Interview

EU: Kommen Mindest­preise für Werbung?

Die EU-Kommission will Herstellern erlauben, Mindestpreise für die Bewerbung ihrer Produkte zu vereinbaren. Ob es zu einer durchgreifenden Veränderung kommt, bleibt abzuwarten.

Dieser Beitrag ist zuerst in der Lebensmittel Praxis erschienen.

Hersteller sollen Händlern künftig Mindestpreise für die Werbung vorgeben dürfen. Das geht aus dem Entwurf der „Vertikal-Leitlinien“ der EU-Kommission hervor. Können Sie das bitte erläutern?

Dr. Markus Schöner: Die Kommission schreibt in Randnummer 174 des Entwurfs der „Vertikal-Leitlinien“, dass „Mindestpreisrichtlinien, die es Einzelhändlern verbieten, Preise unterhalb eines bestimmten, vom Anbieter festgelegten Betrags zu bewerben, auf eine Preisbindung der zweiten Hand hinauslaufen“ können. Im Ansatz geht es also nicht um einen Freibrief der Kommission, sondern um eine Warnung, dass Mindestpreisrichtlinien zu einer verbotenen Preisbindung führen können.

Als Beispiele nennt die Kommission Fälle, „in denen der Anbieter Einzelhändler dafür bestraft, dass sie letztlich unter den jeweiligen Mindestpreisen verkaufen, ihnen vorschreibt, keine Nachlässe zu gewähren, oder sie daran hindert, mitzuteilen, dass der Endpreis von dem jeweiligen Mindestpreis abweichen könnte“. Es bleibt aber unklar, ob Mindestpreisrichtlinien für die Werbung, die ohne Zutun des Lieferanten zu einer Preisbindung bei den tatsächlichen Verkäufen führen, kartellrechtswidrig sind. Außerdem binden die „Vertikal-Leitlinien“ nur die Kommission und nicht das Bundeskartellamt.

Das Vorhaben könnte den Preiswettbewerb durchgreifend verändern …

Ob es zu einer durchgreifenden Veränderung kommt, bleibt abzuwarten. Ich vermute, dass man nach Warengattungen differenzieren muss. Je stärker der Preiswettbewerb beeinträchtigt wird, desto höher ist die Gefahr eines Kartellrechtsverstoßes. Je nach Lage des Falles kann ein Risiko verbleiben, dass sich Mindestpreisrichtlinien letztlich wie eine Preisbindung auswirken. Dabei ist auch...