Herr Beringmeier, um die Basisprämie zu bekommen, müssen Landwirte Grundanforderungen erfüllen (sog. Konditionalität). Gibt es Betriebstypen, die es dabei schwer haben?
Zunächst einmal müssen sich alle Betriebe darauf einstellen, dass die EU-Direktzahlungen künftig vom ersten Euro an höhere Auflagen für Umwelt- und Klimaschutz geknüpft werden. Noch ist nicht klar, wie die Vorgaben im Detail aussehen werden, denn in Brüssel und Berlin dauern die Verhandlungen an. Es zeichnet sich aber ab, dass ab 2023 mit der Konditionalität neue Stilllegungsverpflichtungen kommen. Dies trifft insbesondere Betriebe mit wenig Fläche, mit hohem Nährstoffanfall oder hoher Wertschöpfung auf der Fläche. Davon haben wir in NRW sehr viele. Insgesamt wird durch die steigenden Anforderungen den Einkommensbeitrag der Zahlungen für alle Betriebe sinken.
"Grünlandbetriebe müssen mehr Wahlmöglichkeiten haben."
Weiteres Geld aus der Ersten Säule ist an Ökoregelungen geknüpft. Welche Betriebe haben es leichter, diese Regeln zu erfüllen? Welche haben es schwerer?
Das Bundeskabinett hat hier sieben Maßnahmen vorgeschlagen, wobei viele darauf hinauslaufen, Fläche aus der Erzeugung zu nehmen. Damit wird es für kleine Betriebe schwer bzw. relativ teuer, diese Maßnahmen umzusetzen. Auch die vielfältige Fruchtfolge als Öko-Regelung ist bei kleiner Ackerfläche schwieriger umzusetzen. Besonders kritisch sehen wir den vorgelegten Katalog mit Blick auf unsere zahlreichen Grünlandbetriebe. Hier fordern wir deutlich mehr Wahlmöglichkeiten.
Welche zum Beispiel?
Die Öko-Regelungen sollen Artenvielfalt und Klimaschutz dienen. Sie müssen aber auch praxistauglich sein. Ich unterstütze sehr den Vorschlag des DBV für einen „Grünland-Klima-Bonus“ für Betriebe mit hohem Dauergrünlandanteil, die auf den Umbruch ihrer Grasnarbe verzichten. Zudem muss die Grünlandextensivierung für Einzelflächen angeboten werden.
"Die Direktzahlungen verringern sich weiter."
Mehr Geld wandert in die Zweite Säule. Wer profitiert davon, wer verliert?
Die höheren Mittel in der zweiten Säule für NRW stammen aus einer Anpassung des Verteilungsschlüssels zwischen den Bundesländern und aus einer Umschichtung von Finanzmitteln aus der Ersten in die Zweite Säule. Klar ist, dass sich dadurch die Direktzahlungen verringern werden. Ob und inwieweit Betriebe von der Zweiten Säule profitieren werden, hängt letztlich von der noch nicht feststehenden Ausgestaltung der Fördermaßnahmen ab. Wir kämpfen weiter um viele in NRW bewährte Fördermaßnahmen der Zweiten Säule, wie insbesondere die Agrarumweltmaßnahmen. Dabei kritisieren wir auch die Übernahme solcher Maßnahmen in die Öko-Regelungen zu den Direktzahlungen.
NRW profitiert von der höheren Förderung der Ersten Hektare (Umverteilung). Wie zahlt sich das aus?
Den Mechanismus der Umverteilungsprämie kennen wir seit 2014: Ein Teil der Hektarprämie wandert in einen Topf, aus dem heraus die Zuschläge für die ersten Hektare finanziert werden. Künftig werden nicht nur der abgezweigte Betrag, sondern auch die Zuschläge sowie die zuschlagsberechtigte Fläche steigen. Statt bisher rund 2.000 € wird ein Betrieb dann fast 3.600 € maximal an Zuschlägen erhalten können. Die größere Umverteilung ist für viele kleinere und mittlere Betriebe in NRW deshalb positiv, weil dadurch die geringere Basisprämie zumindest in den ersten Jahren kompensiert wird.
"Keine angemessene Förderung für Leistungen der Mutterkuhhalter."
Für Mutterkühe sowie Schafe und Ziegen gibt es gekoppelte Tierprämien. Wie stark macht sich das für Weidetierhalter in NRW bezahlt?
Künftig soll es gekoppelte Prämien von 30 € je Schaf oder Ziege sowie 60 € für Mutterkühe geben, wobei nur reine Mutterkuhbetriebe einen Anspruch auf die Förderung der Mutterkühe erhalten sollen. Das ist keine angemessene Förderung für die vielfältigen Leistungen der Mutterkuhhaltung zur Erhaltung des Landschaftsbilds und der Biodiversität. Grundsätzlich fordern wir – wie in unserem Mittelgebirgsprogramm festgehalten – die stärkere Förderung der Weidehaltung bei Mutterkühen, Schafen und Ziegen.
Was fordern Sie bei der Umsetzung vom NRW-Landwirtschafts-/Umweltministerium?
Wie sehen einen großen Diskussionsbedarf vor allem bei der konkreten Ausgestaltung der Öko-Regelungen und haben der Landesregierung einen detaillierten Katalog mit Verbesserungsvorschlägen vorgelegt. Im Kern geht es uns um einfache und praxistaugliche Maßnahmen, die allen Betriebsgrößen und -typen an den verschiedenen Standorten einen wirtschaftlichen Anreiz zur Teilnahme bieten. Ministerin Heinen-Esser weiß um die große Bedeutung der GAP für unsere Betriebe und hat frühzeitig den Dialog mit Verbänden der Landwirtschaft und Umwelt gesucht. Ich bin zuversichtlich, dass wir diesen konstruktiven und engen Austausch im Sinne unserer Betriebe erfolgreich fortsetzen werden.