Sattgrüner, dichter Weizen, dank schwerer Böden eine noch ausreichende Wasserversorgung. Der Weizen auf der Fläche in Coesfeld steht gut, die Aussicht auf einen Ertrag von 10 t/ha oder mehr ist berechtigt.
Doch bei genauerem Hinsehen fallen zwischen dem Weizen erste Ackerfuchsschwanz-Ähren auf. Je weiter es in die Fläche hinein geht, desto mehr Ungräser sind zu sehen. Einige haben erst drei Blätter, einige bestocken sich stark, andere sind sogar schon in der Vollblüte.
Erfolg auf wackeligen Beinen
„Als wir die Fläche vor gut fünf Jahren übernommen haben, stand hier stellenweise mehr Ackerfuchsschwanz als Getreide“, berichten die Bewirtschafter Klaus Schulze Hüning und Jochen Rickert beim Wochenblatt-Feldrandgespräch. Bernhard Wiesmann, Pflanzenbauberater der Landwirtschaftskammer Coesfeld, kennt den Schlag schon seit über 20 Jahren und berichtet von einem Besatz von bis zu 700 Pflanzen/m².
Aus diesem Grund bauten die Landwirte hier für fünf Jahre Kleegras an, das ein Milchviehbetrieb vier bis fünf Mal im Jahr geschnitten hat. So konnte das Ungras nicht zur Samenreife gelangen. Um zu verhindern, dass die Pachtfläche den Ackerstatus verliert, war es im vergangenen Herbst notwendig, den Aufwuchs abzutöten.
Die Weizenaussaat erfolgte per Direktsaat, um mit der Bodenbearbeitung keine alten, tiefer liegenden Ungrassamen wieder an die Oberfläche zu holen. „Die Landwirte haben hier im Prinzip alles richtig gemacht“, meint Günter Klingenhagen, Herbizid-Experte der Landwirtschaftskammer NRW. „Den Besatz von einem so extremen Wert auf rund 5 bis 10 Pflanzen/m² zu senken, ist schon ein großer Erfolg.“
Dennoch: Der Ackerfuchsschwanz ist da, und zeigte keinerlei Reaktion auf die Applikation von Atlantis Flex in Kombination mit SSA. Waren die fünf Jahre vollkommen umsonst?
Besatz gering halten
Steht auf einer Fläche oder Teilfläche viel zu viel Ackerfuchsschwanz – so wie vor fünf Jahren auf dieser Fläche –, empfiehlt Klingenhagen, den Bestand zu mulchen oder für eine Biogasanlage zu häckseln. Gerade das Mulchen muss aber unbedingt vor der Blüte des Ungrases passieren, weil Ackerfuchsschwanzsamen schon kurz nach der Blüte keimen können bzw. auch von der Restpflanze getrennt noch abreifen können.
Auf Rickerts und Schulze Hünings Fläche sind die Experten dagegen noch zuversichtlich, dass das Samenpotenzial nach der Weizenernte im Griff behalten werden kann. Wie das funktioniert, war das Thema des Tages.
Einig sind sich alle Beteiligten in dem Punkt, dass der Boden nach der Weizenernte nicht bewegt werden darf. Durch die vielen Schrumpfrisse im Boden sei es zwar ohnehin unmöglich, alle Samen auf der Bodenoberfläche zu behalten, doch eine Bearbeitung würde tiefer liegende Samen aus den Vorjahren wieder an die Oberfläche bringen. Auch der Striegel würde Samen zusätzlich in die Risse schieben.
Dabei sollte das Stroh unbedingt auf der Fläche bleiben, um einerseits Verdichtungen durch die Strohbergung zu verhindern und andererseits den Boden zu bedecken und die Aktivität von Lebewesen zu fördern, die die Ackerfuchsschwanzsamen im besten Fall fressen oder zersetzen.
„Mit Herbiziden düngen“
„Ist bekannt, dass Ackerfuchsschwanz gegen einen bestimmten Wirkstoff resistent ist, sollte man den Einsatz dieses Herbizids unbedingt vermeiden“, warnt Günter Klingenhagen. Hierbei verschenke man nicht nur Geld und Ertrag. Durch das Ausbremsen des Getreides stärke man auch die Konkurrenzkraft des Ungrases zusätzlich.
Zudem sei in Versuchen aufgefallen, dass resistente Pflanzen nach der Applikation des entsprechenden Wirkstoffs tatsächlich noch agiler werden: „Es wirkt dann so, als hätte man den Ackerfuchsschwanz mit einem Blattdünger statt einem Herbizid besprüht“, so der Experte.
Raps, Getreide oder Mais?
„Im Moment überlege ich, im Sommer Raps in Direktsaat anzubauen, um mit anderen Wirkstoffen gegen den Fuchsschwanz vorgehen zu können“, sagt Schulze Hüning. Ist das die beste Alternative?
Für den Rapsanbau sei ein Resistenztest zuvor unbedingt notwendig, erklärt Klingenhagen: „Nur wenn frühe Herbizide wie Focus Ultra noch wirken, ist Raps überhaupt eine Alternative.“ Wirken die Mittel nicht mehr, überwächst das Ungras den Raps schon vor dem Kerb-Termin im Spätherbst bzw. Winter. Ist keine sichere Wirkung gegeben, kann Raps regelrecht zur „Fuchschwanz-Vermehrungs-Kultur“ werden, so Wiesmann: „Ackerfuchsschwanz liebt frühe Saattermine und er liebt Dünger.“ „Zudem sind die Direktsaat-Schlitze oft richtige Autobahnen für Schnecken“, ergänzt Klingenhagen. Fraßschäden reduzieren die Konkurrenzkraft der Kultur zusätzlich.
