Grünes Investieren

Nachhaltiges Investieren – gut für das grüne Gewissen?

Lässt sich Geld so anlegen, dass dabei die Nachhaltigkeit gewahrt bleibt und auch positive Renditen entstehen? Was sagen ESG- oder SRI aus? Der Beitrag gibt Antworten und konkrete Empfehlungen.

Geldanlagen, die keine „schmutzigen Gewinne“ aus Waffen, Atomkraft oder Kinderarbeit ziehen, sondern Renditen zum Schutz von Umwelt und Klima versprechen, sind gefragt. Aber wie gut ist nachhaltiges Investieren wirklich? Und an welchen Kriterien können Anleger sich orientieren?

Ein Beitrag von Dr. Hartmut Walz, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Ludwigshafen am Rhein, über "Grünes Investieren, ESG- und SRI-Kritierien, Greenwashing, Kapitalmärkte und kommunizierende Röhren, SUVs, Bäume, Gegenwetten und "die Guten und die Schlechten" sowie konkrete Empfehlungen zum "grünen Investieren" für Kompromissorientierte, Nüchterne und Puristen.

Nachhaltigkeit gibt den Ton an

Zum Jahresende führen viele Bürger ihren persönlichen Kassensturz durch. Insbesondere prüfen sie die Wertentwicklung ihrer Depots und sonstigen Anlagen. Sowohl bei Neuanlagen als auch Umschichtungen bestehender oder fällig werdender Anlagen kommen dabei immer häufiger Nachhaltigkeitsmotive ins Spiel. Der Wunsch, sich nachhaltig zu verhalten, ist derzeit überwältigend stark.

Das „Wollen“ ist also unstrittig – jedoch hinkt das „Können“ und „Tun“ stark hinterher. Und es ist nur allzu menschlich, dass wir am liebsten dort für die Nachhaltigkeit eintreten, wo es unsere eigenen liebgewonnenen Gewohnheiten und unser Verhalten möglichst wenig verändert. Ein Beispiel: rund vier Fünftel aller Deutschen wollen Nachhaltigkeitsziele bei ihrer Geldanlage berücksichtigt sehen. Aber kaum jemand möchte auf sein Auto verzichten.

Nachhaltigkeit ist schwer messbar

Wie man „Nachhaltigkeit“ versteht, ist auch heute noch unzureichend definiert. Und das, obwohl der Begriff seit 1915 – also über 100 Jahren - in deutschen Wörterbüchern steht. Auf alle Fälle sollte Nachhaltigkeit nicht vorschnell mit Umweltschutz und noch weniger mit Klimaschutz gleichgesetzt werden. Denn nur ein Teil der seitens der UN definierten 17 Nachhaltigkeitsziele bezieht sich auf Ökologie. Es gibt ja noch viele Ziele außerhalb wie Geschlechtergerechtigkeit und die Vermeidung von Kinderarbeit. Und Klimaschutzziele sind wiederum nur ein kleiner Teilbereich der Umweltziele, denn da geht es auch z. B. um Erhaltung der Artenvielfalt und Reinhaltung unserer Meere.

Wichtig: ESG- oder SRI-Kriterien

Der bei Geldanlagen versprochene Nachhaltigkeitsanspruch wird meist durch die mehr oder minder strenge Einhaltung von ESG- oder SRI-Kriterien nachgewiesen.

  • Dabei steht ESG für Environment, Social, Governance, also Umweltschutz, soziales Verhalten/faire Arbeitsbedingungen sowie transparente Unternehmensführung.
  • Und SRI steht für Socially Responsible Investment, also ressourcenschonendes und verantwortungsvolles Anlegen.
  • Was private Anleger meistens nicht wissen (können): Die SRI-Kriterien sind schärfer als die ESG-Kriterien.

Geld für nachhaltige Projekte

Was Sie mit nachhaltigem Investieren erreichen wollen erscheint eindeutig: Kapital soll in Projekte und Unternehmen fließen, die Umwelt- und Nachhaltigkeitsansprüchen gerecht werden – die „Guten“ sollen also gefördert werden. Die Förderung kann entweder darin bestehen, dass ihnen Geld überhaupt zur Verfügung gestellt wird. Oder durch eine Verbilligung der Kapitalkosten (also z. B. geringere Zinsen oder Dividendenanforderungen).

Ebenso sollen die nicht nachhaltigen Unternehmen behindert oder geschwächt werden. Dies könnte durch eine Verteuerung ihrer Finanzierungskosten bewirkt werden. Oder - noch besser - durch ein völliges Versiegen von Finanzierungsquellen. Die „Schlechten“ würden als Folge fehlender Finanzierungsmöglichkeiten „austrocknen“ und vom Markt verschwinden.

Ob Sie mit nachhaltigem Investieren auf den internationalen Kapitalmärkten wirklich etwas zum Guten beitragen können ist jedoch bis heute ungewiss. Denn leider gibt es Anleger, denen die Nachhaltigkeit ziemlich egal ist und die gerade entgegengesetzt anlegen.

Greenwashing hat derzeit Hochkonjunktur

Die enorme Nachfrage für nachhaltige Anlagen bei gleichzeitig stockendem Angebot wirklich diesem Anspruch auch gerecht werdenden Angeboten führt zu einem wuchernden Wildwuchs an Grennwashing. Damit sind Anlageprodukte (meist Investmentfonds, Zertifikate oder ETFs) gemeint, die eine Nachhaltigkeit versprechen, die sie in Wahrheit nicht einhalten können.

Aus Anlegersicht ist also eine neue Herausforderung hinzugekommen. Nämlich sehr kritisch zu überprüfen, inwieweit eine behauptete Nachhaltigkeit auch tatsächlich umgesetzt wird. Angesichts derzeit noch fehlender gesetzlicher Kriterien und einer Vielfalt durch der von Anbieter selbst erstellten Ökosiegeln ist eine solche Prüfung aktuell noch sehr schwierig. Jedoch besteht die realistische Hoffnung, dass in nur wenigen Jahren...


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