Die Waldecker Bauern sind sauer und enttäuscht. Obwohl die Nitratbelastung in der Region überwiegend unkritisch ist, drohen vom 1. Januar 2021 an großflächig Bewirtschaftungsbeschränkungen und zusätzliche Auflagen. Zahlreiche betroffene Betriebe wurden von offizieller Seite bislang zudem noch nicht einmal darüber informiert, dass sie künftig im „roten“ Gebiet liegen. „Das ist ein Unding“, findet Heiko Kieweg. Der Schweinehalter und Ackerbauer aus Korbach-Rhena ist seit September Vorsitzender des Kreisbauernverbandes (KBV) Waldeck und ärgert sich wie viele seiner Berufskollegen über die fragwürdige Neuausweisung mit der plötzlichen Vergrößerung der nitratsensiblen, also roten Gebiete.
Drei fragwürdige Messstellen
Schuld daran ist die Einstufung großer Teile des Kreisgebietes anhand von nur drei Nitrat-Messstellen: der sogenannten Külter Quelle bei Volkmarsen sowie zwei Quellen in der Nähe von Vöhl am Edersee. Alle drei Messstellen sind aus Sicht der Landwirte nicht repräsentativ, weil sie ausschließlich lokal und durch oberirdisch zufließendes Niederschlagswasser beeinflusst werden. „Es kann nicht angehen, dass diese Quellen über die Flächenbewirtschaftung in 30 km Entfernung entscheiden“, findet Heiko Kieweg. Das sei fachlich nicht vertretbar. Ein solches Vorgehen entspreche nicht den Anforderungen der Grundwasserverordnung, ergänzt KBV-Geschäftsführerin Stephanie Wetekam. Falls es im konkreten Einzugsgebiet der drei Quellen lokale Nitratbelastungen gebe, müssten die Probleme durch geeignete Maßnahmen vor Ort gelöst werden. Die Nitratgehalte aus den drei fragwürdigen Messstellen dürften aber nicht die Flächenbewirtschaftung in weit entfernten Regionen beeinträchtigen, so Kieweg. Die Landwirte fragen sich indessen, warum gerade diese drei Quellen zur Gebietseinstufung herangezogen werden, während die unbedenklichen Nitrat-Ergebnisse aus vielen anderen Messstellen ausgeblendet werden.
Das frustriert vor allem die vielen Berufskollegen, die seit Jahren freiwillig in den Wasserkooperationen mitarbeiten und die Nitratgehalte erfolgreich verringert haben, weiß Kieweg, der mit seinem Betrieb selbst Wasserkooperationsmitglied ist: Hunderte von Daten wurden in dieser Zeit erhoben, fachlich ausgewertet und für die Bewirtschaftung genutzt. Die Nmin-Werte sinken, Messstellen bzw. Brunnen zeigen positive oder unkritische Tendenzen. „Für die Landwirte ist die Ausweisung kompletter Gemarkungen trotz grüner Messstellen ein Schlag ins Gesicht“, so der KBV-Vorsitzende. Das sei gefährlich für den Kooperationsgedanken!
Bauern wollen klagen
Schließlich drohen in den hessischen roten Gebieten massive Auflagen: Unter anderem muss die Düngung um 20 % reduziert werden. Die Güllesperrfristen verlängern sich und auf Ackerland gilt eine Obergrenze von 130 kg N/ha aus Wirtschaftsdünger. Das hat Auswirkungen auf die Fruchtfolge und Erträge. Zahlreiche Tierhalter müssen in zusätzlichen Lagerraum investieren oder Gülle abgeben. Die Verärgerung ist groß.
Die Waldecker Bauern wollen die fragwürdige Neueinstufung deshalb nicht einfach so hinnehmen. „Es zeichnet sich bereits ab, dass die Ausweisung der nitratsensiblen Gebiete gerichtlich überprüft werden wird“, berichtet die Geschäftsführerin. Bis zu dieser Klärung lehnt der Kreisbauernverband die Ausweisung im Altkreis Waldeck in Gänze ab: „Es kann doch nicht sein, dass unsere Landwirte auf der Grundlage einer solch fragwürdigen Messstellenauswahl massive Bewirtschaftungsauflagen und Nachteile hinnehmen müssen, findet Heiko Kieweg: „Das versteht hier niemand.“
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