In den vergangenen Jahren haben sich die Dürren gehäuft. Das haben auch Landwirte in NRW zu spüren bekommen. Dennoch ist nicht ganz klar, ob das schon das „neue Normal“ ist. In den kommenden Jahren ist es möglich, dass es nach der Periode mit häufigen Dürren wieder feuchtere Jahre gibt. Doch worauf müssen Grünlandbewirtschafter in NRW ihre Grasnarbe langfristig einstellen?
Mehr Dürre durch Wärme ...
Es gibt kaum weniger Regen im Sommer. Die Sommerniederschläge in Deutschland haben seit 1881 leicht, aber mit 11,2 mm nicht signifikant abgenommen. Außerdem lässt sich der Rückgang fast ausschließlich auf den Juli zurückführen. Entscheidender für die künftige Wasserverfügbarkeit ist daher eine andere Erkenntnis: Der langjährige Trend zeigt eindeutig, dass die Temperatur im Sommer ebenso gestiegen ist wie die Zahl der Wärme- und Hitzetage.
Denn für die Trockenheit des Bodens spielt nicht nur der Niederschlag eine wesentliche Rolle, sondern auch weitere Faktoren der Wasserbilanz – vor allem die Verdunstung. Diese hängt wiederum von der Strahlungsbilanz, der relativen Feuchte und der Windgeschwindigkeit ab. Höhere Temperaturen gehen meist mit geringer Bewölkung, trockenerer Luft und höherer Strahlung einher.
So steigt die Verdunstung und gleichzeitig erhöht sich die Wasseraufnahmefähigkeit der Luft: Mit jedem Grad Temperatur kann die Luft rund 7 % mehr Wasser aufnehmen (Lesen Sie hierzu auch das Interview mit Anderas Brömser, DWD, über den Link unten).
... und durch Entzug
Gleichzeitig setzt das Pflanzenwachstum bei höheren Temperaturen früher und intensiver ein, sodass die Pflanzen dem Boden mehr Wasser entziehen und die Reserven dadurch früher zuneige gehen. Auf dem Grünland findet die Phase des stärksten Biomassewachstums von Mitte April bis Anfang Juni statt. Das heißt, dass in dieser Phase auch die höchsten Wassermengen zum Aufbau von Biomasse benötigt werden.
Im Vergleich zu vielen Ackerkulturen hat Grünland einen hohen Transpirationskoeffizienten. Für das Wachstum von 1 kg Trockenmasse (TM) benötigt es – je nach Pflanzenbestand und Nährstoffversorgung – 600 bis 800 l Wasser. Ausgehend von täglichen Zuwachsraten von durchschnittlich 80 kg/ha TM in den 50 Tagen von Mitte April bis Anfang Juni besteht ein Wasserbedarf zwischen 240 und 320 l/m². Auf einen Tag heruntergerechnet sind das 4,8 bis 6,4 mm/m2. Dabei ist die natürliche, „unproduktive“ Bodenverdunstung noch nicht einmal berücksichtigt. Sie hält sich unter dichten Narben aber in Grenzen.
Relative Unsicherheit bleibt
Unterschiedliche Klimamodelle weisen nach wie vor auf große Unsicherheiten über die genaue Entwicklung des Klimas hin. Somit ist das, was wir unter anderem 2022 an Dürreintensität und -dauer hatten, nicht automatisch eine Blaupause für die Klimaentwicklung der kommenden Jahre und Jahrzehnte. Die Unsicherheit erschwert aber zielgerichtete Anpassungsstrategien für Grünland.
Das ist auch deshalb ein Problem, weil Maßnahmen der Risikominimierung und des Risikoausgleichs meist mit Investitions- und/oder Nutzungskosten verbunden sind. Durch das konsequente Umsetzen zielgerichteter, kurz- und mittelfristiger Maßnahmen können Bewirtschafter aber schon viel erreichen. Folgende Dinge können helfen, Wetterextreme – insbesondere Dürre –, besser abzupuffern und die Widerstandskraft der Nutzungssysteme zu verbessern.
Pflanzenbestände anpassen
- Gezielte und regelmäßige Nachsaaten helfen, produktive bzw. regenerationsfreudige Grünlandbestände zu etablieren.
- Hierzu sollten regionalspezifische Sortenempfehlungen beachtet ...
- ... sowie trockenheitsverträgliche Futterpflanzen wie Rotklee, Rohrschwingel, Knaulgras, Spitzwegerich und Zichorie im Rahmen von Sanierungsnachsaaten etabliert werden.
- Die Entwicklung artenreicherer Grünland-Bestände mit „funktionellen“ Gruppen und Sortenvielfalt führt zu besserer „Abpufferung“ gegen Wetterextreme.
- Eine Beweidung fördert die Entwicklung einer dichten, tragfähigen ausdauernden Narbe.
Nährstoffversorgung
- Die Grundnährstoffversorgung muss zu Standort und Nutzungsintensität passen. Gerade Kalium fördert die Trockenheitsresistenz.
- Optimale pH-Werte bzw. eine optimale Kalkversorgung verbessern Nährstoffverfügbarkeit, Bodenstruktur und Aggregatstabilität.
- Bei der Gülleapplikation sollten Landwirte bei Trockenheit und/oder hohen Temperaturen unbedingt vorsichtig sein. Hier kann es zu Verbrennungen und hohen Ausgasungsverlusten kommen.
- Die Düngung muss möglichst gut zum Vegetations- und Wachstumsverlauf passen.
- Bei Folgeschnitten müssen durch Trockenheit nicht in Biomasse umgesetzte Stickstoffmengen berücksichtigt werden.
Boden und Wasser
- Bodenverdichtungen sind mehr denn je zu vermeiden. Sie stören den Luft-Wasser-Haushalt und führen zu geringerer Wasserverfügbarkeit sowie eingeschränktem Wurzelwachstum.
- Mechanische Narbenverletzungen und offene Bodenstellen führen zu mehr unproduktiver Verdunstung und schaden so doppelt.
- Die regelmäßige Kontrolle des Grünlandes auf Mäuse und andere Schädlinge sowie die frühzeitige Bekämpfung/Prävention gewinnen an Bedeutung.
- Obwohl es oft nicht realisierbar ist: Eine Bewässerung gegen Grundfuttermangel ist denkbar.
Beweidungsmanagement
- Optimierte bzw. an die Witterung angepasste Weidesysteme erhöhen die Flächenproduktivität.
- Dazu gehört, dass Tiere nicht zu lange auf der Weide bleiben sollten. Hier ist das zeitige Zuteilen neuer Flächen oder auch das Zufüttern oft die bessere Alternative.
- Koppelweidesysteme und das Beweiden höherer Aufwüchse helfen beim Aufbau von Futterreserven für mögliche Dürren.
- Nutzung von geringen Herbstaufwüchsen durch Beweidung.
- Der Wechsel von Schnitt und Weide ermöglicht Regenerationsphasen für die Gräser und verbessert bzw. erhält so eine pflanzen- und futterbaulich wertvolle Grünlandnarbe.
Lesen Sie mehr: