wahlergebnis seit den Kommunalwahlen 1946 erreichten die Volksparteien CDU und SPD.
Landräte und Kreistage
Landräte und Kreistage haben viele Berührungspunkte mit der Land- und Forstwirtschaft, wenn es etwa um das Veterinärwesen, den Natur- und Gesundheitsschutz geht. Im Münsterland wurden die Landräte (Amtsinhaber) überwiegend wiedergewählt: Im Kreis Borken Kai Zwicker, 67,2 %, CDU, in Coesfeld Christian Schulze Pellengahr, 66,7 %, CDU, in Warendorf Olaf Gericke, 63,2 %, CDU.
Wieder- oder neu gewählt wurden folgende Landräte/innen in Westfalen-Lippe: Kreis Soest Eva Irrgang, CDU, Höxter Michael Stickeln, CDU, Siegen-Wittgenstein Andreas Müller, SPD, Olpe Theo Melcher, CDU, Herford Jürgen Müller SPD/Grüne, Gütersloh Sven-Georg Adenauer, CDU, Paderborn Christoph Rüther, CDU, Hochsauerlandkreis, Karl Schneider, CDU,.
Doch in vielen NRW-Kreisen müssen die Kandidaten am 27. September in die Stichwahl. Stichwahlen um das Landratsamt gibt es unter anderem im Kreis Minden-Lübbecke, Lippe, Unna, Recklinghausen, Steinfurt sowie in Kleve und Wesel.
Zudem ist in einigen Städten das Bürgermeisteramt hart umkämpft, Stichwahlen gibt es zum Beispiel in Münster, Köln, Aachen, Hamm, Bielefeld, Dortmund, Köln und Bochum. In Münster, Aachen und Köln stehen Kandidaten/innen der Grünen zur Wahl.
Wahlblick aufs Land
Was ist aus landwirtschaftlicher Sicht erwähnenswert?
- Die Grünen haben mit ihren Themen „Klima“ und „Verkehrsbelastung in den Innenstädten“ offenbar einen Nerv getroffen. In den Unistädten Münster, Köln und Aachen sind sie besonders stark. Nach Analysen haben die Grünen bei den 16- bis 24-Jährigen die meisten Stimmen erzielt (33 %).
- Für die CDU-Wähler stehen andere Themen oben: Sie sorgen sich am meisten um die „Wirtschaft“ sowie die „öffentliche Sicherheit“.
- In den ländlichen Wahlbezirken haben zumeist die Kandidaten/innen der CDU gewonnen. Doch eine Kommunalwahl ist stark personenbezogen. Zum Teil gab es faustdicke Überraschungen. In Beckum etwa muss Amtsinhaber Karl-Uwe Strothmann, CDU, seinen Stuhl als Bürgermeister räumen. Sein Kontrahent Michael Gerdhenrich (SPD, Grüne) erzielte 50,7 %.
- In vielen Kommunen waren die Amtsinhaber nicht mehr angetreten. In Sendenhorst setzte sich SPD-Kandidatin Katrin Reuscher mit 52,4 % gegen Markus Hartmann (CDU) durch. In Coesfeld ließ Eliza Diekmann (Pro/SPD/Grüne) mit 66,9 % Gerrit Tranel, CDU, weit hinter sich.
- Auf den Dörfern hatten es die kleinen Parteien – FDP, Linke und AfD – schwer, Ratsmandate zu erringen. Landesweit erzielte die AfD zwar 5 %; die meisten Stimmer erzielte die umstrittene Partei jedoch in Ruhrgebietsstädten mit hoher Arbeitslosigkeit, etwa in Gelsenkirchen.
- Erstaunliche Resultate erzielten die Grünen in einzelnen Städten. In Telgte etwa wurde der langjährige Bürgermeister Wolfgang Pieper mit 86,2 % wiedergewählt. In Emsdetten kamen die Grünen auf 30 % im Stadtrat. In der Emsstadt wird derzeit heftig um eine geplante Ortsumgehung gestritten, die von den Grünen abgelehnt wird.
- Einziger FDP-Bürgermeister im Land NRW wurde Enrico Eppner mit 64,8 % in der Stadt Hallenberg im Hochsauerlandkreis.
- Im Kreis Höxter hat es ein Nebenerwerbslandwirt geschafft. Norbert Hofnagel, langjähriger Geschäftsführer des Betriebs- und Maschinenrings im Kreis Höxter, wurde mit 60,6 % in Willebadessen zum Bürgermeister gewählt.
Nur wenige Kandidaten
Nach Beobachtung vieler WLV-Kreisverbände hält ein Trend an: Nur wenige aktive Bäuerinnen und Landwirte sind heute noch bereit, für ein zeitraubendes kommunales Mandat zu kandidieren. Doch es gibt Ausnahmen. Susanne Schulze Bockeloh, CDU, wurde mit 41 % erstmals in den Stadtrat von Münster gewählt. Sauenhalter Heinrich Georg Budde aus Walstedde, CDU, hat sein Direktmandat für den Warendorfer Kreistag souverän verteidigt. Engen Bezug zur Landwirtschaft haben auch: Jürgen Bernsmann, CDU/FDP-Kandidat aus Rhede, sowie Mechthild Schulze Hessing aus Borken (mit Landwirt verheiratet). Eine Rarität aus dem Mühlenkreis. In Espelkamp übernimmt Henning Vieker, CDU, den Bürgermeisterjob seines Vaters Heinrich, nach eigenen Worten ein Nebenerwerbslandwirt mit Leib und Seele.
Aus Südwestfalen: die Bürger in Bad Berleburg stehen voll hinter ihrem Bürgermeister Bernd Fuhrmann, CDU, der als Vorsitzender des Wisentvereins bundesweit für Schlagzeilen sorgt. Er erzielte mit 77,4 % eines der besten Wahlergebnisse in der Region.
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