Die Notwendigkeit, aus den Nährstoffen der Wirtschaftsdünger möglichst viel Ertrag zu holen und gleichzeitig das Risiko von Nährstoffauswaschungen zu verringern, ist höher denn je. Doch Versuche und Erfahrungen einiger Landwirte belegen, mit der Zugabe von fein gemahlenem Kieserit zu Gärresten lassen sich diese entscheidend aufwerten.
Chemischer Hintergrund
Bei dem Verfahren nutzen Landwirte eine Eigenschaft des Magnesiumsulfats (MgSO4) und einiger anderer Sulfate (K2SO4, CaSO4) in dem "Kieserit fein". Es verbindet sich recht schnell mit dem Stickstoff und dem Phosphat in Gärresten oder Gülle zu Ammonium-Magnesium-Phosphat (NH4)MgPO4-6H2O oder Struvit. In der Natur kommt die Verbindung als Kristall eher selten vor. Sie ist kaum wasserlöslich, aber voll pflanzenverfügbar. So sind die Nährstoffe vor Auswaschung geschützt, die Pflanzen können sie aber über ihre Wurzeln problemlos erschließen.
Struvit ärgert viele Biogas- und Kläranlagenbetreiber, da es sich an Rohrwänden und Ventilen, durch die Substrate fließen, chemisch ausfällt und dort zum Störstoff wird. Es lässt sich dann nur mit Säuren oder mechanisch wieder lösen.
In der Human- wie in der Veterinärmedizin ist Struvit bekannt als der Bestandteil von Nierensteinen bei Menschen oder häufig auch bei Katzen.
Kribbelige Anwendung
Christian Röring aus Vreden, Kreis Borken, setzt seinen Gärresten seit einiger Zeit "Kieserit fein" zu. Wie er kürzlich während der Agrargespräche der K+S Minerals and Agriculture GmbH erklärte, gab es einige Probleme bei der Anwendung zu lösen:
"Kieserit fein" ist noch ein scharfkantiges Material, das sich zwar aus einem Dosierbehälter in der Fronthydraulik nach hinten zum Güllefass blasen lässt, aber in den Rohren dorthin wie ein Sandstrahlgerät viel Verschleiß erzeugt. Die jetzt gefundene Variante mit dem Vorratsbunker auf Wiegestäben direkt am Fass ist diesbezüglich entschieden besser. Da Röring 70 bis 100 kg/ha je nach Nährstofffracht für 2023 des Gärrestes zudosiert, muss er alle 15 ha eine Frontladerschaufel voll nachfüllen.
Schnell ausbringen, zügig reinigen
Struvit bildet sich in der Regel erst nach der streifenförmigen Ablage des Gärrest-Kieserit-Gemisches im Boden. Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, wenn das Verteilfass etwa 100 Kubikmeter pro Stunde oder mehr ausbringt. So entstehen keine Ablagerungen in der Technik, die mit den Gärresten in Berührung kommt.
Vor längeren Pausen und nach der Arbeit sollten Anwender des Verfahrens die Gülletechnik peinlichst säubern, damit ausgeschlossen ist, dass Struvit in den Leitungen des Fasses ausfällt und dort zu hartnäckigen Ablagerungen führt.
Röring will nach den bisherigen Erfahrungen keinesfalls auf die Effekte des Struvits verzichten. Ihn überzeugen folgende Vorteile:
- In den meisten Fruchtfolgen muss er ohnehin Magnesium mineralisch ergänzen. So kann er die arbeitswirtschaftlichen Vorteile nutzen und auf dem Feld mehrere weitere Nährstoffe wie Schwefel und einige Spurenelemente in einem Arbeitsgang ausbringen.
- Gerade wenn die Arbeit sehr drängt, wie bei der Frühjahrsbestellung zu Mais, sind die Bedingungen für die Struvitbildung in den Gärrestwürsten im Boden ideal.
- Die Risiken für technische Störungen wegen des Struvits hält er für beherrschbar.
- Die Düngeverordnung, aber auch die aktuellen Preise für Mineraldünger fordern höchste Effektivität der eingesetzten Nährstoffe. Zusammen mit einem NIRS-Sensor lässt sich Gülle auch teilflächenspezifisch exakt ausbringen.
Besondere Funktion von Kali
Dass auch Kali bei einer ausgewogenen Düngung eine wichtige Rolle spielt, ist seit Langem bekannt. Lukas Bangert, Regionalberater West bei K+S, leitete aus Versuchen mit Winterweizen als Ergebnis ab, dass nicht nur die Wurzelleistung ansteigt, sondern die Wurzeln auch tiefer in den Boden vordringen. Das trägt dazu bei, dass die Wassernutzungseffizienz ansteigt, da die Pflanzen erst etwas später Welketracht zeigen.
Gleichzeitig kann Kalium das Reifehormon Abcisinsäure reduzieren. Den länger wüchsigen Pflanzen steht so mehr Zeit zur Verfügung, um den aufgenommenen Stickstoff in Protein umzubauen. Als logische Konsequenz ergibt sich daraus weniger Nmin als Nacherntestickstoff im Boden.
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