Das Insektenschutzgesetz hat es am Mittwoch vergangener Woche (16. Dezember) doch nicht auf die Tagesordnung des Bundeskabinettes geschafft. Bundesumweltministerium (BMU) und Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) konnten sich trotz intensiver Verhandlungen in den letzten Tagen doch nicht auf einen gemeinsamen Entwurf einigen. „Es gab Einigkeit mit allen Ressorts, lediglich ein Punkt zur Definition eines bestimmten Biotoptyps war mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium offen“, sagte eine Sprecherin des BMU.
Zwist bei Streuobstwiesen
Dabei handelte es sich um die Definition von Streuobstwiesen, die künftig in den Schutz als Biotop aufgenommen werden sollen. Es geht darum, wie viele Streuobstbäume pro Hektar und in welcher Höhe zu einer Streuobstwiese zählen, die dann als Biotop mit strengen Pflanzenschutzauflagen geschützt werden soll. „Leider konnte über diesen Punkt in der Sache nicht mit dem BMEL verhandelt werden“, moniert das BMU. Aus Sicht des BMU wäre in dem Punkt jedoch eine Einigung „ohne Mühe möglich gewesen“, heißt es.
Gewässerrandstreifen
Einen Verhandlungserfolg hat wohl das BMEL bei den Gewässerrandstreifen erzielt. Es soll diese selbst in seiner Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung behandeln dürfen.
Das BMU hat seinen Vorstoß für verpflichtende Gewässerrandstreifen bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln von bis zu 10 m im Wasserhaushaltsgesetz zurückgezogen. Das BMEL will nun in seiner Verordnung die geplanten Gewässerrandstreifen auf 5 m an Gewässern 1. und 2. Ordnung drücken. Über die mittlerweile vom BMEL angefertigte Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung herrscht zwischen den Ressorts allerdings noch keine Einigkeit.
Zeitdruck steigt
Wie es nun weitergeht, ist indes offen. Mit Beginn des Jahres 2021 bleibt nur noch wenig Zeit, Gesetzesvorhaben, die auch durch den Bundestag müssen, bis zur Bundestagswahl abzuschließen. Ob das Bundeskabinett die Insektenschutzvorgaben aus dem Bundesnaturschutzgesetz gemeinsam mit den Pflanzenschutzvorhaben aus dem BMEL beschließt, ist nicht entschieden. Hinzu kommt, dass es auch noch Verzögerungen wegen einer EU-Notifizierung von Maßnahmen geben könnte. Damit ist unsicher, ob bis zur Bundestagswahl ein Gesetzesvorhaben aus dem Aktionsplan Insektenschutz, den die Bundesregierung im Sommer 2019 beschlossen hatte, umgesetzt wird.
Klöckner entschärft Regeln für Insektenschutz
Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) hat seine Teile für den Aktionsplan Insektenschutz der Bundesregierung fertig. Einigkeit mit dem Bundesumweltministerium (BMU) besteht darüber aber noch nicht.
In der betreffenden Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung hat das BMEL vor allem die Fläche für die geplanten Pflanzenschutzverbote deutlich verkleinert. Diese sollen nur noch in bereits bestehenden nationalen Schutzgebieten, das sind Naturschutzgebiete, Nationalparks, Nationale Naturmonumente, Naturdenkmäler und gesetzlich geschützte Biotope, gelten. Damit wären FFH-Gebiete und Vogelschutzgebiete von den Maßnahmen nicht mehr betroffen.
Ursprünglich hatte die Bundesregierung im Aktionsplan Insektenschutz noch Verbote für bestimmte Insektizide und Herbizide in Schutzgebieten vorgesehen, die etwa 10 % der landwirtschaftlichen Fläche ausmachen. Mit der Änderung wären nun nur noch bis zu 1,7 % der Fläche betroffen.
Außerdem sollen dort nur bienengefährliche Insektizide, die als B1-Mittel ausgewiesen sind, und Herbizide verboten werden.
Ursprünglich hatte das Bundesumweltministerium formuliert, bio-diversitätsschädigende Insektizide und Herbizide in Schutzgebieten, die FFH-Gebiete und eventuell auch Vogelschutzgebiete umfassen, verbieten zu wollen. Damit wären zahlreiche landwirtschaftlich genutzte Flächen betroffen gewesen, für die den Landwirten bei der Ausweisung als FFH-Gebiet versprochen worden war, dass es nicht zu Produktionseinschränkungen für sie kommt.
In die neu formulierte Verordnung hat das BMEL auch seine bereits 2018 formulierte Glyphosat-Minderungsstrategie aufgenommen. Diese sieht ein generelles Verbot der Anwendung für Glyphosat mit dem Ende der Zulassung auf EU-Ebene ab 2023 vor. Vorher soll es schon ein Verbot in Haus- und Kleingärten und in Parks geben. Auf Acker und Grünland soll nur noch in Ausnahmefällen mit Einzelfallentscheidung etwa bei Erosionsgefährdung oder bei Problemunkräutern, die anders nicht zu bekämpfen sind, Glyphosat eingesetzt werden dürfen.
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