Vielleicht sind die Bauern in Minden-Lübbecke beim Thema Nitratwerte und rote Gebiete besonders betroffen. Vielleicht sind sie auch nur besonders aufmerksam. Auf jeden Fall sind sie überdurchschnittlich engagiert und kämpfen mit großem Einsatz für einen fairen Umgang der Behörden mit der Landwirtschaft bzw. deren Anteil an der Nitratbelastung des Grundwassers.
Passen die Messstellen?
Das Thema bewegt die Landwirte im Mühlenkreis jedenfalls so sehr, dass sie unlängst eine Interessengemeinschaft mit dem Namen „IG Gerechte Messstellen“ gegründet haben. Die IG-Mitglieder um ihren Vorsitzenden Heiner Müller bezweifeln die repräsentative Auswahl der Grundwassermessstellen und bei etlichen Messpunkten auch deren fachliche Eignung: Oftmals seien die überhöhten Nitratwerte nicht ursächlich auf die Landwirtschaft zurückzuführen, sondern auf externe Quellen wie undichte Kleinkläranlagen oder anderweitige „Altlasten“, so die Landwirte.
Heiner Müller, Friedhelm Hüneke, Jochen Teikemeier, Karl-Christian Ebenau und ihre Mitstreiter von der Interessengemeinschaft möchten deshalb, dass solche Nitratmessstellen nicht zur Gebietsausweisung herangezogen werden: „Wenn bei den Messungen neben Nitrat auch Koffein gefunden wird, stammt das wohl kaum aus der Flächenbewirtschaftung“, argumentiert Heiner Müller.
Das zuständige Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) sieht das indessen ganz anders. Man halte sich bei der Einstufung der roten und grünen Gebiete an die rechtlichen Vorgaben und nutze das vorhandene Messstellennetz zur Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), erklärte Dr. Sabine Bergmann kürzlich bei einem Ortstermin in Petershagen-Maaslingen.
Vor-Ort-Überprüfung
Dr. Bergmann ist beim LANUV für den Fachbereich Grundwasser, Wasserversorgung, Trinkwasser und Lagerstättenabbau zuständig und war extra nach Ostwestfalen gekommen, um mit den Landwirten am Rande der Funktionsüberprüfung über das sensible Thema zu diskutieren. Sie räumte dabei im Beisein der örtlichen Presse offen ein, dass die Kritik der Landwirte nach Bekanntwerden der Nitrateinstufung absehbar gewesen sei. Das Verfahren sei aber sehr komplex und der Erklärungsbedarf groß. Generelle Zweifel an der Eignung der Messstellen wollte die Vertreterin des Landesamtes jedoch nicht aufkommen lassen. Diese unterlägen zudem einer ständigen Prüfung. Wo Mängel auftreten – beispielsweise durch Alterungsprozesse – würden diese behoben. Die Messstelle werde dann gespült und gereinigt. Außerdem würden fehlerhafte Messstellen ausgesondert und sukzessive ersetzt, falls sich die Defizite nicht beheben lassen.
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Die beim Ortstermin in Maaslingen von den LANUV-Mitarbeitern Dr. Christoph Weidner und Sebastian May überprüfte Messstelle war übrigens in Ordnung. Weder die Rohrkamerabefahrung, noch der Wasser-Auffüllversuch wiesen auf Probleme hin. Wie Dr. Bergmann erklärte, nehme man die Einwände der Interessengemeinschaft dennoch ernst und habe auch schon mehrere der infrage gestellten Standorte überprüft. Eine übermäßige externe Belastung, welche den landwirtschaftlichen Ursprung des Nitrates überdecke, sei dabei nicht festgestellt worden, so die LANUV-Expertin: Der Großteil der Messstellen sei zur Bestimmung der Grundwasserbelastung geeignet und bleibe „am Netz“.
Gebietsausweisung auf Prüfstand
Das wollen die Petershagener Landwirte nicht hinnehmen. Sie möchten nicht mit Bewirtschaftungsauflagen dafür büßen, wenn die Nitratwerte durch andere Eintragsquellen in die Höhe schießen. Das System der Gebietsausweisung müsse auf den Prüfstand und die Nitratwerte auf der Basis einer repräsentativen Messstellenauswahl ohne Fremdeinflüsse ermittelt werden.
Bis das der Fall ist, wird der Messstellen-Streit vermutlich weiter gehen. Wie der Ortstermin zeigt, sprechen beiden Seiten aber zumindest miteinander und tauschen Argumente aus. Das Thema ist nämlich wirklich komplex und erlaubt keine einfache Schwarz-Weiß-Einteilung.
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