Kartoffeln — Krautfäule, Alternaria und Botrytis, Quickdown, Ethylen zur Keimhemmung, Paraffinöle in Pflanzkartoffeln

21. Juli 2020 - Hinweise der Landwirtschaftskammer NRW zum Pflanzenschutz für diese Woche.

Kartoffeln – Krautfäule, Alternaria und Botrytis: Bislang hat sich die Krautfäule langsamer entwickelt als erwartet. Das wird sich mit den gefallenen Niederschlägen aber schnell ändern. In Praxisschlägen im Rheinland und in Westfalen lassen sich vermehrt Symptome finden. Der Grund: Fast immer zu weit ausgedehnte Spritzabstände.

Die Sporangien (weißer Pilzrasen blattunterseits) entwickeln sich am besten bei Feuchtperioden von mindestens zehn Stunden Dauer und Temperaturen zwischen 20 und 22 °C. Das Myzelwachstum bzw. die Ausdehnung der Läsionen erfolgt bei Temperaturen von 15 bis 20 °C. Eine Infektion bzw. eine Sporenkeimung tritt am stärksten während mindestens vierstündiger Feuchtperioden im Temperaturbereich zwischen 10 und 12 °C auf. Eine Hemmung in der Befallsentwicklung wird wegen der eingeschränkten Lebensfähigkeit der Sporangien bei Luftfeuchten unter 70 % erreicht. Aktuell liegen die relativen Luftfeuchten regional bei um die 90 %, also ideale Entwicklungsbedingungen.

Grüne, wüchsige Bestände bevorzugt mit lokalsystemischen oder systemischen Mittel gegebenenfalls in Kombination mit Sporiziden behandeln. Infinito, Proxanil und Rival Duo nur bis zur Blüte einsetzen, um Rückstände am Erntegut zu vermeiden.

In abreifenden Beständen stehen Abschlussbehandlungen an. Spätestens drei Wochen vor der Ernte zum Schutz des Erntegutes zwei bis drei Mal Sporizide einsetzen (etwa Canvas/Gachinko, Carneol, Frowncide, Nando 500 SC, Ranman Top, Shirlan, Terminus, Winby). Die letzte Behandlung zusammen mit der Sikkation durchführen, gegebenenfalls mit halber Aufwandmenge. Kombination der Sporizide mit Cuprozin progress oder Funguran progress bei der Gefahr von Schwarzbeinigkeit und Nassfäulen.

Aktuell wird vermehrt Botrytis in anfälligen Sorten gefunden. Dunkelbraune bis schwärzliche Flecken, beginnend von der Blattspitze oder vom Rand aus, normalerweise mit gelbem Hof. Aktuell dort, wo Niederschläge gefallen sind, aber ohne gelben Hof. Auf diese Botrytisflecken siedeln sich teilweise Alternaria-Dürrflecken an. Es gibt keine zugelassenen Fungizide, aber Fluazinam-haltige Krautfäulemittel sowie das Alternariamittel Signum weisen eine befallsmindernde Wirkung auf.

Wegen der gefallenen Niederschläge nimmt Alternaria-Befall verstärkt zu. Auf diesem Kartoffelblatt – Alternaria-Dürrflecken. (Bildquelle: Dr. Benker)

Aufgrund der gefallenen Niederschläge nimmt Alternaria deutlich zu, auch die Alternaria solani Dürrflecken sind jetzt zu finden. Deswegen steht jetzt die zweimalige Blockspritzung im vierzehntägigen Abstand mit Signum 0,25 kg/ha an. Für Sorten, die früher geerntet werden, ist die zweite Signum-Behandlung nicht mehr notwendig. Minderwirkungen von Signum bitte sofort dem Pflanzenschutzdienst oder den Pflanzenbau- und Pflanzenschutzberatern melden.

Kartoffeln – bei Quickdown Erntetermin beachten: In zahlreichen Beständen steht die Sikkation an. Mit dem Wegfall von Reglone stehen nur noch Quickdown und Shark zur Verfügung (Beloukha ist aufgrund des hohen Preises keine Alternative). Wichtig ist es hier, die Wartezeiten zu beachten. Bei Shark gilt eine Wartezeit von 14 Tagen. Die Anwendung von Quickdown muss bis 14 Tage vor der Ernte stattfinden. Die Wartezeit ist durch die Anwendungsbedingungen und/oder die Vegetationszeit abgedeckt, die zwischen Anwendung und Nutzung (etwa Ernte) verbleibt bzw. die Festsetzung einer Wartezeit in Tagen ist nicht erforderlich. Somit darf die Ernte frühestens 14 Tage nach der Anwendung von Quickdown erfolgen. Das ist zwar verwirrend, dennoch muss dieser Abstand unbedingt eingehalten werden.

Kartoffeln – Ethylen zur Keimhemmung: Neben dem Biofresh Safe­store wurde aktuell auch das Restrain-Verfahren zur Keimhemmung mit Ethylen zugelassen. Das Mittel Biofresh Safestore (Wirkstoff: Ethylen 999,99 g/kg, Zulassung bis 31. August 2023) ist mit 0,01 l/m³ zur einmaligen Behandlung des Erntegutes zugelassen. Die Anwendung vom Ethylen darf nur mit einem speziellen Gerät (Ethylene Management Unit) erfolgen, Vertrieb über die Firma Tolsma. Beim Restrain-Verfahren (Wirkstoff: Ethylen 900 g/kg, Zulassung bis 31. August 2023, Aufwandmenge 12,5 mg/m³) hingegen handelt es sich um ein gaserzeugendes Produkt. Das heißt, über ein spezielles Gerät (Restrain-Generator) wird Ethanol zu Ethylen umgewandelt. Die Firma Restrain bietet den Generator über einen Leasingvertrag bei Abnahme von Ethanol an.

Zu beachten ist, dass Ethylen sich bei einigen Sorten negativ auf das physiologische Alter, die Backfarbe und wohl auch auf den Geschmack der Knollen auswirken kann. Hierzu liegen aber keine eigenen Erfahrungen in NRW vor. Deswegen vorsichtig testen, auch wenn Ethylen deutlich günstiger ist als 1,4-Sight oder Biox-M. An der Versuchsstation Dethlingen in Münster sind für die kommende Lagersaison umfangreiche Sortenversuche mit Ethylen geplant. Diese neuen Ergebnisse liegen dann zur Auslagerung 2021 vor. Wer also sichergehen will, sollte diese abwarten.

Kartoffeln – Hinweis Paraffinöle in Pflanzkartoffeln: Wichtige Ergänzung vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in den Notfallzulassungen für die Paraffinölprodukte Olie-H und Promanal HP: „Aussortierte Pflanzkartoffeln können zu Lebens- und Futtermittelzwecken verwendet werden.“