Gülle saugen, zur Weide oder zum Acker fahren, ausbringen, wieder zum Hof fahren. So sieht die Düngepraxis auf vielen Betrieben in NRW aus. Effizienter und schneller ist gerade bei großen Entfernungen der Transport per Zubringerfass.
Doch zwei Probleme bleiben: Das hohe Gewicht auf dem empfindlichen Boden sowie der Stillstand beim Überladen der Gülle. Aber ist das Verschlauchen wirklich bodenschonender und effizienter?
Hier pumpen, da verteilen
Beim Verschlauchen von Gülle oder Gärresten pumpt eine stationäre Pumpe die Gülle über Schläuche von einem Lagerraum aus zum Ausbringfahrzeug. Dabei sind Schlauchlängen von bis zu 2000m Länge durchaus realistisch. Transport und Ausbringung sind hierbei räumlich und zeitlich voneinander getrennt. Das System besteht aus einer Pumpstation mit Güllezwischenlager – in der Regel ein Feldrandcontainer –, koppelbaren Schläuchen, einer Schlauchhaspel zum Transport der Schläuche sowie einem Ausbringfahrzeug mit Verteiler. Die Landtechnikindustrie bietet mittlerweile alle gängigen Verteiler für die Dreipunkthydraulik des Schleppers an: Vom Schleppschlauch über den Schleppschuh bis hin zur Injektortechnik.
Bevor die Gülle ausgebracht werden kann, müssen Landwirte einige Dinge beachten: Kann die Pumpe nicht direkt an den Lagerraum auf dem Betrieb angeschlossen werden, um direkt angrenzende Flächen zu düngen, muss in Feldrandnähe ein geeigneter Ort zur Positionierung des Zwischenbehälters und der stationären Pumpe ausfindig gemacht werden. Dieser sollte für die Zubringerfahrzeuge möglichst gut und schnell zugänglich sein, um die flüssigen Wirtschaftsdünger zügig umpumpen zu können. Überflüssige Wartezeiten kosten auch bei den Transportfässern Geld.
Mit dem Verschlauchen sind grundsätzlich hohe Flächen- bzw. Ausbringleistungen von mehr als 200 oder gar 300 m3 pro Stunde möglich. Dies setzt allerdings voraus, dass in regelmäßigen Abständen ausreichend Wirtschaftsdünger zur Fläche gelangt. Kurze Verzögerungen gleicht ein ausreichend dimensionierter Feldrandcontainer zwar aus, dennoch ist die Logistik wichtig, um einen konstanten Güllestrom zu gewährleisten.
Hoher Rüstungsaufwand
Zu den Anfängen der Verschlauchungstechnik war es üblich, dass neben dem Fahrer des Ausbringfahrzeuges mindestens eine weitere Person anwesend sein musste, um die Steuerung der Pumpe bei Wendemanövern zu übernehmen. Andernfalls würde der Druck beim Wenden zu hoch sein, wenn der Verteiler geschlossen ist. Bei neueren Anlagen kann der Fahrer des Ausbringfahrzeuges die Pumpendrehzahl über eine Funkverbindung selbst regulieren.
Dennoch ist es üblich, dass mindestens zwei Personen an der Bedienung des Systems beteiligt sind, denn auch die Vorbereitung und jeder Flächenwechsel bringt viel Arbeit mit sich. Vor dem Umsetzen zum nächsten Standort müssen die Schläuche zunächst von der Pumpstation entkoppelt und im Anschluss mit Luft gereinigt werden. Anschließend entkoppeln die Fahrer die einzelnen Schläuche und nehmen sie mit einer Schlauchhaspel auf, um zum nächsten Einsatzort überzusetzen. Auch für das Umsetzen von Feldrandcontainer bzw. Pumpenwagen ist sowohl ein zweiter Fahrer als auch ein zweiter Schlepper notwendig.
Die entstehenden Mehrkosten fangen Lohnunternehmer zum Teil über höhere Preise je Kubikmeter ab. Einige Lohnunternehmer setzen eine Mindestausbringmenge von mehreren Hundert Kubikmetern voraus, um den Aufwand auffangen zu können.
Aus diesen Gründen bewährt sich das Verfahren insbesondere für größere, zusammenliegende Flächen oder hohe Ausbringmengen. Kleinstrukturierte Regionen mit häufigen Feldwechseln sind aufgrund der hohen Rüstzeiten des Systems grundsätzlich weniger gut geeignet. Schlauchbrücken können allerdings helfen, Feldwege und kleinere Hindernisse wie Gräben zu überbrücken. Das erweitert die Möglichkeiten in kleinen Strukturen.
Schlauchtrommel am Verteiler
Einige Hersteller bieten mittlerweile Selbstfahrer oder gezogene Geräte an, die nicht nur die Verteiltechnik, sondern auch den Transport des Schlauches auf einer Schlauchhaspel übernehmen. Der Vorteil liegt darin, dass der Schlauch beim Ausbringen nur so weit wie nötig ab- oder aufgerollt wird und die Ansprüche an die Fahrspurplanung vorab geringer sind. Dadurch, dass der Schlauch mittransportiert wird, sind diese Geräte allerdings deutlich schwerer als die im Text beschriebene Technik. So bleibt die Schlagkraft, aber der Effekt der Bodenschonung verringert sich deutlich.
