Hofläden erlebten in den 80er-Jahren einen wahrhaften Boom. Heute, rund 30 Jahre später, brauchen viele der seinerzeit gegründeten Betriebszweige einen Nachfolger. Familieninterne Lösungen sind nicht immer machbar. Eine naheliegende Option ist, den Laden zu verpachten. Doch wie gelingt das in der Praxis? Familie Poker aus Albersloh im Kreis Warendorf, steht derzeit vor genau dieser Fragestellung.
Neue Konzepte denkbar
„Wir haben vor sieben Monaten bei ebay Kleinanzeigen inseriert, weil wir uns einen nahtlosen Übergang gewünscht haben“, beschreibt Gisela Poker den Plan, einen Nachfolger für ihren Hofladen im Herzen Alberslohs im Kreis Warendorf zu finden. Interessenten ließen nicht lang auf sich warten. „Wir hatten einige Anfragen, mussten aber auch schnell feststellen, dass nicht alle ernste Absichten hatten“, zieht Günter Poker ein verhaltenes Resümee zum Inserat. Einige hätten Termine für eine Besichtigung vereinbart, seien dann aber nicht gekommen. Die, die vorbeikamen, um sich den Hofladen anzuschauen, hatten ihre ganz eigenen Pläne mit den Räumlichkeiten. „Wir erwarten nicht, dass der Mieter unser System eins zu eins übernimmt“, stellt der gelernte Malermeister sofort klar. Dennoch müsse das Vorhaben in den Ort passen. „Einige wollten ein Café eröffnen“, sagt Gisela Poker, die davon überzeugt ist, dass sich eine Kombination aus Gastronomie und Hofladen gut eignen würde. Limitierender Faktor sind jedoch die sanitären Einrichtungen. „Zum Laden gehört lediglich eine Toilette“, ergänzt Günter Poker. Etwaige Umbaumaßnahmen müssten vom Mieter getragen werden. Das traut sich aber nicht jeder zu.
Eigene Handschrift finden
17 Jahre lang verkaufte das Ehepaar auf rund 64 m2 selbst eingelegtes Gemüse sowie Fruchtaufstriche und den Honig der eige-nen Bienen. Die Eier stammtenvon den Hühnern, die das Ehe-paar auf dem eigenen land-wirtschaftlichen Betrieb hielt. Außerdem mäs-teten sie dort Gänse und Puten. Das Fleisch verkauften sie ausschließlich über ihren Laden, der verkehrsgünstig an der Wolbecker Straße liegt. Pokers haben die Tierhaltung zeitgleich mit ihrem Geschäft aufgegeben. Sollte sich der neue Pächter für die Fortführung des Hofladens entscheiden, so wäre er zumindest in diesem Punkt verpflichtet, sein eigenes Sortiment zu entwickeln.
Backen mit Erlaubnis
Bis zum 30. Juni backte die gelernte Bäckereifachverkäuferin Gisela Poker an drei der vier Öffnungstage bis zu 17 verschiedene Sorten Brot, Kuchen und Torten für ihre Kunden. „Hier lief einiges über Vorbestellung“, weiß die 63-Jährige aus Erfahrung. Ihr Brot verkaufte sie außerdem an einen anderen Hofladen in der Region. „Unser Sortiment passte in den Ort und stellte eine gute Ergänzung zu den anderen Geschäften dar“, ist sich das Betriebsleiterpaar sicher. Bis Gisela Poker offiziell backen durfte, brauchte es ein Prüfung: „Ich musste mich in die Handwerksrolle eintragen lassen.“ Sie überzeugte die Meister in Theorie und Praxis und bestand die ganztägig dauernde Prüfung. Obwohl es nicht immer leicht war, alle gesetzlichen Anforderungen, die an Direktvermarkter gestellt werden, zu erfüllen, haben Pokers es nie bereut, ihre alten Berufe im Malerhandwerk und in der Bank an den Nagel gehängt zu haben.
Räumliche Trennung
Hofladen und Wohnhaus der Pokers sind derzeit über eine Tür miteinander verbunden. „Sobald wir den passenden Mieter gefunden haben, wollen wir aber eine räumliche Trennung vollziehen“, betont Günter Poker. Weniger festgelegt sind die beiden bei der rechtlichen Form der Nachfolgeregelung. Hilfe haben sie bei der Landwirtschaftskammer NRW bekommen. „Wir waren unsicher, wie viel Miete für die Räumlichkeiten angemessen ist“, gibt Gisela Poker offen zu. Obwohl laut der Beraterin etwa 5 % des Jahresumsatzes als Miete üblich seien, würden sich Pokers vorerst auch mit weniger zufriedengeben. „Wir wollen es unserem Nachfolger ermöglichen, sich einzuarbeiten“, erklärt der 66-Jährige seine Philosophie von Fairness.
Betrieb einer Zweigstelle
In der Miete inbegriffen sind zahlreiche Lagerräume im Erd- und Obergeschoss, ein Sozialraum sowie die sanitären Einrichtungen. Die Inneneinrichtung inklusive drei Kühlzellen und einiger Geräte (z. B. Kühltheke, Regale, Steinbackofen) könnte der neue Betreiber gegen eine Ablöse übernehmen. Der Name „Hofladen Poker“ muss nicht weitergeführt werden, da ist sich das Ehepaar einig. Gut vorstellen könnten sie sich, die Räumlichkeiten als Zweigstelle an einen Berufskollegen aus der Nähe zu vermieten. Mit Beginn der Suche nahmen sie bereits Kontakt zu einigen auf. Schnell kam die ernüchternde Erkenntnis: „Interesse war da, aber keiner hatte genügend Mitarbeiter, um unseren Hofladen zu übernehmen und angemessen fortzuführen.“
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