Es war erst mild, dann zu kalt, dann zu warm, wieder zu kalt, zu trocken, zu heiß, zu nass, zu wenig sonnig, genau richtig und wieder zu oft nass. So oder so ähnlich lässt sich das Wetter 2021 kurz zusammenfassen. Doch natürlich wollen wir uns genauer anschauen, welche Folgen die Wetterextreme für verschiedene Kulturen hatten.
Holpriger Vegetationsstart
Nachdem der Januar insgesamt noch relativ mild war und im Flachland nur wenige Frostnächte brachte, wurde es ab dem 7. Februar frostig: In großen Teilen von NRW fielen rund 30 bis 40 cm Schnee mit teils sehr starken Schneeverwehungen. Anschließend folgte auch im Flachland eine gesamte Woche Dauerfrost mit Tageshöchsttemperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt. Nachts fielen die Temperaturen auf rund –20 °C direkt über dem Boden. Die verbreitet dicke Schneedecke isolierte die Winterungen aber ausreichend, sodass Schäden nur dort auftraten, wo entweder kein Schnee fiel oder der Wind den Schnee verwehte.
Trotz der extremen Kälte war der Februar 2021 deutlich wärmer als im langjährigen Mittel. Innerhalb weniger Tage schlug das Wetter von knapp –20 °C in der Nacht auf etwa 18 °C am Tag und 10 °C in der Nacht um. Dazu blieb es meist trocken und der Februar war am Ende mit 106 Sonnenstunden der neunt sonnenreichste seit Beginn der Wetteraufzeichnung. So starteten viele Landwirte und Lohnunternehmer auch auf schwereren Böden schon Ende Februar mit der Gülledüngung ihrer Bestände. Diese Arbeiten unterbrachen 50 l/m² Regen um die Monatsmitte im März, sodass schwer befahrbare Flächen teilweise erst Ende März oder im April die erste Güllegabe bekamen.
Die letzten drei Märztage mit Temperaturen jenseits der 20-°C-Marke blieben nur ein kleiner Vorgeschmack auf den Frühling: Der April folgte mit nur drei Tagen über 15 °C (im westlichen Münsterland) aber elf Frostnächten (in 2 m Höhe). Entsprechend langsam verlief die Umsetzung des Güllestickstoffs. Während sich das Getreide insgesamt nur schleppend entwickelte, hellten sich viele stark organisch gedüngte Bestände teils deutlich auf.
Die kühlen Böden bremsten auch das Maislegen und Kartoffelpflanzen aus. Entsprechend lange dauerte es, bis die Pflanzen aufliefen. Dass das späte Auflaufen nicht nur Nachteile hatte, zeigte sich spätestens am 8. Mai: Frühe Maisbestände sowie einige Rüben- und Kartoffelbestände haben teils deutliche Schäden vom Frost an diesem Morgen davongetragen. Das Dauergrünland zeigte sich meist recht unbeeindruckt von der Kälte, sammelte in den Tagen nach dem letzten Frost bei bis zu 28 °C noch einige Sonnenstunden und brachte ordentliche Erträge.
Erste Trockenperiode
Ab der Monatsmitte Mai schwankten die Temperaturen zunächst etwa zwischen 15 und 20 °C. Mit fast täglichen Regengüssen brachte es der Mai im NRW-Schnitt auf 90 l/m², vielerorts sogar auf über 100 l/m² – das war erstmals seit 2014 mehr als im langjährigen Mittel und vor allem ein Segen für die in den vergangenen Jahren so gebeutelten Grasnarben. Wo Landwirte es trotz der Nässe schafften, Krankheiten fern zu halten, entwickelten sich auch alle anderen Kulturen verbreitet sehr gut. Eine üppige Ernte schien endlich wieder in Reichweite.
