Nährstoffe aus Abwasser und Biomüll

Design-Dünger stößt auf Interesse bei Landwirten

Abwasser- und Biomüll-Recycling rückt in den Fokus der Wissenschaft. Auch Landwirte sind grundsätzlich offen für den Einsatz sogenannter Design-Dünger – sofern diese gewisse Bedingungen erfüllen.

Landwirte würden neuartigen Dünger aus Bioabfall und Haushalts-Abwasser einsetzen – wenn die Schadstofffreiheit garantiert ist. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Hohenheim. Denn die Sorge vor Kontaminationen stellt das wichtigste Hindernis dar. Bei einem Teil der 206 Befragten würde ein Preisnachlass die Kaufbereitschaft fördern.

Bis sich die praktische Umsetzung etabliert, sind daher noch viele Fragen wissenschaftlich und politisch zu klären.

Nährstoffe im Abwasser

Angesichts zunehmender Energie- und Ressourcenknappheit wird die künftige Landwirtschaft verstärkt auf Düngemittel zurückgreifen müssen, deren Herstellung keine fossilen Ressourcen benötigt, heißt es in einer Mitteilung der Universität. Die Erzeugung von mineralischen Recycling-Düngern aus häuslichem Abwasser und Küchenabfällen sei hierbei ein vielversprechender Ansatz. Denn elementare Pflanzennährstoffe wie Stickstoff und Phosphor können daraus zurückgewonnen werden.

Wie dieser Ansatz praktisch umgesetzt werden könnte, untersuchen Wissenschaftler zur Zeit im Rahmen des Verbundprojektes „Agrarsysteme der Zukunft: RUN – Nährstoffgemeinschaften für eine zukunftsfähige Landwirtschaft“ unter Federführung der Universität Stuttgart. Das Kürzel RUN steht hierbei für Rural Urban Nutrient Partnership.

Aus technischer und ökologischer Sicht gilt das Nährstoffrecycling aus häuslichen Abwässern gemeinsam mit Bioabfällen aus der Küche als vielversprechender Weg zur Gewinnung nachhaltig produzierter Mineraldünger. Da diese Dünger an die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Betriebe angepasst werden könnten, bezeichnen die Projektbeteiligten sie als „Design-Dünger“.

Direktvermarkter vorsichtig

Die Produktion solcher Dünger ist aber nur dann zielführend, wenn sie bei möglichen Abnehmern – in erster Linie Landwirten – auf breite Akzeptanz stoßen. Welche Eigenschaften sie hierfür mitbringen sollten, untersuchten die Forschenden unter Leitung des Agrarökonomen Prof. Dr. Christian Lippert.

In einem sogenannten Auswahlexperiment mussten sich die Befragten mehrfach jeweils für einen von drei beschriebenen Mineraldüngern mit unterschiedlichen Eigenschaften entscheiden. So konnten die Forschenden die Zahlungsbereitschaft für entsprechende Düngemittel erstmals auf breiter wissenschaftlicher Basis abschätzen. Dabei sei aufgefallen, dass die Einstellung der Praktiker gegenüber Design-Düngern sehr unterschiedlich sei, was sich zum Teil mit den betrieblichen Gegebenheiten erklären lasse, erklärte Prof. Dr. Lippert. So stellten die Forschenden vor allem bei Betrieben, die ihre Erzeugnisse direkt vermarkten, deutlich größere Vorbehalte fest. Als Hauptproblem sei dabei die Herkunft der Nährstoffe aus Siedlungsabwasser.

Oft kaum Vorbehalte

Bei Landwirten ohne Direktvermarktung zeigten sich den Forschern zur Folge zwar im Durchschnitt auch leichte Vorbehalte gegenüber den neuartigen Düngern, sie würden sie aber mit einem Preisnachlass von etwa zehn Prozent akzeptieren.

Fossile Mineraldünger stehen in der Kritik, gleichzeitig landen Nährstoffe aus Kläranlagen in Gewässern. Das soll sich ändern. (Bildquelle: Richard)

Dagegen würden Betriebsleiter, die Pflanzen zur Futter- und Energieerzeugung anbauen Design-Dünger auch ohne Preisnachlass akzeptieren.

Die anpassbare Nährstoffzusammensetzung sowie eine konstante Lieferbarkeit wirken zudem verkaufsfördernd.

Problem Schwermetalle?

Falls die Schwermetallgehalte der neuen Design-Dünger deutlich unter den gesetzlichen Grenzwerten für Düngemittel lägen, „scheint es sogar Landwirtinnen und Landwirte zu geben, die bereit sind, mehr zu zahlen als für entsprechend belastete, konventionelle Dünger“, wird Prof. Dr. Lippert zitiert. Dies sei ein Pluspunkt für die aus Abwasser gewonnenen Phosphatdüngemittel: Sie sind tendenziell geringer mit Schwermetallen belastet als herkömmliche Mineraldünger auf Basis von Rohphosphat aus fossilen Lagerstätten.

Dagegen sinke die durchschnittliche Zahlungsbereitschaft für Düngemittel erheblich, wenn mit Medikamentenrückständen oder anderen organischen Schadstoffen gerechnet werden müsste. Eine garantierte Schadstofffreiheit ist daher von entscheidender Bedeutung für die Akzeptanz des Agrarsektors, in Zukunft aus Abwässern und Küchenabfällen gewonnene Düngemittel in großem Umfang einzusetzen.

Politik ist gefragt

Ein kostendeckendes, dezentrales Phosphor-Recycling aus Abwasser erscheint ohne zusätzliche finanzielle Unterstützung derzeit kaum möglich, berichten die Experten. Der Preisnachlass, den Landwirte für Design-Dünger erwarten, deute ebenfalls auf die Notwendigkeit von Subventionen hin. Andererseits haben Versorgungsengpässe und explodierende Energiepreise ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Versorgungssicherheit aufkommen lassen. Dies könnte in Zukunft Anreize für Recycling-Dünger schaffen.

Zudem könnte das Schaffen von Qualitätsstandards und eines vertrauenswürdigen Labels Design-Dünger fördern, meinen die Wissenschaftler. „Auf diese Weise würden die politischen Entscheidungstragenden das Vertrauen der Landwirte in ein Recycling-Produkt stärken, das das Potenzial habe, zu einem nachhaltigen und kreislauforientierten Landwirtschaftssystem beizutragen“, so Prof. Dr. Lippert.

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