Ackerbau im Klimawandel

Dürre im Sommer: Ist das jetzt normal?

Nach dem vierten Dürre-Sommer seit 2018 stellt sich diese Frage. Andreas Brömser vom Deutschen Wetterdienst (DWD) sagt, dass Böden trotz gleicher Regenmengen trockener werden.

Schlechte Erträge, Waldbrände und sogar zu niedrige Pegelstände für die Binnenschifffahrt prägten in diesem Jahr wieder die Nachrichten. Landwirte in weiten Teilen NRWs mussten ihren Beständen beim Vertrocknen zusehen. 2018, im ersten Dürrejahr seit 2003, schien diese Situation noch neu zu sein. Nun wiederholte sie sich so oder so ähnlich zum vierten Mal in fünf Jahren – und auch das sonst recht feuchte Jahr 2021 bot eine mehrwöchige Hitze- und Trockenperiode.

Herr Brömser, das Klima erwärmt sich schon länger. Woher kommt jetzt aber dieser plötzliche Umschwung von „normalen“ Sommern zu einer so langen Periode mit Hitze- und Trockenheits-Rekorden?

Tatsächlich sehen wir gerade im Frühling eine Häufung von extrem trockenen Frühjahren. Diese Häufung wird von den momentanen Klimamodellen so aber gar nicht abgebildet. Daher ist noch nicht klar, ob das nur eine kurzfristigere Klimaschwankung ist, die vielleicht nur zehn, zwanzig Jahre anhält, oder ob das ein langfristiger Trend ist. Wenn das so wäre, wäre es sicherlich noch ungünstiger, weil die Böden schon allein wegen der höheren Verdunstung trockener werden – auch bei gleichbleibender Regenmenge. Mit jedem Grad Temperaturanstieg verdunsten 7 % mehr Wasser.

Andreas Brömser ist Agrarmeteorologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD). (Bildquelle: Dr. Christina Koppe, DWD)

Und dann kommt noch ein zweiter Effekt hinzu: In einer wärmeren Atmosphäre ist mehr Energie vorhanden und darum wird der Wasserdampf schneller in Wolken und wiederum in Niederschläge umgesetzt.

Was heißt das für uns?

Das heißt für uns, dass es im Durchschnitt – wenn es regnet – stärker regnet als früher. Im Umkehrschluss heißt das aber: Bei gleichbleibender Regenmenge, von der wir ausgehen, wird es auch seltener regnen.

So kamen wohl auch die teils enormen regionalen Unterschiede 2022 zu Stande. Welche Regionen sind auf Dauer im Vorteil?

Auf regionaler Ebene können wir eher von einem gewissen Zufallseffekt sprechen. Ich kann mir vorstellen, dass das im nächsten Jahr schon wieder anders aussieht. Aber wie gesagt: Diese kräftigeren aber selteneren Regenfälle und damit auch eine Ungleichverteilung – das ist schon die Richtung, in die es geht.

Werden die Jahre 2018 bis 2022 denn eine Phase bleiben, mit der wir uns mit Schrecken zurück erinnern, oder sind Jahre wie dieses das „neue Normal“?

Jahre wie diese sind tatsächlich die Richtung, in die es mit dem Klimawandel geht und in Zukunft auch noch verstärkt gehen wird. Da kann man zwar keine Aussage für ein Einzeljahr treffen, aber generell ist es schon so, dass sich an der Summe der Niederschläge gerade in der Vegetationsperiode erstmal nicht viel ändert. Im Hintergrund haben wir aber die allgemein steigende Temperatur, auch schon in den vergangenen Jahrzehnten. Das Jahresmittel ist in den vergangenen 30 Jahren um etwa ein Grad gestiegen, was eine sehr große Veränderung in dieser kurzen Zeit ist – und eben die oben angesprochene, um 7 % erhöhte Verdunstung mit sich bringt.

Jahre wie dieses sind die Richtung, in die es mit dem Klimawandel geht.

Und das heißt dann: Damit der Boden im Schnitt genauso feucht bleiben würde, wie er vorher war, bzw. die Wasserversorgung der Pflanzen genauso gut, müsste es auch diese 7% mehr regnen. Aber genau das sehen wir eben nicht.

Gerade in der Vegetationsperiode hat die mittlere Bodenfeuchte in NRW deutlich abgenommen. (Bildquelle: DWD)

Die von den Klimamodellen prognostizierten Niederschlagsmengen in der Vegetationsperiode, also Frühling und Sommer, sollen in den nächsten Jahrzehnten relativ gleich bleiben. Nasse Jahre wie das Vergangene bleiben natürlich trotzdem möglich, die Wahrscheinlichkeit hierfür hat aber deutlich abgenommen und wird das weiter tun.

Wie können Landwirte auf die Trockenheit reagieren?

Vor allem indem sie alles tun, um den Regen, der noch fällt, möglichst gut zu nutzen. Das heißt, dass der Boden möglichst immer mit Pflanzen bedeckt sein sollte. So kann bei den häufiger auftretenden Starkregenereignissen möglichst viel Wasser in den Boden eindringen und fließt nicht oberflächlich ab, wobei es vielleicht noch Erosion verursacht.

Außerdem ist es aus meiner Sicht sinnvoll, gerade im Frühling bzw. immer wenn der Boden oberflächlich schon sehr trocken ist, nicht tief zu ackern. Denn so holt man natürlich die Restfeuchtigkeit aus tieferen Schichten nach oben, wo sie auch verdunsten kann.

