NRW-Kommunalwahl 2020

NRW-Grünen-Chefin Neubaur zu Landwirtschaft und ländlichen Räumen

Die Grünen sind die Gewinner der NRW-Kommunalwahl. Gepunktet haben sie mit Verkehr sowie Klima - und gleichzeitig gegen das konventionelle Agrarsystem geschossen. Der richtige Mix, meint NRW-Grünen-Chefin Mona Neubaur.

Frau Neubaur, herzlichen Glückwunsch zum Wahlerfolg. Haben Sie das Ergebnis erwartet?

Schon über den Sommer zeichnete sich ab, dass wir ein gutes Ergebnis erreichen können. Die Denke und der Blick der Menschen in NRW richtet sich auf die Themen der Gegenwart. Der Corona-Shutdown hat das bekräftigt, zum Beispiel beim Thema regionale Lebensmittelversorgung. Und der dritte Hitzesommer in Folge hat das Thema Klima noch stärker ins Bewusstsein gerückt. Gleichzeitig haben wir eine hochmotivierte Basis in NRW, unsere Mitgliederzahl ist seit 2017 um 65 % auf mehr als 21.000 gestiegen. Den Gluckwünsch reiche ich deshalb an alle Ehrenamtlichen weiter, die sich für die Grünen engagieren.

Besonders gut haben die Grünen in Universitätsstädten wie Köln, Bonn und Aachen sowie anderen Großstädten abgeschnitten. Wie erklären Sie das?

Wir sind vor Ort und machen Politik für die Menschen. Das zeigt sich bei alltäglichen Dingen wie beispielsweise bürgerfreundlicheren Abläufen im Einwohnermeldeamt oder Fragen rund um Kindertagesstätten sowie Schulen. Entscheidend waren bei diesen Wahlen aber die großen Themen Verkehr und Klima. Hier haben uns die Wähler die höchste Kompetenz zugeschrieben.

"Wir nehmen junge Menschen sehr ernst"

Bei den 16- bis 24-Jährigen sind die Grünen stärkste Kraft in NRW. Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Der Grünen-Grundsatz „Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt“ sagt es eigentlich schon: Wir müssen die Erde im bestmöglichen Zustand an die Nachfolgegeneration weitergeben. Unsere Wahlprogamme denken seit 40 Jahren in Generationen. Ich finde es super, dass sich junge Menschen zunehmend politisieren. Sie haben das ganze Leben noch vor sich. Und sie sind Experten darin, aus der Sicht eines jungen Menschen auf die Welt zu blicken. Wir nehmen diese jungen Menschen in unserer Partei sehr ernst, trauen ihnen etwas zu und übertragen ihnen Verantwortung. Wir begegnen ihnen auf Augenhöhe und mit Respekt.

Auf dem Land konnten die Grünen nicht so stark punkten. Warum nicht?

Wir haben deutlich aufgeholt im ländlichen Raum, sind in allen NRW-Kreisen zweistellig. In zehn Kommunen stellen wir jetzt sogar Bürgermeister. Im Münsterland, in der Eifel und am Niederrhein. Denn klar ist doch: Eine intakte Natur beschäftigt die Menschen auf dem Land noch mehr als die Menschen in der Stadt – schließlich leben sie dort. Richtig ist aber, dass es auf dem Land schwerer ist, die Menschen zu erreichen. Das liegt schon allein an der Infrastruktur, zum Beispiel an der Erreichbarkeit der Geschäftsstellen.

Kann es zu einer Zerreißprobe zwischen Stadt und Land in NRW kommen?

Wir machen das Spiel „Stadt gegen Land“ nicht mit. Wir stehen für eine Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse überall in NRW.

Bei den Agrarthemen haben Sie im Wahlkampf stark polarisiert, zum Beispiel mit dem Plakat „Grün ist auch ohne Glyphosat die dicksten Kartoffeln zu haben“. Wie passt das mit dem Wunsch des Dialogs und der gesellschaftlichen Annährung zusammen?

Der WLV hat in seiner „Offensive Nachhaltigkeit“ sinngemäß geschrieben, dass Landwirte die Art und Weise ihres Wirtschaftens verändern müssen, um Akzeptanz nicht vollends zu verlieren. Das greifen wir auf. Wir wollen bäuerlichen Betrieben in NRW eine...