Am Dienstagnachmittag, den 15. Dezember, hat die NDM GmbH, Betreiberin der Naturwertstoffanlage in Nordvelen, einen Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit beim zuständigen Amtsgericht gestellt. Inzwischen hat Geschäftsführerin Doris Nienhaus die Gesellschafterversammlung und die 90 Kommanditisten der NDM informiert.
WLV-Präsident Hubertus Beringmeier zeigt sich über die Entwicklung sehr betroffen. Dies sei ein schwerer Schlag für die Landwirte im Kreis Borken, zumal in einer Zeit, „die für unsere Betriebe auch in vielerlei anderer Hinsicht bedrückend ist“.
„Schwerer Rückschlag“
Den grundsätzlichen Ansatz der Anlage hält der WLV jedoch weiter für richtig. „Wir als Landwirtschaft müssen Lösungen entwickeln, um die Umweltauswirkungen unserer Tierhaltung zu verringern und dadurch deren Zukunftsfähigkeit verbessern. Die Insolvenz der NDM, die ein innovativer Teil zur Lösung dieser schwierigen Aufgaben sein sollte, ist daher ein schwerer Rückschlag“, heißt es in einer Pressemitteilung des Landesverbandes aus Münster.
Wie konnte es dazu kommen, dass die GmbH den Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit stellen musste? Und ist das von den Borkener Landwirten bereit gestellte Geld verloren? Es geht um rund 6 bis 7 Mio. €.
Derzeit gibt es viele Fragen, aber kaum Antworten. Die Verantwortlichen verweisen bei Wochenblatt-Nachfragen auf das Amtsgericht in Münster. Das Gericht hat bislang noch nicht entschieden, ob ein Insolvenzverfahren eröffnet wird und, falls ja, wer als Verwalter bestellt wird. Das dürfte frühestens im Januar passieren, so eine Sprecherin auf Nachfrage.
Die Zahlungsunfähigkeit ausgelöst hat offensichtlich der fehlende Zuschuss von 1,5 Mio. €, den die Landwirtschaftliche Rentenbank und die BLE (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung) zum Jahresende vergeben wollten, der aufgrund eines Sperrvermerkes aber nicht ausgezahlt wurde. Über die Gründe der Nichtauszahlung kann man nur spekulieren. Sollten die Kommanditisten der NDM nochmals Eigenkapital nachschießen, um einen weiteren Beitrag zur Sanierung der Pilotanlage zu leisten?
Gründe für die Schieflage
Sobald der Insolvenzverwalter das Verfahren eröffnet hat, werden die Landwirte und die Öffentlichkeit wahrscheinlich Näheres über die Umstände der Schieflage der NDM erfahren. Betroffene Landwirte berichten, dass es schon seit längerer Zeit wirtschaftliche und technische Probleme gab:
Die Biogasanlage mit der anschließenden Aufbereitung der Nährstoffe ist ausgelegt auf eine Jahresproduktion von 200 000 m3 Gülle. Diese Menge wurde in den letzten Monaten offensichtlich aber nie verarbeitet, weil unter anderem zu wenig Gülle angeliefert wurde und/oder die Anlage infolge von Störungen nie in Volllast lief. 2020 sollen Corona-bedingt zum Beispiel Maschinen- und andere Ersatzteile gefehlt haben.
Anders als gedacht haben sich auch die Abgabepreise für die Gülle entwickelt. Vor etwa drei Jahren mussten die Tierhalter zum Teil bis zu 20 €/m3 Gülle für die Abgabe etwa an einen Lohnunternehmer zahlen. Inzwischen sind die Entsorgungspreise stark gefallen. Das schlägt voll auf die Rentabilität der Pilotanlage durch.
Wie geht es weiter?
Doch alles Jammern und Lamentieren hilft den Bauernfamilien und Kommanditisten im Kreis Borken jetzt wenig. Sie setzen ihre Hoffnungen auf den Insolvenzverwalter. Er wird alle Aktiva und Passiva der GmbH sichten und ausloten, ob ein neuer Investor die Pilotanlage in Nordvelen mit einem neuen (verbesserten) Betriebskonzept fortführt. Der künftige Betreiber müsste wohl frisches Geld mitbringen, heißt es.
Dass in Nordvelen eine teure Bauruine stehen bleibt, davon gehen Insider nicht aus. Denn der neue Investor findet am bisherigen Standort gute Rahmenbedingungen vor: Alle baulichen Anlagen sind betriebsbereit und genehmigt, Fachpersonal steht zur Verfügung. Und: Viele Tierhalter im westlichen Münsterland müssen Gülle mit Blick auf die Düngeverordnung und die roten Gebiete abgeben. Die Frage ist nur, zu welchem Preis. Schließlich darf man in der Pilotanlage auch noch Klärschlämme und andere Abfälle verwerten bzw. entsorgen.
Kurzum: Die Bauernfamilien im Kreis Borken wären erleichtert, wenn ein Investor die Pilotanlage unter geänderten Vorzeichen fortführen würde.
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