Bundesweit größte LsV-Demo in Münster

Mit 1650 Schleppern, Dialoggesuchen und Rücktrittsforderungen haben die Landwirte ihren Unmut auf Münsters Straßen getragen. Auch nach der Demo geht der Protest weiter: mit einer Mahnwache vor der SPD-Geschäftsstelle.

Rund 1000 Trecker hatten die Organisatoren von „Land schafft Verbindung – Deutschland“ (LsV) in Münster erwartet - 1650 kamen. So viele, dass längst nicht alle auf dem zentralen Sammelplatz am Münsteraner Schloss Platz fanden. Etwa 900 Schlepper mussten auf angrenzende Straßen ausweichen und schlängelten sich kilometerweit durch die Stadt. Die Münsteraner Demo war damit laut Organisatoren die größte der bundesweiten Proteste, die von LsV kurzfristig anberaumt wurden. Weitere Demonstrationen fanden u.a. in Bonn und Berlin statt.

Einzeltäter Landwirtschaft?

„Wir mussten zeitnah reagieren, das konnten wir nicht auf uns sitzen lassen“, sagt Frank Kisfeld, einer der Sprecher und Organisatoren von LsV-NRW am Rande der Kundgebung. Mit „das“ meint Kisfeld die Informationspolitik von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Vergangenen Dienstag hatte Schulze den „Bericht zur Lage der Natur 2020“ vorgestellt und dabei, so der Vorwurf von LsV, Landwirtschaft und Landwirte als alleinige Verursacher des Artenrückganges ausgemacht. Andere Einflussfaktoren wie Flächenversiegelung, Lichtverschmutzung oder Straßenverkehr würden nicht berücksichtigt. Die Forderung von LsV daher: der Rücktritt von Svenja Schulze.

"Ideologiegetriebene Traumtänzer"

Deutlich harschere Worte fand Ansgar Tubes, ebenfalls Sprecher von LsV-NRW, in seiner Ansprache. „Wir wollen uns nicht weiter dem permanenten Bashing der ideologiegetriebenen Traumtänzer aussetzen“, wetterte Tubes in Richtung Ministerin Schulze und Umweltministerium. Weitere Gründe des Artensterbens würden „bewusst nicht einbezogen“, so sein Vorwurf. Flugreisen, Lichtverschmutzung, Flächenversiegelung - alles „scheiß egal“. „Die Landwirtschaft ist in den pseudowissenschaftlichen Erhebungen von Hobbynaturschützern der alleinige Sündenbock.“

Die Landwirtschaft ist in den pseudowissenschaftlichen Erhebungen von Hobbynaturschützern der alleinige Sündenbock.“ (Ansgar Tubes)

Ein Sitz im Bundesumweltministerium?

LsV-Sprecher Dirk Andresen, der via Video zugeschaltet wurde, bemängelte den fehlenden Einbezug der Landwirtschaft bei umweltpolitischen Entscheidungen; die Distanz zum Umweltministerium könne kaum größer sein. „Wir fordern wie der NABU einen Sitz im Bundesumweltministerium“, so Andresen mit Blick auf den ehemaligen NABU-Präsidenten und jetzigen Staatssekretär im Umweltministerium Jochen Flasbarth.

Landwirtschaft sei bereit, sich anzupassen. Umwelt- und Naturschutz gingen nur gemeinsam mit der Landwirtschaft, nicht ohne – da waren sich Andresen und Tubes einig. Wo Andresen Umweltministerin Schulze aber dazu aufforderte, ihr „Diktat zu beenden“ und in den Dialog zu treten, sieht Ansgar Tubes keine Basis für eine weitere Zusammenarbeit und fordert ihren Rücktritt.

Wie Ministerin Schulze auf die Vorwürfe reagiert, lesen Sie hier.

SPD unterbreitet Gesprächsangebot

Dialogbereitschaft zwischen SPD und LsV wurde bereits während der Kundgebung erprobt. Der digital zugeschaltete agrarpolitische Sprecher im NRW-Landtag André Stinka (SPD) forderte einen Gesellschaftsvertrag als Dialogbasis ein – ähnlich dem Vorgehen der Kohlekommission. „Wir müssen in den Dialog treten, wir müssen darüber reden, wie sie für ihre Leistungen entschädigt werden“, richtete Stinka das Wort in Richtung Landwirte. LsV gegenüber formulierte er ein konkretes, persönliches Gesprächsangebot, mahnte aber auch: „Ihre Fokussierung auf Svenja Schulze ist falsch.“ Viele aktuelle Probleme gründen laut Stinka im seit Jahren CDU geführten Agrarressort und in den Brüsseler Entscheidungen.

Mahnwache an SPD Geschäftsstelle

Um ihrer Forderung nach einem Dialog mit Ministerin Schulze Nachdruck zu verleihen, war auch nach Abschluss der etwa 3-stündigen Kundgebung nicht Schluss. Eine kleine Abordnung von 4 Schleppern richtete am späten Nachmittag eine Mahnwache vor der SPD-Geschäftsstelle in unmittelbarer Nähe zum Münsteraner Hauptbahnhof ein.

Wollen so lange bleiben, bis Svenja Schulze mit ihnen redet: Landwirte halten vor der SPD-Geschäftsstelle am Münsteraner Hauptbahnhof eine Mahnwache ab. (Bildquelle: Schröder)

Drei bis vier Ansprechpersonen und Schlepper sollen solange vor Ort sein, bis Svenja Schulze den Dialog sucht. Die Kundgebung ist vorerst bis Anfang Juni angemeldet; Isomatte und Schlafsäcke sind eingepackt.

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