Das Versuchsgut der Fachhochschule Südwestfalen

Am Versuchsgut Merklingsen können Studierende der Fachhochschule ­Südwestfalen die Theorie mit der Praxis verknüpfen.

Wie jedes andere Studium findet auch ein Agrarwirtschafts-Studium zu großen Teilen im Hörsaal statt. Dass es den Soestern aber besonders wichtig ist, Inhalte auch hautnah auf dem Acker zu vermitteln, bemerkt man spätestens am Hörsaal direkt auf dem Versuchsgut in Merkling­sen. Dies liegt rund 12 km vom Hochschulstandort Soest entfernt.

Vom Hörsaal in die Versuche

„In Soest schafft es kein Studierender der Agrarwirtschaft, sich um die Versuchsflächen in Merkling­sen zu drücken“, erklärt Prof. Dr. Tanja Schäfer mit einem Augenzwinkern. Sie ist seit 2020 Professorin für Pflanzenbau und nachhaltige Anbausysteme. Die wissenschaftliche Versuchsgutleitung hat Prof. Dr. Verena Haberlah-Korr ­inne. Technischer Leiter ist seit diesem Sommer Steffen Hünnies. Dass er, ebenso wie Projektmitarbeiter Philip Deblon, in Soest studiert hat und jetzt in Merklingsen arbeitet, zeigt die enge Verbindung vieler Studierender zwischen Theorie und Praxis.

Schon vor der Pandemie-Zeit haben sich Lehrende und Mitarbeitende bemüht, die Studierenden häufig in Versuchsparzellen zu führen. So sollten diese nicht nur von den Ergebnissen profitieren, sondern Auswirkungen verschiedener acker- und pflanzenbaulicher Maßnahmen auch mit dem eigenen Auge wahrnehmen können. Mit dem 2019 eröffneten Funk­tionsgebäude, in dem sich auch ein Hörsaal mit bis zu 120 Plätzen befindet, ist eine noch engere Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis möglich.

Drohnen spielen für Prof. Dr. Tanja Schäfer, Steffen Hünnies und Philip Deblon eine wichtige Rolle. (Bildquelle: Osthues)



Kleine und große Parzellen

Insgesamt bewirtschaftet das Team des Versuchsgutes kapp 100 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Um die Leistungsfähigkeit der ohnehin sehr guten Böden zu erhalten oder sogar zu steigern, werden die Flächen schon seit der Übernahme durch die Hochschule 1993 nicht mehr gepflügt.

Außerdem haben die Experten auf den hof­nahen Flächen eine achtgliedrige Fruchtfolge etabliert und werten deren Auswirkungen auf die Ökologie und Ökonomie des Betriebes aus. „Unsere Fruchtfolge richtet sich nicht nach dem maximalen Erfolg in jedem Jahr, sondern nach dem Erfolg der gesamten Fruchtfolge“, erklärt Deblon die Bedeutung guter Vorfruchtwirkungen.

Durch die große Ackerfläche, die das Versuchsgut bewirtschaftet, können dort nicht nur Versuche in bis zu 5000 Kleinparzellen durchgeführt werden. Der Platz reicht auch aus, um die Erfahrungen aus den Parzellen in die Praxis zu übertragen. Hiervon profitieren auch die Studierenden.

Auch größere Flächenversuche – wie der Vergleich praxisüblicher Boden­bearbeitungsgeräte – sind in Merklingsen möglich. So entstehen ­immer wieder Kooperationen mit Partnerunternehmen. Unter anderem im Rahmen dieser Projekte ­haben Studierende häufig die Möglichkeit, sich in die Versuche einzubringen und Projekt-, Bachelor- oder Masterarbeiten darüber zu schreiben. Zusätzlich entstehen dadurch oft gute Kontakte zwischen den Unternehmen und Studierenden, die nicht selten zu Arbeitsverträgen führen.

Studium in Soest
In Soest befindet sich einer der fünf Standorte der Hochschule Südwestfalen. Im Wintersemester 2020/21 waren hier gut 3500 Studierende in insgesamt 24 Bachelor- und Masterstudiengängen eingeschrieben – 616 davon im Bachelorstudiengang Agrarwirtschaft und 134 im Agrar-Master. Im vergangenen Herbst haben sich 140 junge Menschen für den Agrar-Bachelor in Soest eingeschrieben.

Auch außerhalb der Agrarwirtschaft ist der Standort Soest breit aufgestellt. Unter anderem die Bachelor-Studiengänge „Design- und Projektmanagement“, „Elektrotechnik“, „Frühpädagogik“ und „Maschinenbau“ werden hier angeboten.

Soester Pflanzenbauprofis

In Soest vermitteln nicht nur Professoren Inhalte, auch die wissenschaftlichen Mitarbeiter begleiten im Modul Bestandesansprache. Hier begutachten die Studierenden die Kulturen über die gesamte Wachstumsperiode.

Um das im Studium erlangte Wissen unter Beweis stellen zu können, dürfen die Soester Studierenden im fünften und sechsten Semester in Kleingruppen an einem Anbauwettbewerb teilnehmen. „Auf den Betrieben der Studierenden ist es meist so, dass der Vater oder die Mutter noch die Entscheidungen trifft“, erklärt Prof. Schäfer die Idee hinter dem Wettbewerb. „Der Anbauwettbewerb zwingt sie aber dazu, sich selbst mit der Sortenwahl, Beizen, sowie Pflanzenschutz- und Düngungsterminen auseinanderzusetzen und zeigt ­ihnen den Erfolg oder Misserfolg ihrer Entscheidungen.“

Damit Wissenschaftler, Unternehmen und Studierende ihre Versuche effizient auswerten können, steht Ihnen neben einem modernen Parzellen-Mähdrescher auch ein Labor zur Verfügung. Auch Drohnen mit Multispektralkameras helfen dabei, den Vegetationsverlauf der Kulturen exakt festzuhalten und die Wirksamkeit verschiedener Maßnahmen bonitieren zu können. Sogar das Auszählen von Pflanzen auf ganzen Ackerschlägen ist hiermit möglich.

„Die gute technische Ausstattung hilft nicht nur bei der Auswertung von Versuchen. Immer wieder haben die Studierenden auch die Möglichkeit, die Hilfsmittel selbst einzusetzen, denn viele werden auch nach ihrem Studium noch im Versuchswesen oder in der Pflanzenzucht arbeiten“, erklärt Hünnies. Für interessierte Gruppen ab zehn Personen ist es möglich, das Versuchsgut nach Absprache zu besichtigen.

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