Anfang vergangener Woche sah es noch so aus, als hätten die Blockaden der Landwirte gegen den Discounter Aldi die geplante Preissenkung für Butter verhindert. Dann die Enttäuschung: Der Handel – nicht nur Aldi, sondern der Schnitt aller Unternehmen – hat bei den Verhandlungen mit den Molkereien die Abgabepreise für Päckchenbutter um 56 Cent/kg „nach unten geprügelt“, berichtete der Verband der Milcherzeuger Bayern. Die Notierung der Süddeutschen Butter- und Käsebörse bestätigte das: Die Spanne für geformte Butter sank um 56 Cent auf 3,24 bis 3,34€/kg.
"Nicht marktkonform"
Der Butterkontrakt gilt bis Ende Februar. Nach Informationen von NDR 1 Niedersachsen haben sich zwei Großmolkereien aus Sachsen und Schleswig-Holstein auf die drastische Preissenkung eingelassen. Diese sei aufgrund der höheren Butternachfrage der Privathaushalte im Lockdown und der festen Preistendenz am Weltmarkt aber nicht marktkonform, monieren Branchenvertreter. Zudem verbessert der Handel seine Gewinnmarge. Bis vergangenen Samstag war bei keinem Händler ersichtlich, dass er die günstigeren Einkaufspreise an die Verbraucher weitergibt.
Allerdings ist das nur schwer zu erfassen, da einzelne Unternehmen an der reduzierten Mehrwertsteuer festhalten und dieses Wirrwarr den Preiskampf anheize, berichtet ein Insider.
Kritik von allen Seiten
Der Aufschrei in der Branche ist riesig. Politiker fast aller Parteien kritisieren die Preissenkung des Handels scharf. Der Milchpräsident des Deutschen Bauernverbandes, Karsten Schmal, wertet die Zusagen des Lebensmittelhandels rund um die Blockaden um die Weihnachtstage als Lippenbekenntnisse.
Schärfer formuliert es „Land schafft Verbindung – Deutschland“: In einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel, den Präsidenten des Milchindustrie-Verbandes Peter Stahl und den Präsidenten des Bundesverbandes des Deutschen Lebensmittelhandels Friedhelm Dornseifer schreiben sie, dass „wir uns angesichts dieser schädlichen Entwicklungen nicht nur friedlich an die Arbeitstische setzen können“ und dass sie nun eindringlichst darauf hinweisen müssen, „dass Sie sich nun persönlich für jede weitere Eskalation verantworten müssen.“
Aldi im Fokus
Besonders im Feuer steht Aldi. Das kann das Management des Discounters nicht verstehen. Ihre Preissenkung falle niedriger aus als 56 Cent/kg und sei jahreszeitlich üblich, beteuern die Geschäftsführer für Kommunikation von Aldi Nord und Aldi Süd im Interview mit dem Fachmagazin „top agrar“. Das Unternehmen sehe sich gerade als Blitzableiter. Die Blockaden der Landwirte erfüllen nach Auffassung von Florian Scholbeck sowie Peter Wübben den Tatbestand der Nötigung. Wirklich Marktmacht habe Aldi nicht. Das Grundproblem sei ein strukturelles. Es sei auch das Ergebnis von 20 Jahren Agrarpolitik.
Prompt reagierte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner darauf: „Die Geiz-ist-geil-Mentalität ist kein politisches Mantra, sondern eines des Handels. Wer Bauern für die eigene bessere Marge auspresst und bei Widerstand sofort auf ausländische Ersatzware zurückgreift, handelt als allerletztes im Sinne der Landwirte.“ Wer wegen eines Gesetzes gegen unfaire Handelspraktiken schon die Fassung verliert, so Klöckner, müsse stärker über seine eigene Preis- und Verhandlungspolitik nachdenken.
Mehr zum Thema: