Annika Ahlers eilt, dicht gefolgt von ihrer Hündin Ella, durch das Hochregallager der Firma Isfort in Münster-Roxel, einem Großhandel für Bürobedarf. An einen Hofladen erinnert zwischen den Paletten mit Druckerpatronen, Kugelschreibern und Schulranzen wenig. Inmitten von Büromaterialien befüllen Angestellte an einer modernen Packstation jedoch die „Münsterländer Bauernbox“. Ein Mitarbeiter packt in Windeseile unter anderem Sellerie, Frischkäse und Eingewecktes in grüne Transportkisten. Ahlers unterstützt ihn beim Heraussuchen der vielen verschiedenen Produkte, wenn nicht gerade ihr Telefon klingelt. Das passiert bei ihr häufig: Die 26-jährige Jungunternehmerin ist gefragt.
Möglichst unkompliziert
Die „Münsterländer Bauernbox“ ist eine Genossenschaft zur landwirtschaftlichen Direktvermarktung. Gemeinsam mit der Unternehmerin Daniela Isfort und 27 Landwirten betreibt Ahlers den Online-Hofladen, der in und um Münster landwirtschaftliche Produkte aus der Region vertreibt.
Das Konzept ist simpel: Landwirte, die Genossen der „Münsterländer Bauernbox“ sind, bieten in einem Online-Shop ihre Produkte an. So kommen fast 1000 verschiedene Artikel zusammen. Diese werden in einem zentralen Lager gesammelt und versendet. Ahlers hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Landwirtschaft in die Mitte der Gesellschaft zu bringen. „Am besten geht das, indem man regionale Produkte auf den Tisch der Verbraucher bringt. Und das möglichst unkompliziert“, ist sich die Gründerin sicher. So hatte die ausgebildete Landwirtin schnell die Idee, in einem Online-Hofladen die Produkte mehrerer Landwirte anzubieten. Ahlers wurde mit „Anni’s Bauernbox“ zur Start-up-Gründerin. In der heimischen Scheune packte sie ab März 2019 Versandboxen mit den Produkten von neun Landwirten aus dem Münsterland. Die Auslieferungen erledigte sie per Lastenrad selbst.
Herausfordernde Technik
Mit steigendem Bestellaufkommen geriet Ahlers an technische Kapazitätsgrenzen und suchte effizientere Lösungen für Lagerung und Logistik. In einem Netzwerk für Unternehmerinnen lernte sie Daniela Isfort kennen. Ahlers konnte die Geschäftsführerin des gleichnamigen Handelsunternehmens für Bürobedarf von ihrer Idee begeistern. Isfort stellt nun die bestehende Logistikinfrastruktur ihres Unternehmens zur Verfügung, die „Anni’s Bauernbox“ zum nächsten Entwicklungsschritt fehlte. Aus der „One-Woman-Show“ wurde die Genossenschaft „Münsterländer Bauernbox“. Geschäftsführerin Ahlers ist erfinderisch: Als Corona ihr einen Strich durch die Pläne zu einem Weihnachtsmarktstand machte, eröffnete sie gemeinsam mit Genossin Isfort den Bauernbox Pop-up-Store. Weihnachtliches aus der Region ist dort ein Verkaufsschlager.
Keine Siegelschlacht
Kerngeschäft bleibt der Online-Handel mit regionalen Lebensmitteln, so Ahlers. „Die Corona-Pandemie hat Regionales stärker in den Fokus gerückt. Die Verbraucher haben ihren Blick verstärkt auf regionale und nachhaltige Wertschöpfungsketten gerichtet,“ ist sie überzeugt. Das zeigen auch die Zahlen: Verglichen mit der Zeit vor der Pandemie stiegen Ahlers Bestellungen im April um 120 % an. Den Trend zur Regionalität möchte sie nutzen. „Alle Genossen bekennen sich zur nachhaltigen Landwirtschaft. Jeder Betrieb wird von uns begutachtet“, betont sie. Die Lieferanten der Bauernbox verpflichten sich zur Transparenz. Was Ahlers jedoch vermeiden wolle, sei eine Siegelschlacht, wie Verbraucher sie aus dem Supermarkt kennen würden. „Da blickt keiner durch“, findet sie. Bei der Münsterländer Bauernbox bieten sowohl Bio- als auch konventionell wirtschaftende Landwirte ihre Erzeugnisse an. Ahlers betont: „Unsere Kunden lieben die regionale Vielfalt.“ Jeder landwirtschaftliche Betrieb könne durch seine individuelle Geschichte zur Marke werden. Die „Münsterländer Bauernbox“ möchte den Marktplatz dafür bieten.
Genossen gesucht
Für die Bauernbox sucht Ahlers weiterhin Mitstreiter: „Wir suchen weiterhin Landwirte, die Genossen werden und ihre Produkte in der Bauernbox anbieten wollen.“ Die Bauernbox biete Landwirten einen fertigen Online-Marktplatz für ihre regionalen Produkte und einen fairen Preis, so Ahlers. Bis zu 80 % des Verkaufspreises gehe zurück an die Landwirte. 20 % gehen an die Genossenschaft für Vermarktung und Lagerung. Um Genosse und damit Lieferant zu werden, zahlt jeder Landwirt 800 € in die Genossenschaft ein.
Auch Kunden können Genossen bei der „Münsterländer Bauernbox“ werden, müssen aber nicht zwingend einsteigen. „Bei uns sind alle herzlich willkommen, die an regionalen Produkten von höchster Qualität interessiert sind“, sagt Unternehmerin Ahlers entschlossen.
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