Europäische Union

Agrarrat unterstützt Green Deal

EU-Kommissar warnt vor Schwächung des neuen Umsetzungsmodells. Gesundheitskommissarin kündigt Folgenabschätzung zur Farm-to-Fork-Strategie an und Italien will Risikoversicherungen aus Direktzahlungen finanzieren.

Wojciechowski warnt vor Schwächung des neuen Umsetzungsmodells. Die Kommission will bei Strategieplänen auf Dialog setzen, Gesundheitskommissarin Kyriakides kündigt Folgenabschätzungen zur Farm-to-Fork-Strategie an und Italien will Risikoversicherungen aus Direktzahlungen finanzieren.

Austausch statt Druck

Der Green Deal der Europäischen Kommission wird von den Regierungen der EU-Staaten weitgehend mitgetragen. Das wurde Montag dieser Woche (20.7.) beim jüngsten Agrarrat deutlich, bei dem sich die Ressortchefs erstmals unter dem Vorsitz von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner in Brüssel trafen. Es habe sich gezeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Mitgliedstaaten die Ziele des Green Deal unterstütze, so das Fazit der CDU-Politikerin. Auch Agrarkommissar Janusz Wojciechowski betonte, dass die EU-Länder den Green Deal als gemeinsame Marschrichtung akzeptiert hätten. Eine grünere Ausrichtung werde auch der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) mehr Akzeptanz verschaffen. Auf den Rückgang der Artenvielfalt müsse in diesem Zusammenhang effizient reagiert werden.

Ökoziele erreichbar?

Der Agrarkommissar warnte davor, das neue Umsetzungsmodell zu schwächen. Das sei „riskant“. Geklärt werden müsse nun, wie die Ökoziele erreicht werden sollten. Ein Instrument dafür stellten die nationalen Strategiepläne der GAP dar. Der Pole versicherte, die Kommission werde bei der Bewertung der Pläne die europäische Gesetzgebung respektieren. Die diesbezüglichen Empfehlungen würden nicht rechtlich bindend sein, aber zur Bewertung herangezogen. Laut Wojciechowski sind die Empfehlungen ein Instrument, um den Dialog zwischen Kommission und Mitgliedstaaten zu vertiefen. Die Brüsseler Behörde werde auf Austausch und nicht auf Druck setzen. Ähnlich äußerte sich EU-Gesundheitskommissarin Dr. Stella Kyriakides. Die Kommission werde berücksichtigen, wie ihre Empfehlungen ungesetzt würden, so die Zypriotin. Nationalen Besonderheiten werde ebenfalls Rechnung getragen; die Kommission werde eng mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten.

„Niemanden zurücklassen“

Mit Blick auf die Umsetzung der Kommissionsstrategien kündigte die Gesundheitskommissarin Folgeabschätzungen an. Sie stellte klar, dass sich die Kommission bewusst sei, dass die angestrebten Veränderungen mit Kosten verbunden seien. „Wir werden niemanden zurücklassen“, so Kyriakides. Brüssel werde den Übergang mit finanziellen und regulatorischen Instrumenten begleiten. Agrar- und Fischereipolitik seien die zentralen Werkzeuge, um die Kosten für den Wandel zu nachhaltigeren Produktionsmodellen zu kompensieren. Zuvor hatten mehrere Mitgliedstaaten, darunter Belgien, Rumänien, Griechenland, Irland und Lettland, besonders im Hinblick auf die Ziele der Farm-to-Fork-Strategie Folgenabschätzungen gefordert. Spaniens Landwirtschaftsminister Luis Planas Puchades betonte, es müsse sichergestellt werden, dass die Landwirte den Wandel als Chance verstünden. Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit müssten in Einklang gebracht werden; dazu gehöre auch, Standards bei Importen sicherzustellen. Mit Blick auf die Strategiepläne unterstrich der Spanier, dass die Mitgliedstaaten zur Umsetzung eine gewisse Flexibilität brauchten. Deutlichere Worte fand seine italienische Amtskollegin Teresa Bellanova. Flexibilität und Subsidiarität dürften nicht eingeschränkt werden, erklärte die Ressortchefin. Sie forderte zudem, den Landwirten bessere Instrumente zur Risikobewältigung zur Verfügung zu stellen. Dafür sollte nach ihrer Ansicht ein Anteil der Direktzahlungen aufgewendet werden; Bellanova will dafür noch in diesem Jahr einen entsprechenden Vorschlag vorlegen.

GAP-Reform nicht verzögern

Polens Landwirtschaftsminister Jan Krzysztof Ardanowski erklärte, die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe dürfe nicht unter den Tisch fallen. Er mahnte alle Beteiligten zudem, zügig zu arbeiten. Der nächste Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) trete bereits im Januar in Kraft. Der neue französische Ressortchef Julien Denormandie erinnerte derweil daran, dass die GAP zwar die Farm-to-Fork-Strategie begleiten könne, aber nicht das einzige Instrument zur Umsetzung sein dürfe. Auch die Handelspolitik der EU müsse mit den Zielen in Einklang gebracht werden. Denormandie forderte die Kommission zudem auf, ihre Empfehlungen für die Strategiepläne zügig vorzulegen. In dieselbe Kerbe schlug die österreichische Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger. Die Empfehlungen dürften die Reform der GAP nicht verzögern. Auch Köstinger forderte umfassende Folgenabschätzungen für die Ziele der Kommissionsstrategien; ansonsten seien die Auswirkungen nicht absehbar. Dabei müssten bereits erbrachte Vorleistungen berücksichtigt werden. Darauf pochte auch die niederländische Landwirtschaftsministerin Carola Schouten. Der Weg zu den Zielen müsse von den Mitgliedstaaten festgelegt werden.

Kappung ins Ermessen der Mitgliedstaaten

Auch die Angleichung der Direktzahlungen wurde thematisiert. Gemeinsam mit Bulgarien und Rumänien forderten die Viségrad-Staaten Polen, Tschechien, Ungarn und Slowakei in einer Erklärung zur Reform der GAP, die Unterschiede innerhalb der kommenden Förderperiode vollständig abzuschaffen. Ebenfalls betont wurde die Notwendigkeit eines den Herausforderungen angemessenen GAP-Budgets. Schlüssel zum Erfolg der Reform sind nach Ansicht der sechs Staaten „realistische und vereinfachte“ Regelungen, die einfach umzusetzen und leicht zu verstehen sein sollten. Neue Verwaltungsvorgaben, wie etwa die Kappung der Direktzahlungen, sollten in das Ermessen der Mitgliedstaaten gestellt werden. Bedenken hat die Gruppe um die Viségrad-Staaten bezüglich des neuen Umsetzungsmodells. Sie befürchten einen erhöhten Verwaltungsaufwand für Landwirte und Behörden und warnen zudem vor Unsicherheiten und potentiellen finanziellen Risiken, ohne dies allerdings näher auszuführen.

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