Mit einem Großaufgebot an Schleppern demonstrieren seit Dienstag vergangener Woche (26. Januar) erneut zahlreiche Landwirte in Berlin. Mit Kundgebungen und Aktionen unter anderen vor den Bundesministerien für Landwirtschaft und Umwelt prangern sie eine aus ihrer Sicht verfehlte Agrarpolitik an. Die ursprünglich bis vergangenen Sonntag angemeldeten Kundgebungen wurden laut Polizeiangaben bis kommenden Sonntag, 7. Februar, verlängert. Geht es nach den Veranstaltern, wird die Aktion auch darüber hinaus fortgesetzt: Eine Verlängerung bis zum 14. Februar ist beantragt.
Heterogene Protestgruppe
Aufgerufen zur Protestaktion hatten unter anderen die Initiativen „Land schafft Verbindung – Das Original“ (LsV), die „Freien Bauern“, die „Basis Bauern Bewegung“ sowie mehrere Einzelpersonen. „Wir agieren verbandsübergreifend“, betont Alf Schmidt gegenüber dem Wochenblatt. Schmidt, Landwirt aus Thüringen, hat die Kundgebungen angemeldet. Der Deutsche Bauernverband (DBV) und die Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft sind am Protest nicht beteiligt.
Die demonstrierenden Landwirte fordern Entlastungen bei den Auflagen für die Landwirtschaft, Hilfen für die aktuell von Krisen betroffenen Agrarbetriebe und vor allem auskömmliche Preise für ihre Produkte. Dazu wurde am Mittwoch vergangener Woche ein Forderungskatalog an das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) übergeben. In einer Stellungnahme erteilte das BMEL allerdings den meisten Forderungen eine Absage.
Die Stellungnahme des BMEL können Sie hier nachlesen:
Umstrittene Landvolk-Fahne
Die Protestkundgebungen stießen in ihrer inhaltlichen Ausrichtung bei Oppositionspolitikern und Verbänden überwiegend auf Zustimmung. Scharfe Kritik wurde jedoch an der Verwendung der historischen Landvolk-Fahne mit Schwert- und Pflug-Symbolik geäußert, der sich auch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner anschloss. Wer mit dieser auftrete, müsse sich im Klaren sein, dass die Fahne für eine völkisch-nationalistische Bewegung gestanden habe, so die Ministerin gegenüber den Demonstranten. Etwa eineinhalb Stunden hatte Klöckner am Mittwochabend vergangener Woche mit den Landwirten diskutiert. Darüber hinaus warnte Klöckner vor einer immer weiter gehenden Zersplitterung des landwirtschaftlichen Berufsstandes. Diese und auch die mitunter geäußerten „halb-sozialistischen Vorstellungen“ in Bezug auf die Agrarpolitik seien alles andere als hilfreich und könnten nicht im Interesse der Bauern sein.
Auch DBV und der Bund der deutschen Landjugend (BDL) gingen auf klare Distanz zur Landvolkfahne. Der BDL forderte die Initiatoren der Bauernproteste auf, eine Unterwanderung und Instrumentalisierung legitimer Demonstrationen durch antidemokratische Kräfte zu unterbinden.
Kritik an Medien
Kritik wird jedoch nicht nur an der Protestaktion und ihrer Symbolik geübt. Die demonstrierenden Landwirte bemängeln ihrerseits die mediale Berichterstattung sowie die fehlende Gesprächsbereitschaft der Politik. „Die Medien ignorieren uns und unsere Anliegen“, so Initiator Schmidt. Um eine angemessene Berichterstattung einzufordern, fuhren am Freitag vergangener Woche Landwirte mit etwa 60 Schleppern zum Hauptstadtstudio des ZDF sowie zum Axel Springer Verlag.
Die Medien wiederum verweisen auf unklare Strukturen und Ansprechpartner auf Seiten der Landwirte. BMEL und BMU führen an, die protestierenden Landwirte hätten nicht offiziell um eine Übergabe ihrer Forderungen oder ein Gespräch angefragt. Ein Großteil der Mitarbeiter arbeitet aufgrund der angespannten Corona-Lage zudem aus dem Home-Office.
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