Wird ein Arbeitnehmer krank, erhält er Lohnfortzahlung, um den Ausfall zu kompensieren. Fällt eine Bäuerin oder ein Landwirt aus, geht es in erster Linie darum, dass der Betrieb weiter bewirtschaftet wird, die Kühe gemolken, Schweine gefüttert und die Kinder versorgt werden. Genau hier setzt die Betriebs- und Haushaltshilfe an.
Verschiedene Kostenträger
Die Kosten der meisten Helfereinsätze – das sind deutschlandweit mehr als 40 000 Einsätze pro Jahr – übernimmt die Landwirtschaftliche Sozialversicherung (SVLFG). Je nach Versicherungsfall sind die Alterskasse, die Landwirtschaftliche Krankenkasse, die Berufsgenossenschaft oder die Pflegekasse zuständig.
Einsatzgründe sind Arbeitsunfähigkeit, Krankenhausbehandlung, ein drei- oder vierwöchiger Kuraufenthalt (Reha), Schwangerschaft, Mutterschaft oder auch der Tod etwa des versicherten Landwirtes.
Die Einsatzdauer der Helfer richtet sich nach dem Bedarf auf dem Betrieb und liegt regelmäßig bei vier bis fünf Wochen. Sie ist per Gesetz oder Satzung begrenzt (etwa vier Wochen bei Krankheit), kann aber bei besonderen Verhältnissen oder außergewöhnlichen Erschwernissen auf Antrag verlängert werden.
Nach einem Todesfall kann der überlebende Ehegatte bis zu einem Jahr Betriebshilfe beanspruchen, wenn er das Unternehmen als alterskassenpflichtiger Landwirt weiterführt. Dabei kann etwa die Witwe den zwölfmonatigen Helfereinsatz auf zwei Jahre verteilen.
Was viele nicht wissen: Wenn sich Betriebsleiter/-innen aufgrund einer kurzfristig aufgetretenen Pflegesituation um die Altenteiler oder ein behindertes Kind kümmern müssen, steht ihnen für zehn Tage Betriebshilfe zu. Während der Corona-Zeit ist dieser Anspruch auf 20 Tage ausgeweitet worden.
Einsatz nach Bedarf
Übernommen wird der erforderliche Einsatzumfang. Er hängt davon ab, wie viele Tiere und Fläche auf dem Betrieb vorhanden sind, ob es Mitarbeiter gibt, ob und wie viele Kinder im Haushalt zu versorgen sind usw.
So kann es sein, dass bei Betrieben mit Schwerpunkt Ackerbau in den Wintermonaten nur wenige Stunden Betriebshilfe bewilligt werden, im Frühjahr oder Herbst zu Bestellzeiten oder zur Ernte aber ein vollschichtiger Einsatz gefahren wird.
Sind mehrere Betriebszweige vorhanden, gilt Folgendes: Für den Betriebshilfeanspruch ist grundsätzlich nur die Bodenbewirtschaftung und die darauf beruhende Tierhaltung (Urproduktion) ausschlaggebend.
Daher bleiben Nebenbetriebe wie die Direktvermarktung oder eine Biogasanlage, aber auch flächenlose Betriebsteile (etwa eine gewerbliche GbR oder eine § 51a-Gesellschaft ohne Flächen) außen vor, für diese Betriebsteile besteht kein Anspruch auf Betriebshilfe. Eine böse Falle, an der so manche Betriebsteilung krankt.
Aber auch landwirtschaftliche Betriebe fallen manchmal durchs Rost. So haben Nebenerwerbslandwirte, die gesetzlich krankenversichert sind und sich von der Alterskassenpflicht haben befreien lassen, nur noch nach einem Arbeitsunfall in der Landwirtschaft Anspruch auf Betriebshilfe.
Größere Betriebe, die Mitarbeiter beschäftigen, erhalten oft keine Betriebshilfe, weil bei ihnen der Arbeitsausfall betriebsintern aufgefangen werden kann.
