Fast jedem, der schon viel Grünland gemäht hat, ist das schon mal passiert: Ein Kitz oder ein Junghase sind nicht vor dem lauten Mähwerk geflüchtet, sondern haben sich „gedrückt“, was den sicheren Mähtod bedeutet. Alle Fahrer fühlen sich danach ziemlich schlecht. Doch das Risiko dafür lässt sich mit den richtigen Maßnahmen messbar reduzieren.
Wild vergrämen
Bei der Wildtierrettung kommt es darauf an, dass Landwirte und Jägerschaft eng zusammenarbeiten. Sobald sich für den Landwirt ein möglicher Mähtermin abzeichnet, sollte er mit den zuständigen Jagdberechtigten reden, um das weitere Vorgehen abzusprechen.
Wenn keine anderen Hilfsmittel zur Verfügung stehen, ist das Vergrämen mit Scheuchen und das Absuchen der Flächen mit ausgebildeten Jagdhunden ein erster Schritt.
Mit Drohnen aufspüren
Seit einigen Jahren haben Hegeringe oder auch einzelne Jäger Drohnen angeschafft, zum Teil mit Fördermitteln des Landes NRW. Diese sind mit einer Wärmebildkamera ausgestattet, die sehr sensibel auf Temperaturunterschiede reagiert. Dem Piloten der Drohne werden die wärmeren Wildtiere als hellere Punkte auf seinem Display angezeigt.
Ablauf im Einzelnen
Die Hegeringe bieten den Landwirten die Unterstützung beim Absuchen der Mähflächen an. Die Landwirte melden den Bedarf bei den bekannten „Obleuten für Kitzrettung“. Dabei sollten sie einige Angaben machen, damit es keine Komplikationen gibt:
- Wie groß ist die abzusuchende Fläche?
- Wo befindet sich die Fläche? Es werden genaue Standortdaten der Fläche und des Treffpunktes benötigt, damit alle Beteiligten diese in den frühen Morgenstunden gut finden können.
- Wann wird gemäht? Bestenfalls werden die Flächen direkt vor der Mahd abgesucht, da sich die Tiere sonst wieder auf der Fläche einfinden. Der Hegering Münster-Süd beispielsweise hat große Gitterkörbe angeschafft, mit denen die gefundenen Kitze zum Rand der Wiese gebracht werden. Dort werden die Kitze abgelegt und die Körbe dann darüber gestülpt, um sicherzugehen, dass die Kitze dort bleiben. Nach der Mahd entfernen die Retter den Korb, das Kitz kann sich wieder frei bewegen.
- Sind genügend Helfer vor Ort? Der Pilot der Drohne bleibt in der Regel am Feldrand stehen und dirigiert die Helfer, die als Läufer bezeichnet werden, von außen. Je nach Größe der Fläche sind unterschiedlich viele Läufer notwendig, damit die Suche der Drohne nicht unnötig stockt. Denn die Zeit ist in dem Moment extrem knapp, da die Drohne die Kitze nur solange findet, wie die Umgebung noch kühl ist.
- Ist der Jagdpächter informiert? Selbstverständlich müssen Landwirte diesen oder diese, wenn Flächen in mehreren Jagdbezirken gemäht werden sollen, benachrichtigen, damit für die Kitzretter keine rechtlichen Schwierigkeiten entstehen.
Sensosafe wenig verbreitet
Da gerade zum ersten Schnitt viele Landwirte gleichzeitig in der Regel große Flächen mähen, ist es manchmal nicht möglich, alle Flächen rechtzeitig mit der Drohne abzusuchen. Da geht die Firma Pöttinger mit dem „Sensosafe“ einen technisch anderen Weg. Die Sensoren vor den Mähwerken finden Wildtiere wegen der besonderen Oberflächenstruktur des Fells und arbeiten problemlos auch bei vollem Tageslicht oder im Dunkeln.
Das Lohnunternehmen Uthmann & Voges GbR aus Ennigerloh, Kreis Warendorf, setzt die Technik seit 2021 an einer Mähkombination mit insgesamt 9,50 m Arbeitsbreite ein. Das Gerät hat im ersten Schnitt 550 ha und im zweiten Schnitt noch 50 ha mit dem Sensor gemäht. Die Arbeitsgeschwindigkeit liegt zwischen 10 und 11 km/h. Der Fahrer bringt die gefundenen Kitze selbst aus dem Gefahrenbereich oder lässt die Zone stehen, ein Helfer kümmert sich um das gefundene Kitz, die übrige Fläche wird sofort danach gemäht.
Der Erfolg des vergangenen Jahres überzeugt: Der Sensosafe hat 69 Kitze aufgespürt, zum Teil auf Flächen, die eine Drohne vorher abgesucht hat. Die zusätzliche Dienstleistung kostet 15 €/h, was die Kosten des 22 000 € teuren Gerätes nicht deckt.
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