Doch der erste Dämpfer für diese Erwartungen ließ nicht lange auf sich warten. Nach dem regenreichen Mai fielen in den 23 Tagen vom 28. Mai bis zum 19. Juni mancherorts weniger als 2 l/m² Regen. Dazu waren 15 dieser Tage sommerlich warm bis heiß (25 bis 35 °C) und sehr sonnig. Auch auf Böden mit gutem Wasserhaltevermögen war diese Phase – ausgerechnet zur Getreideblüte – oft zu lang. Der Hitze- und Trockenstress spiegelte sich in schlagartig gelb werdender Gerste und mangelnder Kornfülle über alle Getreidekulturen hinweg wider.
Andere Kulturen kamen mit den Bedingungen besser zurecht. Doch in den nach wie vor dünnen Mais-, Zuckerrüben- und teilweise Kartoffelbeständen blieb die extreme Sonneneinstrahlung dennoch nicht ohne Folgen: Die Temperatur der Bodenoberfläche lag häufig bei rund 50 °C – zu viel für jedes Bodenleben.
Mit dem Ende der Hitzewelle nahm das Wetter 2021 die nächste bemerkenswerte Wendung. Ende Juni fielen innerhalb von einer Woche verbreitet über 50 l/m² Regen. Der große Gewinner war oftmals wieder das Grünland. Die Trockenheit nutzten viele Landwirte für den zweiten Silageschnitt oder die erste Heunutzung. Mit dem Regen war der optimale Termin für die Güllegabe leicht gefunden.
Sommer wärmer als gedacht
Die Sommermonate Juli und August sind bei vielen Menschen als besonders kalt und regnerisch im Kopf geblieben. Doch die Statistik zeigt, dass das nur bedingt richtig ist. Aber der Reihe nach: Die Flutkatastrophe im Juli 2021 wird ohne Zweifel als die schlimmste der vergangenen Jahrzehnte in die Geschichte eingehen. Dennoch handelte es sich hierbei um ein relativ lokales Ereignis – in großen Teilen von NRW richteten die Sommerniederschläge keine nennenswerten Schäden an. Dennoch begünstigte die Witterung im gesamten Monat nicht nur Pilzkrankheiten in allen Kulturen. Sie sorgte mit durchschnittlich 128 l/m² Regen, Wind und fehlenden Sonnenschein auch für Ernteverzögerungen und Lagergetreide. Nur einmal war es sieben Tage am Stück trocken, sodass viel Gerste in den Tagen um den 20. Juli fiel.
Das unbeständige Wetter setzte sich im August fort. Hier war die Niederschlagssumme mit 80 l/m² zwar etwas niedriger als im langjährigen Mittel, aber die längste Trockenphase (Tage mit weniger als 1 l/m²) dauerte gerade einmal vier Tage. Entsprechend kurz waren die Zeitfenster für die Weizenernte. Das bei der Ernte häufig noch feuchte Stroh wurde immer wieder nass und musste teils lange auf den Flächen bleiben.
Während der Juli schon wenige Sommertage mit sich brachte, knackte die Tageshöchsttemperatur im August nur dreimal die 25-°C-Marke. Doch besonders im Juli waren die Nächte häufig warm (über 15 °C in über 50 % der Nächte), sodass beide Monate nicht viel kälter waren als das langjährige Mittel. Im Zusammenspiel mit den ausreichenden Niederschlägen sorgten die wüchsigen Temperaturen dafür, dass die Sommerungen ihren Rückstand aus dem kühlen Mai schnell aufholen konnten und innerhalb von wenigen Wochen sehr viel Biomasse aufbauten. Entgegen aller gefühlten Wahrheiten reiht sich der gesamte Sommer 2021 auf Platz 17 der wärmsten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen ein – auch wenn die Sonne mit 541 Stunden über 60 Stunden weniger schien als in den 30 Jahren zuvor.
