Die Landwirtschaft, so scheint es, genießt einen guten Ruf. Neun von zehn Befragten in Deutschland stimmen der Behauptung zu, dass die hiesige Landwirtschaft die Bevölkerung auch in Krisenzeiten mit Nahrungsmitteln bzw. mit regionalen Produkten versorgt. Drei Viertel der Befragten halten die Landwirtschaft für „fortschrittlich“, und zwei Drittel stimmen der These zu, dass die Landwirte die Kulturlandschaften pflegen und erhalten.
Das sind nur drei Ergebnisse einer bundesweiten repräsentativen Umfrage, die das Emnid-Institut/Kantar im Auftrag des Vereins „information.medien.agrar“ (i.m.a.) durchgeführt hat. Dabei wurden 1011 Personen in der zweiten Jahreshälfte 2020 befragt. Die Ergebnisse sind also auch geprägt von den Erfahrungen der Corona-Pandemie.
„Auch in Krisenzeiten“
Das spiegelt sich zweifellos in der Antwort auf die Frage, welche Aufgaben die Landwirte in Zukunft für die Gesellschaft erfüllen. Die allermeisten Befragten (97 %) nannten an erster Stelle die Aufgabe, die Bevölkerung mit regionalen Produkten bzw. mit „Nahrungsmitteln auch in Krisenzeiten“ zu versorgen. Als weitere Aufgaben wurden die Pflege und der Erhalt von Kulturlandschaften, das Einhalten von Tierwohlstandards sowie Umwelt- und Klimaschutz genannt.
In diesen zuletzt genannten Aufgaben sehen die Befragten allerdings erheblichen Nachholbedarf. Das zeigen die Ergebnisse auf die Doppelfrage: Was erwarten die Befragten von der Landwirtschaft – und wie schätzen sie deren gegenwärtige Realität ein?
- 90 % der Bevölkerung erwarten, dass Landwirte die Umwelt schützen und den Klimaschutz verbessern. Dass Landwirte das tatsächlich tun, glauben aber nur 48 %.
- 86 % der Bevölkerung erwarten, dass Landwirte die Artenvielfalt fördern. Dass sie es tatsächlich tun, glauben hingegen nur 46 %.
- Die größte Erwartungslücke klafft bei der Frage zum Tierwohl: 91 % der Befragten erwarten, dass die Landwirte Tierwohlstandards einhalten. Dass sie es tatsächlich tun, glauben nur 39 %. „Am wenigsten davon überzeugt sind die 30- bis 39-jährigen Befragten, Schüler sowie Befragte, die in Berlin leben“, heißt es in der Zusammenfassung der Ergebnisse.
Mehr Geld für Fleisch?
Durchaus im Gegensatz zu den Erwartungen stehen die Antworten auf die Frage, für was die Befragten künftig mehr Geld ausgeben würden. Nicht etwa klimafreundliche Produkte, Lebensmittel aus der Region oder Fleisch aus artgerechter Tierhaltung standen vorne, sondern: „Sauberes Grundwasser“. Dafür würden 82 % der Befragten mehr Geld ausgeben, während 70 % hier eine artgerechte Tierhaltung nannten. 60 % würden für Lebensmittel aus der Region mehr Geld ausgeben, 59 % für den Erhalt der Artenvielfalt. 55 % der Befragten wäre die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln mehr Geld wert, 52 % die klimafreundliche Herstellung von Produkten.
Interessant sind auch die Antworten auf diese Frage des Emnid-Institutes: „Einmal angenommen, das Stück Fleisch aus dem Ausland kostet Sie 5 €. Wie teuer dürfte das Fleisch aus Deutschland dann sein, dass sie es gerade noch kaufen?“
Etwa ein Drittel der Befragten nannte einen Betrag von 5 bis 8 €. Ein weiteres Drittel gab sogar an, mehr als 9 € zahlen zu wollen. Im Durchschnitt würden sich die Verbraucher das Stück deutsches Fleisch 8,71 € kosten lassen.
Wichtig zu wissen: Das alles sind Antworten auf eine fiktive Situation, gegeben in einer Umfrage. Wie die tatsächliche Entscheidung an der Ladenkasse aussehen würde, ist damit noch keineswegs ausgemacht.
Was steckt hinter dem Kürzel i.m.a?
Der Verein „information.medien.agrar (i.m.a), 1960 gegründet, hat es sich laut Satzung zum Ziel gesetzt, „die Bevölkerung über die Bedeutung der Landwirtschaft für den Staat, die Wirtschaft und die Gesellschaft sowie über die Arbeits- und Lebensbedingungen der in der Landwirtschaft tätigen Menschen objektiv zu unterrichten“. Mitglieder sind
- der Deutsche Bauernverband,
- seine 17 Landesverbände,
- der Landfrauenverband,
- der Raiffeisenverband,
- die Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen sowie
- der Verband Deutscher Maschinen und Anlagenbau.
Die i.m.a stellt Material zur Öffentlichkeitsarbeit sowie für Kindergärten und Schulen zur Verfügung. Die rund 150 verschiedenen Medien befassen sich mit allen Aspekten der Landwirtschaft und Ernährung.
Jährlich werden rund 2 Mio. Exemplare dieser Medien versandt. Das Lehrermagazin „Lebens.Mittel.Punkt“ wird von 70 000 Lehrerinnen und Lehrern in Deutschland bezogen. Zur Tätigkeit der i.m.a gehört es auch, Schulbücher und Lehrpläne zu analysieren sowie auf Messen wie der Grünen Woche in Berlin oder der Bildungsmesse „didacta“, die 2021 in Stuttgart stattfindet, präsent zu sein. Außerdem führt die i.m.a Tagungen und Verbraucherumfragen durch.
Die Aktivitäten sind keineswegs unumstritten. So kritisiert der Verein „LobbyControl“, die i.m.a betreibe verdeckte Interessenpolitik und vermittele ein einseitiges Bild der Landwirtschaft. In ihren Schulmaterialien würden Debatten etwa über Massentierhaltung nicht erwähnt. Kritik an landwirtschaftlichen Produktionsverfahren werde so dargestellt, als beruhe sie „wesentlich auf Unwissenheit“.
Auf solche Vorwürfe erwidert i.m.a-Pressesprecher Bernd Schwintowski: „Wir wollen mit Sachinformationen zu einem seriösen gesellschaftlichen Dialog beitragen.“ Die i.m.a vertrete das gesamte Spektrum der Landwirtschaft und sage nicht, dass es intensive Tierhaltung nicht gebe. Vielmehr würden die unterschiedlichen Formen der Tierhaltung beschrieben, damit sich die Menschen eine eigene Meinung bilden können. „Wir sagen nicht, dass das eine ist richtig und das andere falsch ist. Wir beschreiben die Situation, wie sie ist.“
www.ima-agrar.de