Das Verbändebündnis, das seit Anfang 2021 unter dem Namen „Agrardialog“ viele Gespräche und Verhandlungen mit dem Lebensmitteleinzelhandel geführt hat, zerbricht. Grund ist die Frage der Zusammenarbeit mit der Koordinationszentrale Handel-Landwirtschaft (ZKHL), die der Bauern-, Raiffeisen- und Handelsverband ins Leben gerufen hatten.
Vergangene Woche teilten die Freien Bauern, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter, das European Milk Board und die MEG Milch Board mit, dass sie den Weg in die ZKHL nicht mitgehen werden. In den Gesprächen mit der ZKHL haben sich nach ihrer Darstellung nicht solche Anpassungen an der ZKHL-Satzung ergeben, die ein Mitwirken der Verbändegemeinschaft auf Augenhöhe ermöglicht hätten. Die fünf Organisationen bewerten die ZKHL als „parallele Gesprächsebene, die vor allem der Schwächung des Agrardialogs diente“.
Neuer Dachverband
Ein zweiter Teil der ursprünglichen Agrardialog-Verbände hingegen hat vergangene Woche einen Dachverband gegründet, der es ermöglichen soll, mit der ZKHL zusammenzuarbeiten. Dafür tun sich unter dem Namen „Netzwerk Agrar“ die acht Organisationen Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch, Netzwerk Sauenhaltung Schleswig-Holstein, VzF GmbH, VzF e. V., Bauernverband Nordostniedersachsen, Landwirtschaft verbindet Deutschland, Kreislandvolkverband Friesland und Land schafft Verbindung zusammen. Unter dem gemeinsamen Dach wollen sie „die sachorientierte, verbandsübergreifende Zusammenarbeit zu aktuellen Fragestellungen der landwirtschaftlichen Produktion und zur Zukunftsausrichtung der Landwirtschaft fortführen“. Als eingetragener Verein will sich das Netzwerk gegenüber Institutionen, Verbänden, Vereinen und Wirtschaft positionieren. Dabei gibt es sich betont offen.
Das Netzwerk Agrar will sich um die wirtschaftlichen Zusammenhänge in der Wertschöpfungskette kümmern und Lösungen erarbeiten für eine wirtschaftlich verbesserte und in die Zukunft gerichtete deutsche Landwirtschaft. Die Verbände wollen aber auch im politischen und gesellschaftlichen Bereich als Ansprechpartner wahrgenommen werden.
Handel legt sich fest
Seit Monaten ringen die Verbände des Agrardialogs und die ZKHL um ihre gegenseitige Anerkennung und Zusammenarbeit. Die Gespräche des Agrardialogs waren aus den Protesten vor den Zentrallagern im Winter 2020/21 hervorgegangen. Sie hatten sich vor allem mit dem Handelsverband Lebensmittel und einzelnen Handelshäusern in den Arbeitsgruppen Milch, Schwein und Herkunftskennzeichnung ausgetauscht. Im März 2021 beschlossen DBV, DRV und HDE eine gemeinsame Koordinationszentrale Handel-Landwirtschaft zu schaffen, deren Gründung als Verein im September 2021 erfolgte. Daraufhin entschieden die am Agrardialog beteiligten Händler, in die ZHKL als alleinige Gesprächsplattform zwischen Handel und Landwirtschaft zu wechseln. Von den Landwirtschaftsverbänden aus dem Agrardialog tut dies nun nur ein Teil.
Die ZKHL will nach eigenem Bekunden ihre Gespräche vor allem auf die Herkunftskennzeichnung fokussieren, die auch von der neuen Regierung im Koalitionsvertrag angeführt wird. Sie arbeitet dafür an einem Wirtschaftsvorschlag unter dem Slogan „Frische Lebensmittel aus Deutschland“. Die Herkunftskennzeichnung hatte auch in den Gesprächen des Agrardialogs einen großen Stellenwert. Die Verbände beanspruchen für sich, die Diskussion um 5 x D in vielen Sitzungen angestoßen und vorangebracht zu haben.
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