Unter diesen Voraussetzungen und vor allem bei einer Resistenz gegen die frühen Raps-Graminizide ist Getreide die bessere Wahl, sind sich die Berater der Landwirtschaftskammer einig. „Gerade die sehr späte Saat ist für mich der Schlüssel gegen Ackerfuchsschwanz“, betont Klingenhagen. Dennoch ist dem Weizen in diesem Fall Triticale vorzuziehen.
Triticale spät im Herbst
Versuche haben demnach gezeigt, dass Triticale eine Bodenbeschattung erreicht, die nicht viel schlechter ist als die von Gerste und Roggen. „Weizen dagegen schneidet je nach Sorte rund 30 bis 40 % schlechter ab“, so Klingenhagen. Eine Saat um den 20. Oktober könnte verhindern, dass Ungräser aus dem wenigen von der Direktsaatmaschine bewegten Boden aufläuft. Zusätzlich sollte die Maßnahme trotz Mulchauflage mit einem Bodenherbizid wie Herold abgesichert werden.
„Gerade in nassen Jahren haben wir auf diesen Standorten aber häufig Schwierigkeiten, noch so spät auf den Acker zu kommen“, geben die Landwirte zu bedenken. „Auch meine Direktsaat-Maschine funktioniert auf trockenem Lehm sehr gut, bei hoher Bodenfeuchte drücken die Säscheiben den nassen Boden aber auseinander, um die Rillen anschließend wieder zusammenzupressen“, erklärt Martin Klümper, der die Fläche im vergangenen Jahr mit seiner Maschine bestellt hat. Ein optimales Saatbett sehe natürlich anders aus.
Auch wenn es kurios klingt: Da man die Bedingungen im Spätherbst Wochen zuvor noch nicht absehen kann, ist es Klingenhagen zur Folge nicht die schlechteste Option, die Triticale unter guten Bedingungen um Mitte Oktober zu säen. Sollten sich wider Erwarten Ende Oktober bis November noch gute Saatbedingungen ergeben – auch mit Frost – könne man die junge Triticale mit Glyphosat abtöten, um anschließend neu auszusäen. Diese Maßnahme würde auch eventuell aufgelaufenen Ackerfuchsschwanz erfassen.
Als Saatstärke empfehlen die Experten rund 550 Körner/m², um einerseits den verminderten Auflauf im Spätherbst und andererseits die Verluste durch das Bodenherbizid auszugleichen.
Risiken bleiben bestehen
Wie schon für den kommenden Sommer, empfehlen die Experten auch für den Sommer 2023, das Getreidestroh zu häckseln. Dabei betonen sie die Bedeutung der ackerbaulichen Grundlagen: Eine bestmögliche Strohverteilung und das Vermeiden von Fahrspuren. Dies ist die Voraussetzung, um eine konkurrenzstarke Zwischenfrucht, die Ungräser und Ausfallgetreide konsequent unterdrückt, anzubauen.
Gerade mit Blick auf die Tatsache, dass zur Maisaussaat 2024 bereits zu befürchten ist, dass Glyphosat nicht mehr zur Verfügung steht, kommt der Zwischenfrucht eine besondere Bedeutung zu.
Wochenblatt-Feldrandgespräche
Haben Sie auch einen Acker, den wir genauer unter die Lupe nehmen sollten? Dann melden Sie sich bei uns. Die Feldrandgespräche sollen Acker- und Grünlandflächen unserer Region zeigen, wie sie sind – den Auftakt finden Sie in Ausgabe 14/2022 ab Seite 26 oder über den Link unten. In unregelmäßigen Abständen wollen wir uns am Feldrand treffen, um acker- und pflanzenbauliche Maßnahmen mit Landwirten und ihren Beratern zu diskutieren, bevor wir den Abend mit von uns mitgebrachten Kaltgetränken am Grill ausklingen lassen. Von diesem fachlichen Austausch profitieren auch unsere Leser.
Ist es dann möglich, den Mais ebenfalls in Direktsaat – wenn möglich, nach Glyphosat – zu etablieren, stehen Wirkstoffe zur Verfügung, gegen die keine Resistenz des Ackerfuchsschwanzes zu erwarten ist. Bezüglich der Sortenwahl schlägt Thomas Weitkamp, der in der Nachbarschaft auf ähnlich Ackerfuchsschwanz-gefährdeten Böden wirtschaftet und das Ungras mit einem hohen Maisanteil in der Fruchtfolge fernhält, vor, sogenannte Duo-Mais-Sorten anzubauen. Hier ist es möglich, Focus Ultra, das gegen Ackerfuchsschwanz sehr gute Wirkungen erzielt, einzusetzen. Diesen Vorschlag hält auch Wiesmann für sinnvoll: „In den Versuchen haben wir festgestellt, dass die Duo-Mais-Sorten nur rund 5 bis maximal 10 % weniger Ertrag bringen. In einigen Jahren sind sie sogar gleichauf mit anderen Sorten.“
Nach der CCM-Ernte wird ein erneuter Maisanbau erlaubt sein, wenn dieser als Silomais genutzt wird, um den verpflichtenden Fruchtwechsel einzuhalten. So können Rickert und Schulze Hüning die Mulchauflage aus Maisstroh über den Winter liegen lassen und im Frühjahr 2025 erneut Mais – mit all seinen Vorzügen gegen Ackerfuchsschwanz – anbauen.
Dennoch: Fällt die Zulassung von Glyphosat oder passt nur einmal das Wetter nicht, sodass sich eine (Zwischen-)Frucht nicht etabliert oder passiert etwas anderes Unvorhergesehenes, wird sich der Ackerfuchsschwanz auf der Fläche wieder ausbreiten.
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