Nach zwei Jahren Zwangspause begrüßte Barbara Leufgen, Direktorin der Katholischen Landvolkshochschule Hardehausen, das Publikum zum Tag des Landvolks im Schützenhof in Paderborn.
Am Libori-Dienstag veranstaltete die Landvolkshochschule gemeinsam mit der Katholischen Landvolkbewegung Paderborn den Festakt.
Frei nach dem diesjährigen Libori-Motto „Aufatmen“ trafen sich viele Landfrauen und Landwirte wieder in Präsenz, doch dass das Durchatmen angesichts der weltpolitischen Lage schwerfällt, machte das Thema des Tages klar: „Wie geht´s weiter mit dir, Europa? Mit dem Krieg ist alles anders.“
Vorteil gegenüber Putin
Antworten auf diese Frage gab Johannes Hahn. Der Österreicher ist seit 2019 EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung. Er bezeichnet den Überfall auf die Ukraine als Angriffskrieg und sagte, dass die Ukraine auch für unsere Art des Lebens kämpfe.
Gleichzeitig warnte er davor, die Russinnen und Russen in Gänze dafür zu verurteilen. „Das russische Volk leide unter einer ständigen Gehirnwäsche und hat keine objektiven Medien“, betonte er.
Der Krieg halte der EU vor, wie abhängig sie sich vor allem in Sachen Energie gemacht habe. „Aber unsere Probleme sind schneller gelöst, als dass Putin neue Gaskunden gefunden hat“, zeigt sich der ÖVP-Politiker optimistisch und verwies, auf die Pipelines, die auf Europa ausgerichtet sind.
Sorgen bereite ihn aber mit Blick auf eine Nachkriegszeit, das bisher schon verminte Gelände in der Ukraine, darunter bestes Ackerland. Heute schon sehe die EU sich in Kroatien mit diesen Spätfolgen eines Krieges konfrontiert.
Für Hahn müsse die EU eine reifere Rolle in der Welt annehmen. „Wir sind nicht mehr im Teenager-Alter“, sagte er und verdeutlichte, dass die EU eine wirtschaftliche Weltmacht sei. Zwar brauche die EU Partner, aber einseitige Abhängigkeiten müssen in Zukunft vermieden werden. Selbst die USA seien nicht mehr der zuverlässige Alliierte und nannte eine möglich zweite Präsidentschaft Trump.
„Europa muss sich an die Spitze der Länder setzen, die auf Regeln und Gesetze bauen“, so der EU-Kommissar. Diese Erwartung hätten zum Beispiel Staaten in Lateinamerika und Südostasien.
Denn das 21. Jahrhundert werde nicht vom Konflikt Ost gegen West geprägt seien, sondern vom Konflikt der freiheitlich-demokratischen Staaten mit einer Marktwirtschaft auf der einen Seite und von Diktaturen mit Turbokapitalismus auf der anderen Seite, resümierte der Österreicher.
Kein Ende der Geschichte
Für den Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker war es vermutlich der letzte Tag des Landvolks im Amt. Er hat im Juni den Papst gebeten, ihn von seinem Amt zu entpflichten.
Daher nutzte der Erzbischof darauf hinzuweisen, wie verletzlich der Frieden sei und schon immer gewesen wäre. Von einem „Ende der Geschichte“ mit einem Siegeszug der liberalen Demokratien wie es nach dem Ende des Ostblocks 1990 zunächst hieß, sei schon mit den Balkan-Kriegen schnell Ernüchterung eingekehrt.
„Wirklicher Friede erwächst nur aus einem guten Miteinander der Völker, Religionen und Gemeinschaft“, sagte der Kirchenmann und verwies auf die fast 1200-jährige Freundschaft zwischen Paderborn und dem französischen Le Mans.
„Wirklicher Friede kann nicht aus dem „Kampf aller gegen alle“ hervorgehen. Es braucht Anstrengung und Einsatz, Vorbild und Leidenschaft. Das sehen wir wieder in diesen Tagen“, stimmte den Bischof etwas zuversichtlich.
Ratlos vor dem Fernseher
„Ich scheue mich manchmal den Fernseher anzuschalten“, sagte Gabriele Beckmann. Damit sprach die Vorsitzende der Landfrauen im Kreis Höxter wohl vielen Gästen aus der Seele. Die vielen Krisen plus die Herausforderung im Alltag überfordern gerade viele Menschen.
Was sie positiv stimmt, ist, dass die EU gerade als Gemeinschaft auftritt und nicht wie zuvor nur als Geldgeber und Paragrafenreiter wahrgenommen wird. Gemeinschaft ist für die Vorsitzende auch der Weg die Resignation und Ohmmächtigkeit zu überwinden, sei es in der Familie, dem Dorf, bei den Landfrauen oder auch unter den Staaten. Nur gemeinsam könne man etwas bewegen und wenn es zunächst nur kleine Schritte seien.
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