Leicht, schnell, sauber
Durch die räumliche Trennung von Transport und Ausbringung muss der Fahrer nur wenig Gewicht über die Flächen transportieren. Lediglich der Schlepper bzw. das Ausbringfahrzeug inklusive Verteiler befährt die Flächen. Wegen des geringen Gewichts können Böden im zeitigen Frühjahr daher eher und im späten Herbst länger befahren werden, womit eine potenzielle Erweiterung des Ausbringfensters einhergeht. Generell zählt das Verschlauchen als bodenschonendstes Verfahren der Gülle- bzw. Gärrestausbringung. Aus diesem Grund sind viele Kunden auch bereit, einen höheren Kubikmeterpreis zu bezahlen. Breitreifen und ein sehr geringer Reifeninnendruck können den Bodendruck weiter verbessern.
Die hohe Schlagkraft, das geringere Gewicht sowie das Entfallen zeit-, kosten- und kraftstoffraubender Leerfahrten zum Befüllen des Güllefasses – vor allem bei langen Schlägen und hohen Ausbringmengen – senken zudem den Kraftstoffverbrauch der Gülleausbringung.
Ein weiterer positiver Zusatzeffekt ist die geringere Verschmutzung der umliegenden Straßen und Wege, da Zubringerfahrzeuge bei optimaler Positionierung des Feldrandcontainers in der Regel nicht auf den Acker fahren müssen.
Bei der fassbezogenen Ausbringung berichten Praktiker des Öfteren, dass die geforderte bodennahe, streifenförmige Ausbringung über geeignete Schleppverteiler oder Injektoren in Hanglagen aufgrund des hohen Gewichts nicht möglich sei. Beim Verschlauchen dagegen ist das bodennahe Düngen von mäßigen Hanglagen durch die leichte Bauweise der Verteiler und das verhältnismäßig geringe Eigengewicht des Zugfahrzeugs möglich.
Dicke Gülle bremst
Neben dem hohen Rüstungsaufwand, der besonders auf kleinen Flächen ins Gewicht fällt, hat das Verschlauchen aber auch Grenzen im Bezug auf den Wirtschaftsdünger und den zu düngenden Bestand.
Hohe Trockensubstanzgehalte der Gülle oder Gärreste haben den Nachteil, dass sie weniger fließfähig sind. Die Hochleistungs-Kreiselpumpen der Pumpstationen können grundsätzlich hohe Drücke und Durchflussmengen erzeugen, die bei dickflüssigen Materialien aber erheblich abfallen.
Apropos Pumpe: Der Antrieb kann entweder über die Zapfwelle eines Schleppers erfolgen, wodurch jedoch ein weiteres Fahrzeug festgebunden wird und zusätzliche Kosten verursacht, oder über einen eigenen Dieselmotor.
Keine hohen Bestände
Da der Schlauch über die Bodenoberfläche gezogen wird, eignet sich das Verfahren nicht zum Ausbringen in stehenden und empfindlichen Pflanzenbeständen. In frühen Getreidekulturen vor der Bestockung sowie im Grünland ist das Überfahren und das Ziehen der Schläuche problemlos möglich, da sich die Bestände bei kleineren Verletzungen zügig erholen.
In Raps- oder Maisbeständen – gerade im Schossen – ist die Gülledüngung per Verschlauchen jedoch nicht ohne Verluste möglich. Umgeknickte Pflanzen erholen sich von der mechanischen Belastung nur bedingt, wodurch Ertragsausfälle resultieren können. Hier gilt es, die Vor- und Nachteile sorgfältig abzuwägen.
Viele Vorteile für viel Geld
Die Gülleverschlauchung bietet für Betriebe mit größeren, zusammenhängenden Flächen enormes Potenzial zur effizienten und leistungsstarken Ausbringung von flüssigen Wirtschaftsdüngern. Das System arbeitet maximal bodenschonend und kann auch in Hanglagen emissionsarme Verteiltechnik nutzen. Die Anforderung an den Fahrer des Ausbringerfahrzeuges sind entsprechend hoch, die Logistik muss präzise koordiniert werden und die Technik ist kostenintensiv in der Anschaffung. Das treibt die Kosten pro Kubikmeter in die Höhe.
Erst denken, dann fahren
Zu den wichtigsten Anforderungen des Verschlauchens gehört, dass der Fahrer des Ausbringfahrzeuges bereits vor der Bearbeitung eine grundlegende Fahrspurplanung vornimmt. Er muss beim Befahren der Fläche zunächst den Schlauch von der Haspel bis auf die benötigte Länge zum am weitesten entfernten Punkt abrollen. Dabei muss er den Schlauch so ablegen, dass er Überfahrten während der Applikation vermeiden kann.
In der Regel beginnt er die Arbeit dann auch am entferntesten Punkt der Fläche. Obwohl die eingesetzten Spezialschläuche mittlerweile äußerst abrieb- und verschleißfest sind, sollten sie während der Bearbeitung nicht überfahren werden. Dies gilt für alle Ausbringtechniken, insbesondere aber, wenn mit Schlitz- oder Injektortechnik gearbeitet wird!
Sowohl die Bearbeitung nach optimaler Strategie als auch die parallele Bedienung der Technik erfordern vom Fahrer höchste Sorgfalt und Aufmerksamkeit.
Das notwendige Equipment ist in der Anschaffung sehr kostenintensiv, weshalb bisher größtenteils Lohnunternehmen mit entsprechender Jahresauslastung in das System investieren und die Verbreitung der Technik aktuell noch zurückhaltend ist.
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