Gülle ist ein ein Zündstoff für Konflikte zwischen Landwirten und Landbevölkerung. Wir haben die drei häufigsten Vorwürfe im Faktencheck untersucht und stellen klar, was Sache ist.
Unseren Schwerpunkt zum Thema "Gülle: Umweltfreundlicher Dünger mit Konfliktpotential" finden Sie hier.
Vorurteile im Faktencheck
Vorurteil 1: Landwirte fahren nur nachts Gülle!
Vorurteil 2: Landwirte fahren viel zu viel Gülle!
Vorurteil 3: Landwirte nehmen keine Rücksicht im Straßenverkehr!
Vorurteil 1: Landwirte fahren nur nachts Gülle!
„Bauern fahren nachts Gülle, weil sie was verbergen wollen“ – dies ist einer der häufigsten Vorwürfe gegenüber Landwirten. Was steckt dahinter?
Faktencheck: Ja, Landwirte fahren nachts, aber nicht nur – sondern auch. Denn auch Landwirte haben gerne einmal Feierabend und bevorzugen ein gutes Verhältnis zu ihren Nachbarn. Doch das Zeitfenster zur Frühjahrsdüngung ist kurz, sodass die Tage allein häufig nicht ausreichen. Darüber hinaus hat die Düngung in der Nacht durchaus pflanzenbauliche Vorteile.
Vorurteil 2: Landwirte fahren viel zu viel Gülle!
„Das mit der Gülle wird immer schlimmer. Heute fahren die Trecker und Wagen die ganze Nacht durch!“ – so lautet ein Vorwurf, den die heimischen Landwirte häufig hören. Doch ist das tatsächlich so? Und was steckt dahinter?
Faktencheck: Die Ausbringung von „Wirtschaftsdünger mit wesentlichem Gehalt an Stickstoff“, wie die Gülle im Juristendeutsch heißt, ist an strenge Auflagen geknüpft. Die Details sind unter anderem in der Düngeverordnung geregelt. Für Gülle und Gärreste gilt beispielsweise ein mehrmonatiges Ausbringungsverbot bis einschließlich 31. Januar (in begründeten Ausnahmefällen auch Mitte Januar). Danach dürfen Landwirte ihre bewachsenen Schläge wieder mit Gülle düngen, allerdings erst nachdem sie zuvor den Bedarf der Pflanzen ermittelt haben und nur, wenn es der Bodenzustand zulässt. Wenn der Acker aber wassergesättigt, schneebedeckt oder gefroren ist, müssen Landwirte mit der Gülledüngung warten, obwohl die Lagerbehälter an den Viehställen bereits gut gefüllt sind und die Pflanzen die Nährstoffe wegen der beginnenden Vegetations benötigen. Die rechtlichen Auflagen rund um die Gülleausbringung schränken die dafür geeigneten Termine in einem Februar mit widrigem Witterungsverlauf jedenfalls extrem ein. Die Gülledüngung konzentriert sich dann auf wenige Tage, an denen die Güllegespanne verstärkt unterwegs sind. Das führt natürlich zu besonderen Belastungen aller Beteiligten.
Insgesamt gesehen hat sich in den meisten Regionen die Menge an Gülle allerdings nicht erhöht. Die Ausbringung erfolgt aber aus verschiedenen Gründen insgesamt in einem deutlich kürzeren Zeitfenster. Und das wirkt dann wie eine Mengensteigerung.
Vorurteil 3: Landwirte nehmen keine Rücksicht im Straßenverkehr!
„Die Bauern donnern mit ihren riesigen Traktoren und Güllefässern über die Feldwege. Sie nehmen keine Rücksicht auf Fußgänger und Radfahrer. Da wird einem angst und bange“ – ist ein weiterer Vorwurf an die Landwirte. Was steckt dahinter?
Faktencheck: Landwirte müssen sich genauso wie alle anderen an die Straßenverkehrsordnung halten und die erlaubt ihnen maximal 40 km/h auf der Straße. Auch ein ausreichender Abstand von 2 m sieht der Gesetzgeber vor. Und dann ist da noch die Straßenverkehrszulassung, die bestimmte Breiten und Längen für die Gespanne vorgibt. Das sind maximal 3 m Außenbreite für landwirtschaftliche Maschinen. Zugegeben, diese wirken riesig, sind aber in etwa genauso wuchtig wie ein normaler Lkw.
Dass Landwirte es mit dem Thema „Rücksicht“ auf die Bevölkerung und im Straßenverkehr ernst nehmen, zeigt der Bundesverband der Lohnunternehmer (BLU). Dieser gab mit seiner deutschlandweiten Initiative „Profis mit Rücksicht“ freiwillige Verhaltensregeln für Fahrer landwirtschaftlicher Maschinen heraus:
- Streckenführung: Neuralgische Punkte wie Schulen, Kindergärten oder Spielplätze werden möglichst gemieden genauso wie Verkehrsknotenpunkte im Berufsverkehr oder Bundesstraßen.
- Geschwindigkeit: Auf schmalen Straßen und Wegen sowie innerhalb von Ortschaften oder an engen Stellen maximal 30 km/h fahren, auch wenn 40 km/h erlaubt sind.
Auf Feld- und Wirtschaftswegen wird es für Radfahrer bzw. Fußgänger, die auf ihr Recht beharren, keinen Platz machen und Überholmanöver provozieren, natürlich eng. Ein vorausschauender Radfahrer bzw. Fußgänger weicht auf einen Damm, in eine Einmündung oder sofern möglich in den Seitenstreifen aus, sobald sich ihm ein Gespann von hinten oder vorne nähert. Der Schlepper kann nun langsam an ihm vorbeiziehen. Damit ist die Situation entschärft. Letztendlich haben alle Verkehrsteilnehmer so zu handeln, dass andere nicht in die Bredouille geraten.
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