Humusaufbau

Kritik an Humuszertifikaten

Ein breites Bündnis - unter anderem aus Umwelt- und Klimaschutz sowie Landwirtschaft und Wissenschaft - lehnt die Kompensation von Treibhausgasemissionen mittels „Humuszertifikaten“ ab.

"Keine Klima-Tricks mit Humus", fordern über 30 Organisationen und Personen aus Umwelt- und Klimaschutz, Landwirtschaft und Wissenschaft in einem Positionspapier. CO2-Emissionszertifikate seien kein geeignetes Instrument zum Erhalt und Aufbau von Humus, weshalb sich die Unterzeichner gegen das Generieren dieser ausgesprochen haben. Es bestünde damit das Risiko, dass Unternehmen ihre Treibhausgasemissionen durch angeblichen Humusaufbau kompensieren und eigene CO2-Einsparungen vernachlässigen. Sogenannte „Humus-Zertifikate“ könnten „keine permanente Kohlenstoffbindung sicherstellen“, heißt es in der gemeinsamen „Position zur Festlegung von Kohlenstoff in Böden und dessen möglicher Honorierung mittels CO2-Zertifikaten“. Der Markt für diese Zertifikate boomt und Zertifikate-Anbieter stellen „Carbon Farming“ als wirkungsvolles Instrument zum Erreichen der „Klimaneutralität“ dar.

Zertifikate gefährden Klimaschutz

Der Handel mit solchen Zertifikaten untergrabe die europäischen Klimaschutz-Bemühungen. Unternehmen würden ermutigt, nicht exakt messbare und leicht wieder umkehrbare Speicherung von Kohlenstoff im Boden als Ersatz für eine konsequente Minderungsstrategie in ihren eigenen Wertschöpfungsketten zu nutzen, erklären die unterzeichnenden Verbände ihre Position.

Humus in landwirtschaftlich genutzten Böden ist nicht stabil. Der darin gebundene Kohlenstoff kann auch wieder abgebaut werden, sodass sich die Humusgehalte in landwirtschaftlich genutzten Böden nicht beliebig erhöhen lassen. Nach einigen Jahrzehnten stellt sich in der Regel ein Fließgleichgewicht ein. Die Kunst besteht nach Ansicht der Verbände darin, dieses Gleichgewicht durch eine angepasste Bewirtschaftung zu erhalten. Nur so erfülle der Boden seine Funktion als Lebensraum für tausende von Bodenorganismen, die bei der Versorgung mit Pflanzennährstoffen sowie bei der Regelung des Wasserhaushalts eine wichtige Rolle spielen.

Humusaufbau und -erhalt fördern

Daher fordern die zeichnenden Organisationen und Personen eine für Landwirtinnen und Landwirte einkommenswirksame Förderung humusaufbauender und -erhaltender Bewirtschaftungsmaßnahmen bei der Ausgestaltung agrarpolitischer Steuerungsinstrumente. Darüber hinaus sei es notwendig, Förderprogramme auf europäischer und nationaler Ebene abzustimmen und Maßnahmen zum Humuserhalt und -aufbau langfristig anzulegen.

Klimaschutz und Klimaanpassung gelingen nur bei Erhalt und Förderung der Gesamtheit der Bodenfunktionen, heißt es im Positionspapier. Große Kohlenstoffsenken und -lager wie Moore, Grünland, Wälder und Feldgehölze müssten dafür besonders geschützt werden. Wo möglich müssen ökologisch und ökonomisch nachhaltige Nutzungskonzepte entwickelt und ausgebaut werden. Finanzielles Engagement aus der Privatwirtschaft könne dabei nur eine Rolle spielen, „solange sich die Unternehmen auf einen glaubhaften 1,5 Grad konformen Emissionsreduktionspfad begeben haben“, so schreiben die Unterzeichner im Positionspapier.

Unterzeichner widersprechen der EU Kommission

Die unterzeichnenden Organisationen reagieren auf die Veröffentlichung der sogenannten Carbon-Farming-Initiative der EU-Kommission. Die Carbon-Farming-Initiative steht im Kontext des Netto-Null-Ziels der EU bis 2050 und der damit verbundenen Notwendigkeit, Emissionen aus der Atmosphäre wieder zu entziehen. Die unterzeichnenden Organisationen unterstützen das Ziel der Klimaneutralität, jedoch nicht den von der EU Kommission vorgeschlagenen Weg, Emissionen durch die Generierung von CO2-Zertifikaten zu kompensieren.

Das Positionspapier wird getragen von:

Ackercrowd e.V., Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V., BioBoden Genossenschaft eG, BonaRes-Zentrum für Bodenforschung, Bundesamt für Naturschutz, Bundesverband Beruflicher Naturschutz e. V., Bundesverband Boden e.V., Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND), Büro für Bodenkommunikation, Büro für Bodenschutz & Ökologische Agrarkultur, European Land and Soil Alliance (ELSA) e.V., Deutscher Naturschutzring (DNR) e.V., Förderverband Humus e.V., Gesellschaft für konservierende Bodenbearbeitung (GKB) e.V., Gut&Bösel, Heinz Sielmann Stiftung, Interessengemeinschaft gesunder Boden e.V., Klima Bündnis e.V., Klimapraxis e.V., Misereor e.V., Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.V., Symposium Aufbauende Landwirtschaft e.V., Schöne Städte e.V., Stiftung Ökologie & Landbau, Umweltinstitut München, WWF Deutschland, Zukunftsstiftung Landwirtschaft, 2000m² Weltacker, Prof. Dr. Birgit Wilhelm, Prof. Dr. Björn Machalett, Prof. Dr. Christian Siewert, Prof. Dr. Gabriele Broll, Dr. Martin Wiesmeier, Leni Gröbmaier, Prof. Dr. Georg Guggenberger

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