Unauffälligerer Herbst
So gut der Niederschlag den späträumenden Kulturen und vor allem den Grünlandnarben auch tat: Im September dürften sich die meisten Landwirte über trockeneres Wetter gefreut haben. Im Durchschnitt fielen gerade einmal 33 l/m² Regen – weniger als die Hälfte des langjährigen Mittels. Außerdem war diese Menge auf relativ wenige Regentage verteilt, sodass jetzt auch auf den schweren Böden die Grundbodenbearbeitung oder die noch fällige Zwischenfrucht-Aussaat stattfinden konnte. Mit vielen Tagen über 20 °C und 175 Sonnenstunden bot der ganze Monat noch gute Wachstumsbedingungen, sodass sich die Zwischenfrüchte noch gut etablieren konnten. Auch Mais und besonders Zuckerrüben profitierten noch von der Sonne, was sich bei den Rüben sehr deutlich im Zuckerertrag bemerkbar machte.
Die Sonnenscheindauer im Oktober (109 Stunden) stimmte fast genau mit dem langjährigen Schnitt überein. Die Durchschnittstemperatur war mit 10,6 °C etwas höher, während die 56 l/m² Regen nicht ausreichten, um das langjährige Mittel zu erreichen. Doch anders als im Vormonat war der Regen im Oktober auf relativ viele Tage verteilt. Das sorgte vielerorts nicht nur für erschwerte Bedingungen in der Ernte, sondern vor allem in der Getreideaussaat. Erst ab dem 24. Oktober blieb es für einige Tage beständig trocken, sodass in dieser Zeit viel Weizen gesät wurde.
Die insgesamt sonnenarme und vor allem im Frühjahr sehr kühle Witterung sorgte dafür, dass Körnermais häufig nicht komplett abreifen konnte. Die Ernte begann zwar schon um den 10. Oktober, zieht sich aber immer noch hin. Auch jetzt ist der Mais noch relativ feucht und muss intensiv getrocknet werden, da die Witterung kein weiteres Abtrocknen zulässt. Die lokal begrenzten Trocknungskapazitäten lassen erwarten, dass der letzte Körnermais – ebenso wie Zuckerrüben – bis Ende November oder sogar bis in den Dezember hinein stehen bleiben könnte.
Wie geht es weiter?
Im vergangenen Winter bescherte uns das Wetterphänomen „La Niña“ zumindest kurzfristig einen für neuere westdeutsche Verhältnisse extremen Wintereinbruch. Einige Experten sehen aktuell erneut Anzeichen für dieses Ereignis. Doch was ist „La Niña“ überhaupt und wie wahrscheinlich ist ein kalter Winter 2021/22?
Dass im Südpazifik kaltes Wasser von der Antarktis, an Südamerika vorbei in Richtung Äquator fließt, ist normal. Bei einem „La Niña“-Ereignis ist diese Strömung jedoch ungewöhnlich stark und das Wasser dementsprechend kälter als sonst. An der Küste Chiles beispielsweise ist das Wasser je nach Ausprägung von La Niña 2 bis 3 °C kälter als gewöhnlich. Auch wenn das Phänomen noch nicht lange erforscht wird, steht fest: Aufgrund der enormen Größe des pazifischen Ozeans hat das einen massiven Einfluss auf das gesamte Weltklima. Besonders deutlich wird das vor dem Hintergrund, dass wir bei der globalen Erderwärmung im Zuge des Klimawandels von „nur“ 1,5 °C sprechen.
In den vorherigen „La Niña“-Wintern 2010/11 (der in Deutschland ebenfalls ungewöhnlich kalt war und auch in NRW verbreitet weiße Weihnachten bescherte) und 2020/21 hat man beobachtet, dass der Golfstrom weniger warmes Wasser – und damit weniger warme Luft – aus der Karibik in Richtung Europa brachte.
Doch auch wenn sich der Pazifik vor der südamerikanischen Westküste aktuell wieder ungewöhnlich stark abkühlt: Wie stark La Niña in diesem Winter wird und ob das Ereignis auch in NRW wieder einen kalten Winter bringt, steht noch nicht fest – auch wenn einiges dafürspricht.
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