Nicht mehr im, sondern über dem Getreide steht auf vielen Schlägen mittlerweile Ackerfuchsschwanz, vor allem in den schwierigen Regionen ist es mehr denn je. Dabei hatte es so gut angefangen. Nicht direkt im Herbst, da waren die Bedingungen für Bodenherbizide wie Herold SC eher schlecht. Zudem war es so warm, dass das Ungras auch im Dezember aufgelaufen ist. Erst mit zunehmender Nässe und den Schneeauflagen im Januar und Februar haben die Wirkstoffe nachgezogen.
Herbstspritzung wirkte gut
Im März lagen die Wirkungsgrade in Versuchen oft oberhalb von 90 %. Werte, die Bodenherbizide auf tonigen Standorten selten erreichen. Die Wirkung war letztlich so gut, dass bei Kontrollgängen im Frühjahr auf vielen Schlägen kein Ackerfuchsschwanz mehr zu finden war. Auf milderen Standorten sind die Flächen sauber geblieben, nur vereinzelt sind Trespen zu sehen. Es gibt aber viele Flächen, auf denen jetzt unerwartet viele Ackerfuchsschwanzähren das Getreide überragen. Im Frühjahr wurde der Ackerfuchsschwanz übersehen.
Fuchsschwanz plötzlich da
Eine Situation, die wohl jeder kennt, der ausgangs Winter Flächen kontrolliert. Man findet nichts, entscheidet sich gegen eine Nachbehandlung und ärgert sich im Sommer.
Es kommt hinzu, dass Pflanzen mit Platz sich stärker entwickeln. In Kontrollvarianten mit 100 und mehr Fuchsschwanzpflanzen je m² bildet eine Pflanze etwa vier Ähren. In den behandelten, wo von den 100 noch 10 stehen geblieben sind, bildet eine Pflanze eher zehn Ähren. Von den 90 % Wirkung im Frühjahr bleiben dann im Sommer noch 75 % übrig. Dieser Effekt ist derzeit auch in der Praxis zu sehen. Eine Pflanze, die man im Frühjahr eventuell noch toleriert hat, macht derzeit mit zehn und mehr Ähren einen ganz anderen Eindruck. Zu Recht, denn zehn Ähren bedeuten 2000 neue Samen.
Auf Ton viel Neuauflauf
Auf tonigen, rissigen Böden ist es zu Neuauflauf im Frühjahr gekommen. Dies ist aber nicht der Hauptgrund für das aktuelle Bild.
Wo Nachbehandlungen durchgeführt wurden und die Mittel noch wirken, sind die Schläge sauber. Dies gilt auch für frühe Behandlungen im Februar (etwa mit Atlantis OD). Selbst Herbstbehandlungen zum 2- bis 3-Blatt-Stadium des Ackerfuchsschwanzes (etwa mit Niantic) haben sehr gut funktioniert. Über eine Dauerwirkung gegen Ackerfuchsschwanz verfügen diese Mittel nicht. Somit hat Neuauflauf auf diesen Schlägen keine Rolle gespielt.
Neuauflauf war und ist immer noch dort zu beobachten, wo der Boden nicht bewachsen ist bzw. wo bei lückigen Beständen zu viel Licht am Boden ankommt. Je nach Samenmenge im Boden ist Neuauflauf zu sehen. Noch schlimmer ist es dort, wo etwa Wildschweine Boden bewegt haben. Diese neu aufgelaufenen Pflanzen prägen aber noch nicht das aktuelle Bild.
Drei mögliche Erklärungen
Im Grundsatz gibt es vereinfacht derzeit drei Situationen:
- Der Ackerfuchsschwanz wurde übersehen und folglich nicht behandelt, es gibt Ackerfuchsschwanz, aber keine Massen. Nicht schön, aber es ist noch kein grundlegendes Problem eingetreten.
