Es klingt wie ein Ritterschlag: „Manche Betriebe wollen nicht einen Betriebshelfer, sondern sie fragen direkt nach Manfred Hörstmann.“ Das sagt Georg Hülsmann, Geschäftsführer des Betriebshilfsdienstes und Maschinenringes Warendorf-Münster (BHD).
Manfred Hörstmann hat sich in den vergangenen Jahren einen Namen auf den Höfen der Region gemacht und blickt auf fast fünf Jahrzehnte als Betriebshelfer zurück. Geschätzt ist der 64-Jährige mehr als 450 Einsätze gefahren. Parallel bewirtschaftet er einen Hof in der Sassenberger Bauerschaft Gröblingen mit 68 ha und 100 Sauen plus Mast.
Allrounder im Einsatz
Beim Betriebshilfsdienst beschränkt sich der Landwirtschaftsmeister nicht auf das Borstenvieh. Er versorgt Puten und Hähnchen, füttert Kälber und melkt Kühe. Denn die Versorgung des Viehs hat Vorrang.
Im Einsatz ist seine Arbeitszeit auf eine bestimmte Stundenzahl begrenzt. Er kann nicht 60 Stunden die Woche arbeiten wie mancher Betriebsleiter. „Dann muss der Ackerbau mal warten oder ein Lohnunternehmer ihn übernehmen“, sagt der Allrounder.
Er vertritt die Betriebsleiter, wenn sie sich in der Reha erholen oder eine wichtige Operation ansteht. Solche Einsätze sind meist planbar. Im Vorfeld stimmt Manfred Hörstmann sich mit dem Landwirt ab. Nach vier bis fünf Wochen endet der Einsatz. Mit seiner freundlichen und gelassenen Art baut er schnell einen Draht zur Familie auf, sagt sein Einsatzleiter Christian Northoff.
In jungen Jahren sah manche Bäurin in ihm sogar den zukünftigen Schwiegersohn und platzierte die unverheiratete Tochter mit ans saubere Tischtuch. „Wenn ich sagte, dass ich schon vergeben sei, verschwanden das saubere Tischtuch und die Tochter bei der nächsten Mahlzeit“, lacht Manfred Hörstmann.
Nichtsdestotrotz hat er seine Frau, mit der er vier Kinder hat, über den Betriebshilfsdienst kennengelernt. Sie arbeitete bis zum ersten Kind beim BHD Steinfurt.
Krankheit, Unfall, Tod
Abseits der Landwirtschaft ist seine Leidenschaft das Skifahren. „Dabei kann ich abschalten“, sagt er. Denn Manfred Hörstmann hat auch durchaus belastende Einsätze. Sie sind seltener. Unfall, eine Krankheit oder der plötzliche Tod eines Betriebsleiters rufen ihn auf den Plan. Dann teilt sein Leiter ihn von heute auf morgen ein. Bis zu einem Jahr arbeitet der Betriebshelfer dann auf dem Hof.
Besonders an die Nieren geht es ihm, wenn eine Krebsdiagnose die Ursache ist. Im Laufe der Monate bekommt er das Hoffen und Bangen der Familie mit – an deren Ende Heilung oder Tod stehen können. Dabei gilt es immer mit Respekt an den Auftrag zu gehen. „Nicht zu forsch, aber auch nicht zu schüchtern“, sagt er.
Freundlichkeit, ein offenes Ohr und ein Blick für die Arbeit zeichnen ihn aus. Denn gerade nach Schicksalsschlägen braucht die Familie jemanden, der geräuschlos den Betrieb am Laufen hält.
Erster Ratgeber
Als regelrechter Teil der Familie ist er dann oft der erste Ansprechpartner für Frau und Kinder, wenn es um die Zukunft des Betriebes geht. „Natürlich kann ich weder Kammer noch Verband ersetzen, doch meist wollen sie meinen Rat hören“, sagt Manfred Hörstmann.
