WLV-Erntedank-Pressekonferenz in Lennestadt

Erntedank: Die Stimmung ist sehr gedämpft

Gute Qualitäten, aber doch unterdurchschnittliche Erträge und mäßige Preise lassen bei den Bauernfamilien keine große Freude aufkommen. Milch, Rind- und Schweinefleisch sind zu billig; Waldbauern plagt Existenzangst.

Michael Richard jammert nicht. Aber große Freude strahlt der 56-Jährige nicht aus, während er das Jahr 2020 Revue passieren lässt. Der erste und der zweite Schnitt vom Grünland waren zwar gut, der dritte aber mager und der vierte fällt wohl aus. Der Milchpreis dümpelt vor sich hin und sein Forst macht wegen des Borkenkäfers zurzeit nur Arbeit, ohne dass er Ertrag bringt. Wie gut, dass wenigstens die Ferienwohnungen auf dem Hof in Lennestadt (Kreis Olpe) gut belegt sind, nachdem der Corona-Lockdown im Frühjahr auch das dritte Standbein des Betriebes zeitweilig lahmgelegt hatte.

Windenergie statt Wald?

Richard bewirtschaftet gemeinsam mit seiner Frau Anne den Hof mit 55 ha Grünland und 50 Milchkühen plus Nachzucht sowie 50 ha Wald bzw. Weihnachtsbaumkulturen. Das Ehepaar hat vier erwachsene Kinder, die Altenteiler Anneliese und Hathumar Richard leben ebenfalls auf dem Hof. Den für die Region typischen Betrieb hatte sich der WLV für seine Erntedank-Pressekonferenz am Mittwoch ausgesucht. WLV-Präsident Hubertus Beringmeier nahm das zum Anlass, erneut einen „Masterplan Südwestfalen“ in die Diskussion zu bringen, damit die von den Waldschäden besonders betroffenen Betriebe in den Mittelgebirgslagen neue Perspektiven bekommen. Einzelheiten dazu will der Verband im kommenden Frühjahr vorstellen bzw. fordern. Es geht auch darum, möglichst viele Betriebe in der Landwirtschaft zu halten, die mit Milchvieh oder Mutterkühen nicht mehr gut über die Runden kommen.

Auf Nachfrage erklärte Beringmeier, auch der Bau von Windenergieanlagen könne für den einen oder anderen Waldbauern eine Alternative sein, nachdem das Käferholz praktisch ohne Wertschöpfung abgetrieben worden sei. Allerdings, schränkte er schnell ein, lasse sich das nur auf ganz bestimmten Flächen realisieren, keinesfalls dürfe die Landschaft unkontrolliert damit bebaut werden. Er sieht solche Anlagen vor allem als Gemeinschaftsprojekte jeweils mehrerer Landwirtsfamilien.

Regionale Unterschiede

Den durchschnittlichen Getreideertrag schätzt der WLV auf rund 73 dt/ha. Das ist etwas weniger als im vergangenen Jahr, und der Wert liegt auch unter dem Mittel von 2014 bis 2019. Regional gab es jedoch sehr große Unterschiede. Entscheidend ist wieder einmal gewesen, wo zum richtigen Zeitpunkt wie viel Niederschlag gefallen ist. Die Erzeugerpreise sind weder stark gestiegen noch gesunken, liegen im Mittel leicht über dem Niveau von 2019. Der Raps hat mit durchschnittlich 37 dt/ha einen durchschnittlichen Ertrag geschafft, der damit auch 6 % über dem des Vorjahres lag.

Die Stimmung in der Landwirtschaft ist insgesamt gedämpft, erklärte Hubertus Beringmeier. Die Folgen der Corona-Pandemie haben die Schweine- und Rindfleischpreise auf unbefriedigende Werte fallen lassen, in der Folge auch die Ferkel- und Kälbernotierungen. Außerdem sind auch die großen Fragen der Landwirtschaft weiter ungelöst: Wie geht es mit der Düngegesetzgebung (Stichwort: Rote Gebiete) und mit dem Umbau der Tierhaltung weiter? Wie wirken sich neue Auflagen in Sachen Natur- und Artenschutz aus? All das wird die weitere Entwicklung der Familienbetriebe maßgeblich beeinflussen.

Dass nun in Deutschland der erste Fall von Afrikanischer Schweinepest (ASP) bei einem Wildschwein bestätigt wurde, war zum Zeitpunkt der Pressekonferenz noch nicht bekannt.