Im Jahresverlauf gibt es Wetterlagen, die zu einem bestimmten Zeitabschnitt mit großer Wahrscheinlichkeit auftreten. Solche Erscheinungen nennt man Singularitäten, wie beispielsweise die „Eisheiligen“, der „Siebenschläfertag“ oder das „Weihnachtstauwetter“. Auch die sogenannte „Schafskälte“ gehört zu den Singularitäten. Merkmal der Schafskälte ist ein kühler Witterungsabschnitt, der häufig Mitte Juni mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 80 % eintritt. Der Name „Schafskälte“ hat seinen Ursprung darin, dass traditionell die Schafe zu dieser Zeit bereits geschoren waren, so dass Kaltlufteinbrüche für die frisch „rasierten“ Schafe ziemlich unangenehm und für schwache Tiere sogar gefährlich werden konnten. Die Schur von Muttertieren und Lämmern erfolgte daher oft später. Ihre Ursache haben die Kaltluftvorstöße in der unterschiedlich schnellen Erwärmung von Landmassen und Meerwasser. In 55 % der Fälle geht die „tierische Kälte“ zudem mit unbeständigem und regnerischem Wetter einher, so dass der Temperaturrückgang besonders krass ausfällt.
Die „Schafskälte“ lässt sich auch in unseren Klimastatistiken wiederfinden. In der nebenstehenden Grafik sehen Sie die Kurven der über die vergangenen 30 Jahre gemittelten Tagesmitteltemperaturen (Zeitraum 1991 bis 2020) für die Wetterstationen Essen-Bredeney und Münster/Osnabrück. Anstelle einer stetig ansteigenden Temperaturkurve, wie man sie für den ersten Sommermonat erwarten würde, zeigen sich mehrere Temperatureinbrüche, die zur Monatsmitte besonders markant ausfallen. In diesem Jahr gab es sowohl am 6. Juni, als auch am 13. Juni einen leichten Temperatureinbruch, im Vergleich zu den jeweils vorangegangenen und nachfolgenden Tagen. Anstelle der „Schafskälte“ gab es zur Monatsmitte „Bullenhitze“: erstmals in diesem Jahr kletterten die Tageshöchsttemperaturen auf Werte über 30 °C. Am Wochenende gehen die Temperaturen zunächst nur leicht zurück, bevor es in der kommenden Woche noch etwas kühler werden könnte – die Details hierzu sind allerdings noch offen.
