Für Dominick Hannuschke und Sarah Krämer hat sich „ein Lebenstraum“ erfüllt. Der staatlich geprüfte Landwirt, 26, und seine Lebensgefährtin haben den Milchviehbetrieb von Günter Buttighoffer gekauft. Der 64-jährige Landwirt und seine Ehefrau haben den Hof im Juli verlassen und sind ins 1,5 km entfernte Neubaugebiet gezogen. Buttighoffer:
„Ich wollte den klaren Schnitt. Ich stehe den jungen Leuten weiter mit Rat und Tat zur Seite, will ihnen aber nicht ständig über die Schulter schauen und ungebetene Ratschläge erteilen.“
Außerfamiliäre Hofnachfolge: Netzwerk aus sieben Verbänden
Der Westfälische und der Rheinische Landwirtschaftsverband (WLV und RLV), Landjugend und Landfrauen hatten auf den Hof im Märkischen Kreis eingeladen, um ihre neue Initiative „Außerfamiliäre Hofnachfolge“ zu präsentieren. Ein Netzwerk aus sieben Verbänden will helfen, dass ältere Landwirte ohne Nachfolger jemanden finden, der ihren Hof und damit ihr Lebenswerk fortführt. WLV-Präsident Hubertus Beringmeier: „Flächen sind heute leicht zu verpachten. Doch unsere Dörfer bluten aus, wenn immer mehr Höfe aufgeben. Wir wollen möglichst viele bäuerliche Existenzen und damit den ländlichen Raum lebenswert erhalten.“
Den in Generationen aufgebauten Betrieb ganz in fremde Hände geben – das erfordert Mut und Vertrauen in den Nachfolger. Die Buttighoffers haben keine Kinder. Im Herbst 2016 hatte ein langjähriger Mitarbeiter gekündigt. Buttighoffer war über 60 Jahre und als Kreisverbandsvorsitzender viel ehrenamtlich auf Achse. Er suchte einen Nachfolger per Annonce im Wochenblatt. Doch alle Bewerber erschienen ihm ungeeignet.
"Das passt, ich verkaufe den Hof"
Die Lösung fand Rainer Hahn, Wirtschaftsberater der Landwirtschaftskammer. Er wusste, dass Dominick Hannuschke aus dem Nachbarkreis Olpe gerade einen Hof suchte. Hannuschke war damals als Zuchtberater tätig, hat ein Herz und Händchen für Kühe. Nach ersten Gesprächen stellte Buttighoffer den 23-jährigen, der nicht vom Hof kommt, als Mitarbeiter ein. Bereits sechs Monate später gründeten die Partner eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Und wiederum zweieinhalb Jahre später stellte Buttighoffer fest: „Das passt. Ich verkaufe den Hof an die jungen Leute.“
Doch bis dahin waren viele Hürden zu überwinden. Die Verträge mussten ausgearbeitet und komplizierte steuerliche Sachverhalte geklärt werden. Buttighoffer hatte zum Beispiel bei der Mehrwertsteuer optiert, die GbR war Pauschalierer. Buttighoffer erinnert sich scherzhaft: „Bei Aufstellung der Bilanzen kamen die BSB-Mitarbeiter richtig ins Schwitzen. Das Finanzamt bekommt doch Ohren wie Rhabarberblätter, wenn sie solche Vertragsgestaltungen auf den Tisch bekommen.“
Top-Betrieb auf 430 m
Der Hof liegt 430 m hoch am Rande des Sauerlandes. 1962 wurde Familie Buttighoffer mit fünf weiteren Höfen an den Ortsrand ausgesiedelt. Damals versprach die Bauernsiedlung blauäugig: „Der Hof mit 35 Kühen reicht für zwei bis drei Generationen...“
Die Realität sah anders aus. Schon nach wenigen Jahren musste die Familie aufstocken, damit das Einkommen reichte. Der WLV-Kreisvorsitzende hat seinen Betrieb immer mit Fremd-AK bewirtschaftet. Er hat seinem Nachfolger einen Top-Betrieb mit 200 Kühen und rund 100 ha Grünland übergeben. –
Ställe, Maschinen und Wohnhaus lassen erkennen: Die Eheleute haben klug gewirtschaftet. „Es besteht kein Investitionsstau, das war für den Nachfolger extrem wichtig“, stellte Kammerexperte Bernhard Gründken dem Hofabgeber ein 1a-Zeugnis aus.
Wie sind die Verträge gestaltet?
Der Hofabgeber und sein Nachfolger wollten verständlicherweise nicht verraten, wie die Verträge genau ausgestaltet sind und welche Belastung die jungen Leute tragen müssen. Warum hat der 64-Jährige seinen Hof nicht im Ganzen verpachtet oder an Fremde verkauft? Langfristig verpachten wollte Buttighoffer nicht. Er begründete das so:
„Ein Pächter denkt doch immer ans Vertragsende, er wirtschaftet anders als ein Eigentümer. Junge Leute müssen ihren Betrieb entwickeln können, sie müssen in Maschinen und Gebäude investieren. Ich sage immer: Leben und Leben lassen. Beide Seiten müssen unterm Strich zufrieden sein."
Diskret, seriös, anonym: So läuft die Vermittlung der Höfe
Wie die Vermittlung von Höfen in der Praxis laufen soll, skizzierte Kammerpräsident Karl Werring in Wiblingwerde:
1. Interessierte Landwirte ohne Hofnachfolger melden sich bei der Vertrauensstelle der Landwirtschaftskammer an. Tel.: 0251/2376-310. Oder per Mail: info@hofnachfolge-nrw.de.
2. Der Berater der Kammer führt ein vertrauliches Gespräch mit dem Landwirt. Es geht um seine Wünsche, Ziele und Erwartungen. Ein Hofprofil mit Betriebsdaten, Produktionsausrichtung und Vorstellungen zur Nachfolge (Mitarbeiter, Pacht, Hofübergabe) wird erstellt. Die Beratung ist kostenpflichtig.
3. Im dritten Schritt sucht der Berater nach Übereinstimmungen mit Hofbewerbern und entscheidet, ob und mit welchen Kandidaten er in Kontakt tritt. Was besprochen wird, bleibt für beide Seiten vertraulich, nichts dringt nach draußen.
Hofsucher sollten landwirtschaftlich ausgebildet sein. Sie können Mitglied im „Nachfolgeclub“ werden, den die Landjugend betreut. Ein- bis zwei Mal im Jahr können sie kostenfrei an Veranstaltungen zum Thema Unternehmensnachfolge teilnehmen. Gegen eine Schutzgebühr von 50 €/Jahr werden die Bewerber in eine Vermittlungsliste aufgenommen. Ein Mitarbeiter der Landjugend erstellt für den Hofsucher ein Profil mit seinen Wünschen, Zielen und Erwartungen.
Kammerpräsident Karl Werring stellt klar: „Unsere Vertrauensstelle ist keine Hofbörse. Wir wollen Abgeber und Bewerber gezielt vermitteln und dabei beide Seiten auch vor Enttäuschungen schützen.“