Zwar hat er keinen Einblick in die Geschäftszahlen, doch er erkennt schnell, wie es um den Hof steht. Sauberkeit und Ordnung fallen meist als erstes ins Auge. Aber auch ob und wie in den vergangenen Jahren investiert wurde, verrät viel.
Dabei merkt Manfred Hörstmann, dass der Druck von außen auf die Betriebsleiter in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Die Frage der betrieblichen Zukunft steht öfters im Raum. „Das geht an vielen nicht spurlos vorbei“, sagt er. Psychische Leiden wie Burn-Out oder Depressionen stehen immer öfter hinter seinen Einsätzen.
Den richtigen Ton zu treffen, kann zum Balanceakt werden. Sein Optimismus und seine Erfahrung machen ihn für Geschäftsführer Georg Hülsmann aber genau zum richtigen Mann. Leid und Frust versucht er nicht mit nach Hause zu nehmen. „Manchmal liege ich aber trotzdem wach“, gesteht der Betriebshelfer.
Suche zu Beginn
Die Arbeit selbst bereitet dem Landwirtschaftsprofi selten Probleme. „Ich brauche einen Tag, um in einen neuen Betrieb gedanklich reinzukommen“, schätzt er. Zu Beginn heißt es suchen – selbst den Lichtschalter im Schweinestall.
Er sichtet Betriebspläne und Unterlagen und macht sich mit der Fütterung und Lüftung vertraut. „Bei Störungen schalten sich die Firmen mittlerweile zu“, sagt er. Passen muss er, wenn der Betrieb einen Melkroboter hat. Darauf achtet sein Einsatzleiter schon bei der Einteilung.
Der Landwirt spricht mit Mitarbeitern, Auszubildenden und Familienmitglieder. Kleine Versehen eingeschlossen. So hatte ein Altenteiler ihn schon mal auf den falschen Acker gelotst. „Nach ein paar Bahnen mit dem Düngerstreuer kam der Senior angeradelt und schickte mich auf die richtige Fläche“, erzählt er die Anekdote.
Statt zehn fast 50 Jahre
Dass Manfred Hörstmann so lange als Betriebshelfer arbeitet, war nicht geplant. Nach der Lehre warf der Hof zu Hause nicht genug für ihn und seinen Vater ab. Im zweiten Lehrjahr erlebte er, wie ein Betriebshelfer seinen erkrankten Lehrherrn vertrat und fand Gefallen an dieser Aufgabe.
Er heuerte nach der Lehre beim Betriebshilfsdienst an. „Ich dachte, ich mache das zehn Jahre und führe dann unseren Betrieb weiter“, erinnert er sich. Aus zehn Jahren sind mittlerweile 47 geworden – davon mehr als 20 Jahre in Vollzeit. Zunächst kümmerte sich sein Vater mit um das Vieh. Er war bis ins hohe Alter rüstig und verstarb im vergangenen Jahr mit 98 Jahren.
Den Ackerbau verschob Manfred Hörstmann meist aufs Wochenende. „Wenn Arbeitsspitzen auf dem Hof anstanden, konnte ich zu Hause bleiben. Da ist der BHD ein flexibler Arbeitgeber“, sagt er. Die letzten Jahre hat er aber auf 20 Stunden pro Woche reduziert.
Manfred Hörstmann wird es vermissen, wenn er nicht mehr morgens zu einem anderen Hof aufbricht. Denn es ist spannend, auf verschiedenen Höfen zu arbeiten, deren Wirtschaften kennenzulernen und sich Tricks abzuschauen. Allein deswegen kann er nur jeder jungen Landwirtin oder jedem jungen Landwirt eine Zeit beim BHD empfehlen.
Auch im Ruhestand wird er nicht arbeitslos sein: Sein jüngster Sohn übernimmt den Betrieb und modernisiert den Stall. Dabei will Manfred Hörstmann nur eins – helfen.
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