Sie sagen, der Boden soll möglichst immer bedeckt sein. Wirkt eine Zwischenfrucht in der Zeit zwischen Ernte und Neuaussaat also positiv auf den Wasserhaushalt, obwohl diese auch Wasser benötigt?

Dazu gibt es auch von unserer Seite bzw. vor allem von den Kollegen der Außenstelle Leipzig Untersuchungen. Dabei stellen wir fest, dass das Ergebnis sehr stark vom Witterungsverlauf abhängt. Betrachten wir den gesamten Bodenwasserhaushalt, kristallisiert sich bisher aber kein klarer Trend heraus. Was das für das Bodenleben, die Bodenstruktur und Erosion bedeutet, ist natürlich eine andere Frage.

Nach den vorherigen Trockenjahren konnte sich er Wasservorrat im Winter zumindest in oberen Bodenschichten regenerieren. In diesem Jahr setzte sich die Trockenheit aber lange fort. Müssen Landwirte für 2023 noch schlechtere Bedingungen fürchten?

Naja, noch sind wir ja früh im Winter und die neuesten Niederschläge haben zumindest die Situation an der Oberfläche entspannt. Darüber hinaus haben die Winter-Niederschläge in den vergangenen Jahren tendenziell zugenommen und gleichzeitig ist die Verdunstung sehr gering. Von daher dürfen wir schon davon ausgehen, dass der Oberboden im Winter auch nach sehr trockenen Jahren weiterhin komplett aufgefüllt wird.

Wie die Ausgangssituation speziell für den Beginn der kommenden Vegetationsperiode ist, steht natürlich noch nicht fest, aber ich bin da recht optimistisch.

Trockenheitsrisse am 3. Mai 2022. Eine wärmere Atmosphäre kann mehr Wasser aufnehmen. Daher müsste es mehr regnen, um die Böden feucht zu halten. (Bildquelle: Osthues)

Dann wagen Sie doch mal einen Blick in die Glaskugel: Welche Prognosen bieten die Modelle für die kommenden Monate?

Zum jetzigen Zeitpunkt schon eine Prognose für den Winter zu geben, ist trotz der Jahreszeitprognose vom DWD sehr schwierig. Nach dieser soll der Winter insgesamt – über die drei Monate gemittelt – etwa ein halbes bis ein Grad zu mild ausfallen. Diese Vorhersage ist aber noch mit einer relativ großen Unsicherheit behaftet und sagt auch nicht wirklich etwas über den genauen Verlauf innnerhalb dieser drei Monate aus. Daher sind auch kurze, knackig kalte Phasen nicht ausgeschlossen.

Von den Niederschlägen her ist dagegen kein signifikanter Trend erkennbar. Dabei möchte ich aber auch betonen, dass die Niederschlags-Prognosen noch unsicherer sind als die für die Temperatur.

Ein warmer Winter mit wenig Frost und Schnee scheint seit einigen Jahren normal, sodass beispielsweise Ackerbohnen schon im Herbst gesät werden konnten – durchaus mit Erfolg. Können Landwirte auch in Zukunft darauf setzen?

Tendenziell können sie das schon tun. Die Winter sind – wie alle Jahreszeiten – milder geworden, wobei der Temperaturanstieg im Winter sogar noch ein bisschen stärker war als bei den anderen Jahreszeiten. Und dieser Trend nach oben wird sich auf jeden Fall auch in den nächsten Jahren fortsetzen. Im Durchschnitt werden die Schnee und Frosttage also weiter abnehmen.

Das schließt aber nicht aus, dass es noch mal einen relativ strengen Winter geben kann – oder eben auch mal eine strenge Frostperiode innerhalb eines zu warmen Winters. So haben wir es gerade in Westfalen ja erst im Februar 2021 noch erlebt.

Ackerbohnen können milde Winter gut überstehen und den Wachstumsvorsprung im Frühjahr nutzen. Das könnte in Zukunft häufiger gelingen. (Bildquelle: Osthues)

Wie sieht Ihrer Meinung nach denn ein normaler Witterungsverlauf im Jahr 2040 aus?

Von den Temperaturen her würde ich sagen: Im Durchschnitt ein halbes bis dreiviertel Grad wärmer, als wir es heute haben. Außerdem erwarte ich tendenziell einen etwas nasseren Winter und – vor allem durch die höheren Temperaturen bedingt – noch trockenere Böden im Frühling und Sommer.

Was bedeutet das dann für die Landwirte in NRW?

Für mich ist das Zentrale: Wasser wird wertvoller. Deshalb müssen Landwirte unbedingt dafür sorgen, dass möglichst viel Regenwasser in den Boden gelangt und auch möglichst lange dort bleibt und den Pflanzen zur Verfügung steht. Also kurz gesagt, dass man die unproduktive Verdunstung möglichst gering hält.

Zudem sollten aber auch beispielsweise trockenheitsresistentere Sorten und Kulturen eine größere Rolle spielen. Als große Flächenkultur der Zukunft in Deutschland deutet sich aktuell Soja an. Die Kultur breitet sich jetzt schon von Jahr zu Jahr relativ stark aus, wenn auch noch von sehr kleinen Flächenanteil ausgehend.

Apropros Soja: In NRW ist der Anbau bislang schwierig. Glauben Sie, dass das schon 2040 flächendeckend anders sein wird?

Ich würde sagen ja. Abgesehen von Hochlagen der Mittelgebirge gehe ich fest davon aus.

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