Heuser, MIV: „Wieder eine Superabgabe“
Der Milchindustrie-Verband ist kein Freund dieser Ideen. Sie stammen zum großen Teil aus den südeuropäischen Mitgliedstaaten und den Vorschlägen des European Milkboard (EMB). Wir starten aber jetzt erst die Beratungen zu den Trilogen und ich hoffe, dass Rat und Präsidentschaft hier noch nachbessern werden. Am Ende des Tages wird es wie immer einen Kompromiss geben, den wir zu akzeptieren hätten.
In der Marktwirtschaft entsteht der Preis eben nicht aus den Kostensätzen der Produktion, sondern richtet sich nach Angebot und Nachfrage. Diesen Pfad sollten wir aus gutem Grunde nicht verlassen. Auch das Bonus-Malus-System im „Krisenfall“ wird wenig funktionieren. Das Bonussystem hatten wir schon einmal. Das Thünen-Institut hat das wissenschaftlich untersucht und ein vernichtendes Urteil gefällt. Wenn dann die Krise größer wird – so der Vorschlag – soll ein Malussystem greifen. Milcherzeuger, die dann ihre Produktion ausweiten, müssten eine „Superabgabe“ bezahlen. Meine persönliche Meinung dazu: Dann hätten wir auch die alte Milchquote behalten können mit all den Sofamelkern.
Wer morgen eine Strafabgabe einführen will, muss auch eine gerichtsfeste Referenzmenge pro Betrieb festlegen. Und das macht nicht wie früher der Zoll, sondern das machen die Länderverwaltungen. Das kann nicht funktionieren und wird das Einkommen auf den Höfen nicht steigern!
Börger, DBV: „Strafzahlungen sind inakzeptabel“
Es wurden durch EU-Agrarministerrat und EU-Parlament einige Vorschläge in die Verhandlungen eingebracht, die einen Mehrwert für Milcherzeuger mit sich bringen können. Hierzu gehört die Anhebung der Größenbeschränkung für Erzeugergemeinschaften, die Ausweitung des Interventionszeitraums auf das gesamte Jahr sowie die Ausdehnung der Markttransparenz auch auf Verarbeitung und Handel. Fraglich ist, warum die bereits heute möglichen Zahlungen an Landwirte, die in Krisenzeiten ihre Produktion im Vergleich zum Vorjahr reduzieren, als vermeintlich neuer Vorschlag vom EU-Parlament präsentiert werden. Abgesehen davon, dass so ein Programm durch Mitnahmeeffekte höchst ineffizient ist, handelt es sich hierbei also um heiße Luft. Gänzlich abzulehnen ist die vom EU-Parlament vorgeschlagene Einführung von Strafzahlungen für diejenigen Landwirte, die in Zeiten niedriger Erzeugerpreise die Produktion im Vergleich zum Vorjahr erhöht haben. Das würde das betriebswirtschaftliche Risiko von landwirtschaftlichen Investitionen deutlich erhöhen – und einigen Landwirten zum ungünstigsten Zeitpunkt zusätzliche Kosten auferlegen.
Guhl, Freie Bauern: „Ausbeutung der Erzeuger bleibt“
Ich kann weder im Vorschlag der Kommission noch in dem des Parlamentes etwas substanziell Neues erkennen. In beiden Varianten bleibt es dabei, dass die Staaten erstens auf der Grundlage des Artikels 148 vorschreiben können, dass vor Lieferung ein Vertrag über eine bestimmte Menge abgeschlossen wird, und in beiden Varianten können in diesen Verträgen entweder ein fester Preis oder ein Berechnungsmodus zur Preisbildung vereinbart werden. Der Vorschlag des Parlamentes führt zu dem Berechnungsmodus noch etwas mehr aus, aber das ist unerheblich und bringt keine Rechtssicherheit. Auf diese Weise setzt sich die Ausbeutung der Milcherzeuger fort, die durchweg ihre Milch abliefern müssen, ohne zu wissen, was sie dafür bekommen. Das ist keine Marktwirtschaft, so entsteht nie ein Wettbewerb um den Rohstoff Milch, sondern wir stolpern von einer Krise in die nächste.
Positiv gesehen: Nach wie vor könnte Julia Klöckner morgen eine Verordnung erlassen, die Vorab-Verträge mit einem festen Preis vorschreibt. Das wird sie aber nicht tun, so lange Bauernverband, Genossenschaftsverband und Milchindustrieverband dagegen stehen, die mit der derzeitigen Regelung offenbar gut leben können.
Foldenauer, BDM: „Hin zu effektivem Krisenmanagement“
Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) sieht die im Reformvorschlag des EU-Parlaments zur Gemeinsamen Marktordnung vorgesehenen Maßnahmen als einen wichtigen Schritt hin zu einem effektiven Krisenmanagement. Das vom EU-Parlament vorgesehene Bonus-Malus-System ist Teil des vom BDM
vorgeschlagenen Milchmarkt-Kri-
senmanagement-Konzepts. Volkswirtschaftlich macht es keinen Sinn, Mengen zu erzeugen, für die keine Nachfrage besteht. Mit einem vorgeschalteten Frühwarnsystem kann schon frühzeitig auf Krisen reagiert und damit einer Zuspitzung hin zu schweren Marktkrisen entgegengewirkt werden. Der Vorschlag des BDM-Konzeptes, schweren Marktverwerfungen mit einer zeitlich befristeten, verbindlichen Eingrenzung der EU-Milchanlieferung zu begegnen, fand leider keine Mehrheit. Für die Mehrheitsbeschaffung für dieses Instrument werden wir weiter wirken. Ein Beschluss der deutschen Agrarministerkonferenz zur rechtlichen Prüfung einer obligatorischen und
entschädigungslosen Mengenkürzung bestärkt uns in unserem Vorgehen.
Positiv ist ebenfalls die Präzisierung des Artikels 148 GMO mit
der geplanten Vorgabe, bezüglich Preis und zu liefernder Milchmenge konkrete Vereinbarungen treffen zu müssen. Anzunehmen ist jedoch auch, dass in mit Milch gesättigten bis überschüssigen Marktphasen die Vertragsbedingungen weiterhin von den Molkereien „diktiert“ werden.
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