Neue Kulturen, stresstolerante Sorten, reduzierte Bodenbearbeitung: Die Landwirtschaft passt sich dem Klimawandel an. In extrem trocken-heißen Jahren sind dennoch Ertragsausfälle möglich. Versicherungen hiergegen wären attraktiv, sind aber noch nicht ausgereift und oft teuer. Warum ist das so?
Genauer und sicherer
Dieser Frage geht auch Prof. Dr. Tobias Dalhaus nach. Er beschäftigt sich an der Universität Wageningen mit dem Risikomanagement von Hitzeschäden in der Landwirtschaft. „Klassische Versicherungen wie die Hagelversicherung sind schadensbasiert. Bei Hitze- und Trockenschäden ist für Gutachter aber schwierig zu erkennen, woher der Schaden kommt“, beschrieb er das Problem auf der Mitgliederversammlung des Acker- und Saatbauvereins Münsterland e. V.
Entsprechend aufwendig und teuer sei die Begutachtung – auch weil bei Dürreschäden oft nicht klar sei, ob Bewirtschaftungsfehler den Stress verstärkt haben. So treten schnell Diskrepanzen zwischen der Auszahlung und dem tatsächlichen Schaden durch das versicherte Ereignis auf – das sogenannte Basisrisiko. Das wiederum reduziere die Akzeptanz und erhöhe die Kosten für Versicherer und/oder Landwirte.
Basisrisiko minimieren
Das Ziel von Dalhaus’ Forschung ist es daher, das Basisrisiko zu minimieren. „Hierzu benötigen wir vor allem exakte Daten zur Phänologie und Witterung in bestimmten Zeiträumen“, berichtet er. So könnten Landwirte ihre Bestände beispielsweise speziell gegen ein Dürreereignis während der Blüte, in der viele Kulturen besonders empfindlich sind, versichern. Daten zur Phänologie sind dank der Wetterbeobachter des Deutschen Wetterdienstes regionalspezifisch vorhanden. „Wenn wir dieses Wissen mit Wetterdaten sowie historischen Erträgen zusammenbringen, haben wir schon ein recht genaues Instrument zur Schadensbeurteilung“, so Dalhaus.
Gleichwohl ist ihm klar, dass der Niederschlag alleine keine Bewertung der Dürreintensität zulässt. So entwickle sich die Forschung dahin, den Versicherungen bestmögliche Daten zur tatsächlichen Bodenfeuchtigkeit oder zur Verdunstung der Pflanzen zur Verfügung zu stellen. „Neben den punktuellen Messungen, die der Deutsche Wetterdienst zum Beispiel für den Dürremonitor nutzt“, können Satelliten die Bodenfeuchte mittlerweile flächendeckend messen, erklärt Dahlhaus. Die europäische Raumfahrtagentur liefert entsprechende Daten, die der Satellit über die elektrische Leitfähigkeit des Bodens errechnet.
Ein Abgleich der Daten zur Bodenfeuchte mit denen zur Phänologie und historischen Ertragsdaten der Betriebe könnten Dürreversicherungen aufgrund des deutlich geringeren Basisfehlers und weniger aufwendigen Begutachtungen bald für die breite Masse attraktiv gestalten, blickt Dalhaus voraus.
Seine Forschungsergebnisse sollen den Versicherungen kostenlos zur Verfügung stehen.
Erst auf den Boden achten
„Bevor eine Dürreversicherung aber sinnvoll ist, müssen wir alles tun, um das Wasser auf dem Acker zu halten“, betont Dr. Konrad Egenolf von der Landwirtschaftskammer NRW. In diesem Zusammenhang rief er die Grundlagen der neuen Humustheorie in Erinnerung. Im Gegensatz zur herkömmlichen Unterscheidung in Nähr- und Dauerhumus zeigen neue Erkenntnisse, dass Humus einem ständigen Abbau durch mikrobielle Tätigkeit unterliegt. Vor diesem muss er bestmöglich geschützt werden, um das Wasserhaltevermögen des Bodens zu sichern, so Egenolf. „Das gelingt, wenn der organische Kohlenstoff (C) in stabilen Bodenaggregaten eingeschlossen oder als Ton-Humus-Komplex an Tonmineralien sorbiert vorliegt“, erklärt er. Das heißt: Die Calcium-Versorgung ist ein entscheidender Faktor, um die Aggregatstabilität, den Humusgehalt und damit das Wasserhaltevermögen zu erhalten.
Um gleichzeitig den ständigen Humusabbau auszugleichen, betont Egenolf die Bedeutung von Zwischenfrüchten und insbesondere massivem Wurzelwachstum: „Auf Ackerland tragen Wurzeln und deren Exsudate zu rund 50 % der Humusreproduktion bei.“ Im Mittel werden 46 % C aus Wurzeln zu Humus eingebaut – bei C aus dem Spross sind das nur 8 %.
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