Selbsthilfeorganisationen
Kann die SVLFG die Kosten nicht übernehmen, spielen die Betriebshilfsdienste ihre eigentliche Stärke aus: Als Selbsthilfeorganisationen bieten sie ausschließlich ihren Mitgliedsbetrieben in besonderen Situationen Hilfe und Unterstützung an.
Und zwar zu Konditionen, die es ihnen möglich machen, Arbeitsspitzen oder einen Familienurlaub zu überbrücken oder einen Notfalleinsatz abzudecken, dessen Kosten die Sozialversicherung nicht übernehmen kann.
Über 14 000 Mitgliedsbetriebe zählen die 18 als eingetragene Vereine organisierten Betriebshilfsdienste und Maschinenringe in Westfalen-Lippe. Der Jahresbeitrag liegt in aller Regel unter 80 €.
Oft halten Landwirte, die ihre Flächen und Ställe verpachtet haben oder aus anderen Gründen keinen Betriebshilfeanspruch mehr haben, ihrem BHD und Maschinenring die Treue. Sie profitieren weiter von den Dienstleistungen, die das Netzwerk anbietet.
So sind viele BHD im Bereich der Altenpflege aktiv, sie bieten Dienstleistungen rund um den Bereich der erneuerbaren Energien an, beraten und unterstützen beim Nährstoffmanagement oder stellen die auch auf landwirtschaftliche Betriebe erforderliche Fachkraft für Arbeitssicherheit. Über die MR-Netzwerke beziehen sie kostengünstigen Strom und Betriebsmittel wie Schmierstoffe oder Tankanlagen.
Kernkompetenz bleibt jedoch die Betriebs- und Haushaltshilfe. Allein in Westfalen-Lippe sind über 480 Helfer/-innen jeden Tag auf den Höfen und in den Haushalten im Einsatz. Sie alle sind solide ausgebildet als Landwirt/-in oder in der Hauswirtschaft und qualifizieren sich durch Spezialisierung und Fortbildung ständig weiter.
Damit sind sie viel mehr, als die Bezeichnung „Betriebs- oder Haushaltshilfe“ vermuten lässt: Sie sind Betriebsleiter oder Haushaltsvorstand auf Zeit und übernehmen damit einen anstrengenden, aber sehr verantwortungsvollen Job.
Längst sind die Fachkräfte der BHDs auch in Haushalten außerhalb der Landwirtschaft gefragt. Dann übernehmen andere Krankenkassen, etwa AOK, Barmer oder Techniker, die Kosten.
Die Geschäftsstellen der BHD/MR versuchen, die Helfer/-innen passgenau auf die jeweiligen Betriebe zu vermitteln. Sie helfen ihren Mitgliedern, die erforderlichen Anträge etwa bei der LKK oder Berufsgenossenschaft zu stellen. Den Einsatz bewilligen und den Stundenumfang festlegen kann aber nur der jeweilige Kostenträger.
Vorteile für beide Seiten
Was kann man als Fazit festhalten? Betriebshelfer/-in zu sein ist mehr als das Erledigen von Arbeit auf dem Hof und im Haushalt. Die Kräfte helfen bäuerlichen Familien, die von Krankheit, Unfall oder gar einem Todesfall oft hart getroffen sind.
Ihre Arbeit ist anstrengend, hat aber einen tieferen Sinn. Durch die Übernahme von Verantwortung auf den Höfen und auch durch den einen oder anderen Sprung ins kalte Wasser sammeln sie viele Erfahrungen.
Nicht wenige Betriebs- und Haushaltshilfen haben, so unsere Erfahrung, ihren Traumjob gefunden. Der Blick über den eigenen Tellerrand hilft ihnen auch, auf den elterlichen Hof mit einzusteigen oder eine berufliche Karriere im vor- und nachgelagerten Dienstleistungsbereichen einzuschlagen.
Hier finden Sie die Übersicht der Betriebshilfsdienste in Westfalen