Braune Fontänen, die im hohen Bogen aus dem Güllefass auf den Acker rieseln – dieses Bild hat sich bei vielen Bürgern festgesetzt. Es ist jedoch ein Bild von gestern. Nicht nur Gesetzgeber, sondern auch Landwirte selbst setzen inzwischen auf eine innovative und bodennahe Gülleausbringung.
Unseren Schwerpunkt zum Thema "Gülle: Umweltfreundlicher Dünger mit Konfliktpotential" finden Sie hier.
Schleppen oder Schlitzen
Aufgrund der zu hohen Ammoniakverluste von Breitverteilern darf Gülle auf Ackerflächen nur noch bodennah ausgebracht werden. Auf Grünland ist dies zwar erst ab 2025 vorgeschrieben, wird aber trotzdem vom Großteil der Landwirte bereits heute praktiziert. Zur bodennahen Ausbringung gehört neben der Applikation über Schleppschläuche und -schuhe auch der Einsatz von sogenannten Schlitzgeräten. Diese platzieren die Gülle nicht nur unter dem Pflanzenbestand, sie schneiden auch einen 3 bis 5 cm tiefen Schlitz in den Boden. Darin sammelt sich die Gülle und kann schnell versickern, sodass sie (fast) nicht mehr zu sehen und zu riechen ist. Der kraftzehrende Eingriff in den Boden und das hohe Gewicht von rund 4 t bei 15 m Arbeitsbreite erfordern jedoch den Einsatz stärkerer Schlepper. Mit maximal 18 m Arbeitsbreite ist das Schlitzen zudem weniger schlagkräftig als Schleppschläuche und -schuhe.
Zusätze binden Stickstoff
Ein weiterer Ansatz ist das Reduzieren des Güllegeruchs selbst. Die beiden Stickstoff-Formen Ammoniak und Ammonium sind in Gülle im chemischen Gleichgewicht. Wird der pH-Wert mithilfe von Säure gesenkt, verschiebt sich dieses Gleichgewicht und ein großer Anteil des gasförmigen Ammoniaks wandelt sich in Ammonium um. Dieses verflüchtigt sich nicht aus der Gülle. Zudem fördert eine Ammonium-lastige Düngung das Wurzelwachstum und damit auch die Aufnahme anderer Nährstoffe.
Neu ist auch das Verfahren, den Magnesium- und Schwefeldünger Kieserit in Gülle zu dosieren. Dies führt zu einer Ausfällung von Magnesiumammoniumphosphat (MAP), auch Struvit genannt. Dabei bilden sich Kristalle, die im Boden sehr stabil sind, aber deren Nährstoffe trotzdem pflanzenverfügbar sind. Sie kombinieren Phosphor mit dem für Pflanzen attraktiven Ammonium und bleiben wegen der geringen Wasserlöslichkeit bis zur Wurzelaufnahme geschützt im Boden. Die geringen Ammoniak-Verluste führen auch hier zur reduzierten Geruchsbelastung.
Weniger Lärm, mehr Schlaf
Der Geruch ist allerdings nicht die einzige Belastung für Anwohner. Auch der mit dem Gülletransport verbundene Lärm ist vielen ein Dorn im Auge. Deshalb setzen Landwirte hierfür immer häufiger auf zusätzliche Transportfässer ohne Applikationstechnik. Diese werden von Lkw oder Traktoren gezogen und sind für Straßenfahrten optimiert. Ein geringeres Leergewicht führt zu höheren Nutzlasten, sodass der Landwirt mit weniger Fahrten auskommt. Zudem sorgen schmale Reifen für einen reduzierten Kraftstoffbedarf und geringere Geräuschentwicklung.
Ganz ohne Transportfass kann das System „Verschlauchen“ auskommen. Hierbei wird die Gülle von einem zentralen Lager aus über Leitungen bis zum Acker gepumpt. Dort verteilt ein Schlepper mit angebauter Applikationstechnik die Gülle, ohne ein schweres Fass über den Acker ziehen zu müssen. Wegen des hohen Rüstungsaufwands lohnt sich diese Technik jedoch nur auf hofnahen oder großen, zusammenhängenden Flächen.
Hoher Preis für Landwirte
All die Technik, in die Landwirte für Geruchsminderung und höhere Düngeeffizienz investieren, hat ihren Preis. Die überbetriebliche Gülleausbringung mit Schlitzgeräten kostet je nach ausgebrachter Menge mindestens 0,50 €/m³ mehr als die gleiche Arbeit mit Schleppschläuchen. Hinzu kommt der deutlich erhöhte Kraftstoffbedarf, sodass für einen Betrieb mit 100 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche jährliche Mehrkosten von über 3000 € anfallen.
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