Gemeinwohlprämie: Ein Gewinn für alle?

Rund um den Green Deal und die Eco-Schemes sind noch viele Fragen offen. Doch wie kann die Landwirtschaft Biodiversität fördern und gleichzeitig Ernährung sichern?

Im Vorfeld roch es nach einem lebhaften Schlagabtausch, doch in der Diskussion herrschte schnell Einigkeit: Die Gemeinwohlprämie kann eine Chance für Landwirte sein, mit Umweltleistungen Geld zu verdienen und das Image der Landwirtschaft zu verbessern. Darin waren sich Vertreter aus Landwirtschaft, Agrarchemie und Nicht-Regierungs-Organisationen im Wochenblatt-Fachgespräch einig.

Naturschutz ist kompliziert

Aus der Sicht von Dr. Jürgen Metzner, Geschäftsführer des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege gehört der hohe Bürokratieaufwand zu den größten Hemmnissen des landwirtschaftlichen Naturschutzes. Deshalb fordert er, dass sich „der Naturschutz nicht an die Verwaltung anpassen muss, sondern die Verwaltung an den Naturschutz“. So erreichten die Diskussionsteilnehmer, darunter Kristina Schmalor, Milcherzeugerin aus dem Sauerland, schnell den Konsens, dass die Auszahlung der Eco-Schemes über eine Gemeinwohlprämie Landwirte zum Umweltschutz motivieren könnte. Grund hierfür ist neben den betriebsindividuellen Wahlmöglichkeiten auch der mögliche positive Einfluss auf das Image der Landwirtschaft.

Biodiversität als Geschäft

Passend dazu sprachen sich über 50 % der während der Live-Veranstaltung befragten Zuschauer dafür aus, die Biodiversität als eigenen, wirtschaftlichen Betriebszweig anzusehen. Ein Ergebnis, das Prof. Dr. Uwe Latacz-Lohmann vom Institut für Agrarökonomie der Universität Kiel sogar noch deutlicher erwartet hätte: „Wenn Biodiversität bezahlt wird, dann produzieren wir sie“, lautet eine häufige Antwort seiner Studierenden auf diese Frage. Und aus diesem Grund sei auch der Begriff „Subventionierung“ zu überdenken, denn „der Staat bezahlt Landwirte in diesem Fall dafür, dass sie Leistungen für die Gesellschaft bereit stellen“.

Auch Dr. Metzner als Mit-Initiator der Gemeinwohlprämie spricht sich klar für die Biodiversität als Betriebszweig aus. Um die Landwirte mitzuziehen, müssen ihre Leistungen seiner Meinung nach so bezahlt werden, dass sie nicht nur Produktionsausfälle kompensieren, sondern tatsächlich einen wirtschaftlichen Nutzen schaffen.

Prämien in Intensivregionen

Doch während der Ausfall von Flächen zur Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse in Ackerbauregionen verhältnismäßig günstig zu kompensieren ist, werden Maßnahmen in intensiven Viehregionen bisher nicht einmal kostendeckend entschädigt, beschreibt Eberhard Hartelt, Umweltbeauftragter des DBV, die aktuelle Situation. Deshalb müsse die Nahrungsmittelproduktion das zentrale Element in der Betrachtung bleiben und die alleinige Verantwortung dürfe nicht nur bei der EU, dem Staat und den Landwiten liegen, sondern auch der Lebensmitteleinzelhandel habe eine hohe Verantwortung, Biodiversität regional und für Landwirte gewinnbringend zu bezahlen.

So ist es beispielsweise im BASF-Projekt „Lerchenbrot“ der Fall: Hier bauen Landwirte Weizen mit Biodiversitätsmaßnahmen an. „Dieser wird vermahlen und über eine Bäckerei mit einer Preisprämie, die an die Landwirte weitergegeben wird, vermarktet“, erklärt Michael Wagner, BASF Vice President Agricultural Solution Europa Nord. Doch steht die Agrarchemie nicht im Konflikt mit Biodiversität? „Natürlich hat es zunächst einmal negative Auswirkungen auf unser Geschäft, wenn weniger Fläche behandelt wird, doch das Wichtigste für unser Geschäft ist die Nachhaltigkeit“, erklärt Wagner, denn nur so blieben die landwirtschaftlichen Systeme lange erhalten.

Umsetzung noch offen

Generell zeichnete sich in der diskussion ab, dass Biodiversitäts-fördernde Maßnahmen regional zu bewerten sind, um Betrieben in ganz Deutschland gleiche Chancen auf die begrenzten Mittel der Eco-Schemes zu ermöglichen – zumal das Geld für die Eco-Schemes von der bisherigen Basisprämie abgezogen wird.Wie genau die Gelder verteilt werden und ob die von vielen gewünschte Gemeinwohlprämie kommt – das bleibt vorerst offen. Prof. Dr. Latacz-Lohmann befürchtet, dass sie an der – durch die vielen Wahlmöglichkeiten für Landwirte – schwierig abzuschätzenden Gesamtprämienhöhe politisch scheitert.