Zurzeit läuft die praktische Zwischenprüfung der landwirtschaftlichen Azubis im zweiten Ausbildungsjahr. In diesen Tagen setzt auch der schriftliche Teil ein, der zu Beginn des Jahres noch verschoben werden musste.
Im vergangenen Jahr fiel der praktische Part der Zwischenprüfung aus. Corona sorgte für die spontane Absage. Das Virus hat in den vergangenen Monaten die Ausbildung, vor allem den Unterricht in den Berufsschulen, geprägt. Präsens- und Distanzunterricht wechseln hin und her.
Zwischenprüfung als Probe
Laura Cord fand es im ersten Moment gut, als die praktische Zwischenprüfung vergangenes Jahr kurzfristig ausfiel. „Da ist mir ein Stein vom Herzen gefallen“, gesteht die 20-Jährige, die in ihrem dritten Ausbildungsjahr auf einem Milchviehbetrieb in Westbevern im Kreis Warendorf arbeitet.
Im Nachhinein ärgert sie sich aber. Sie hätte sich sicherer für die Abschlussprüfung im Sommer gefühlt. „Es wäre eine Generalprobe gewesen“, sagt die Ostbevernerin.
Corona geistert auch so durch ihre Gedanken. Vor allem im Austausch mit den Altenteilern des Ausbilders lässt sie besondere Vorsicht walten. Privat hat Laura, die nicht auf dem Betrieb wohnt, ihre Kontakte eingeschränkt.
Bei der täglichen Arbeit im Stall und auf dem Acker spürt sie aber fast keine Veränderungen. Nur zu betriebsfremden Personen wie dem Klauenpfleger hält sie mehr Abstand als zuvor.
Den größten Unterschied merkt Laura Cord in der Berufsschule. Seit Ende Februar besucht sie wieder im Wechselunterricht das Wilhelm-Emmanuel-von-Ketteler-Berufskolleg in Münster. Dort wurden die Klassen halbiert – höchstens 15 Schüler pro Raum, damit sie genug Abstand halten können. Seit Ende März testen die Schüler sich unter Anleitung der Lehrer selbst. Bis dato gab es noch keinen Corona-Fall.
Im Vergleich hat sich zwischen dem ersten und zweiten Schul-Lockdown einiges getan. Während Laura Cord im März 2020 eher sporadisch eine E-Mail mit Aufgaben bekam, nutzt sie nun die digitale Lernplattform „Logineo“. Hinzu kamen wöchentliche Videokonferenzen mit den Lehrern. Dabei zögerte sie manchmal, eine Frage zu stellen. „Im normalen Unterricht bin ich spontaner“, sagt die junge Frau.
Was sie vermisst, sind Ausflüge und Betriebsbesichtigungen, die vor Corona zum Schulalltag gehörten. Insgesamt ist Laura Cord aber froh, dass sie überhaupt und an der frischen Luft arbeiten darf. In anderen Branchen herrschen Kurzarbeit und mehr Einschränkungen.
Besser als gedacht
„Einen enormen Schub in Sachen Digitalisierung“, nennt Lehrerin Serena Schrimper das, was vom ersten auf den zweiten Lockdown im Distanzunterricht passiert ist. Am Wilhelm-Emmanuel-von-Ketteler-Berufskolleg unterrichtet sie die Mittel- und Oberstufe im Pflanzenbau.
Der erste Lockdown kam recht kurzfristig. „Ich hätte selbst nicht daran geglaubt, dass die Schulen geschlossen werden“, blickt sie zurück. Sie und ihre Kollegen schickten zunächst Aufgaben per E-Mail.
Einige Schüler meldeten sich damals, dass sie von ihren Ausbildern nicht genug Zeit bekämen, um die Aufgaben zu bearbeiten. Manche blickten mit Bauchschmerzen auf die Abschlussprüfung, erzählt sie.
Das sei im zweiten Lockdown besser geworden. Viele bekamen den vorgesehenen Berufsschultag komplett frei, um sich um den Lernstoff zu kümmern.
Im zweiten Schul-Lockdwon haben Serena Schrimper und ihre Kollegen sich dafür entschieden, in allen Fächern regelmäßige Videokonferenzen anzubieten. Sie stellten am Anfang der Woche Aufgaben auf die digitale Lernplattform.
In den Videoschalten besprachen sie die Aufgaben, klärten Fragen und erarbeiteten neue Inhalte. Durch die Bewertung der abgegebenen schriftlichen Leistungen konnten ruhigere Schüler oder Schüler mit schlechter Internetverbindung Lernzuwachs zeigen, erklärt Serena Schrimper die Strategie. Mehr Flexibilität war aber von allen Seiten gefragt.
Zwei Teams auf Betrieb
Der langjährige Ausbilder Stefan Löcker aus Ochtrup im Kreis Steinfurt hält den digitalen Unterricht nur für eine Übergangslösung. „Es geht nichts über den direkten Kontakt“, sagt er. In diesem Jahr hat er drei Azubis auf seinem Schweinemast- und Sauenbetrieb. Sie sind alle im dritten Lehrjahr. Hinzu kommt ein fester Mitarbeiter.
Die Azubis unterstützen sich beim Lernen für die Prüfung. Im Lockdown hatte der Ausbilder ihnen den Freitag als Berufsschultag eingeräumt. Sie konnten sich dann um die Inhalte kümmern. Bei Fragen steht er zur Verfügung. „Ich bin aber kein Ersatzlehrer“, sagt der Ochtruper.
Im Alltag achtet er darauf, seine Familie von Azubis und Mitarbeitern zu trennen. Das sonst gemeinsame Essen am Küchentisch fällt flach. Auch untereinander hat er versucht, dass sie keinen zu engen Kontakt mehr haben. So ziehen sich die Azubis und der feste Mitarbeiter vor der Arbeit im Stall zeitversetzt um.
Er hat zwei Teams aufgestellt. Falls eine Gruppe Corona-bedingt ausfallen würde, könnte die andere sich weiter um die Tiere kümmern. Wer sich unwohl fühlt, bleibt sofort zu Hause.
Dass die praktische Zwischenprüfung nicht stattfand, findet Stefan Löcker schade, aber verständlich. „Jetzt fehlt ihnen das Prüfungserlebnis“, sagt er und befürchtet, dass alle Auszubildenden in diesem Jahr mehr mit der Abschlussprüfung zu kämpfen haben werden als sonst.
Das Niveau der Vorjahre halten
Vergangenes Jahr haben 11 % der Prüflinge im Beruf Landwirt/in nicht bestanden, etwa so viele wie in den Vorjahren. Die Anforderungen in diesem Jahr sollen trotz Corona auf dem gleichen Niveau bleiben.
Ein Zeugnis im Bewerbungsverfahren müsse einem späteren Arbeitgeber einen zuverlässigen Hinweis über die Qualität des erreichten Abschlusses geben, heißt es seitens der Landwirtschaftskammer NRW. Andere Maßstäbe wären nicht gut. Etwa
530 Abschlussprüfungen stehen in diesem Sommer an. Unter welchen Bedingungen sie stattfinden werden, hängt von der Entwicklung des Infektionsgeschehens, politischen Entscheidungen und den Vorgaben des Schulministeriums ab. Aktuell gilt der dringende Hinweis, das kostenlose Angebot für einen Schnelltest vor der Prüfung in Anspruch zu nehmen.