- Man hat an den falschen Stellen geschaut und es gibt Teilbereiche mit massivem Besatz. Die Pflanzen sind nicht zwangsläufig resistent, aber es werden Millionen von Samen gebildet (10 Pflanzen = 100 Ähren = 20 000 Samen je m² = 200 Mio. Samen je ha). Man geht davon aus, dass die Chance, auf eine resistente Pflanze zu treffen, bei den ALS Hemmern bei 1 : 1 Mio. liegt. Würden alle Samen keimen, wären 200 dabei, die gegenüber Produkten wie Atlantis resistent sind. Das heißt, selbst wenn Atlantis noch nie eingesetzt worden wäre, ist es ratsam, diese Teilflächen zu eliminieren.
- Trotz Nachbehandlung stehen noch viele Pflanzen auf dem Feld oder es schimmert sogar hellbraun. Die Anzahl der Flächen, wo Blattherbizide nicht mehr ausreichend wirken, nimmt stetig zu. Auch hier kann man noch argumentieren, dass die Ungräser zum Behandlungszeitpunkt zu groß waren, dass die Luftfeuchte zu gering, die Düse zu grob, das Wasser zu hart oder die Mischungsreihenfolge nicht die richtige war. Alles Punkte, die Einfluss auf die Wirksamkeit haben und die es zu optimieren gilt. Dennoch, es wird in vielen Fällen so sein, dass Pflanzen, die eine Behandlung mit Atlantis OD, Atlantis Flex, Niantic, Broadway, Avoxa, Axial 50, Traxos oder Sword überlebt haben, resistent gegenüber den Wirkstoffen sind.
Die Übersicht zeigt beispielhaft Ergebnisse von Resistenzuntersuchungen aus dem vergangenen Jahr. Inwieweit die Population auf dem eigenen Schlag noch empfindlich ist, kann man anhand von Randbehandlungen oder Spritzfenstern (meist zufällig) sehr gut beurteilen. Um zu sehen, welche Wirkstoffe in anderen Kulturen noch wirken, empfiehlt es sich, eine Samenprobe zu nehmen und auf Resistenz prüfen zu lassen. Entsprechende Untersuchungen bietet etwa die Firma Agris 42 an.
GPS ernten oder mulchen
Wo die Möglichkeit besteht, sollte der Aufwuchs als GPS geerntet werden. In der Biogasanlage werden die Samen bei einer Verweildauer von mehr als drei Tagen sicher abgetötet. Dass es in der Praxis auch andere Erfahrungen gibt, liegt wohl daran, dass aufschwimmende Samen den Behälter zu schnell wieder verlassen.
Ist dies nicht möglich, sollten Befallsnester abgemulcht werden, bevor der Samen keimfähig ist. Dies ist nach der Blüte schnell der Fall und so ist es gut, dass schon mit entsprechenden Maßnahmen begonnen wurde. Optimalerweise läuft der Mulcher im Frontanbau. Nach zwei bis drei Wochen ist eine Wiederholung notwendig. Auf bis maximal 20 % eines Schlages können Maßnahmen zum Teil über die Anlage von Bejagungsschneisen und Biodiversitätsstreifen durchgeführt werden. Dies ist der zuständigen Kreisstelle der Landwirtschaftskammer vorab anzuzeigen. Hier findet sich das entsprechende Formular.
Dann Striegel und Mulcher
Dort wo es nicht möglich/sinnvoll ist, den Bestand zu entfernen, stellt sich die Frage, wie man mit dem produzierten Ungrassamen umgehen will, der je nach Vorgeschichte mehr oder weniger resistent gegenüber Herbiziden ist. Man weiß, dass von dem jetzt gebildeten Samen nur etwa 10 % in diesem Jahr keimen werden. Diese Rate lässt sich auch durch den Einsatz von Strohstriegeln nicht wesentlich steigern. Sie haben aber im Vergleich zu Grubbern oder Scheibeneggen den Vorteil, dass die Samen nicht verschüttet werden. Ein Verschütten der Samen führt zur sekundären Keimruhe. Sie keimen dann bei passenden Bedingungen erst in Folgejahren.
Die Bodenbearbeitung nach der Ernte bringt in erster Linie alte Samen zum Auflauf. Will man die neuen Samen nicht dem Bodenvorrat hinzufügen, muss man sie behandeln wie Ausfallraps. Mulchen und Striegeln geht, alles andere lässt man besser.
Nach Drusch acht Stunden
Untersuchungen aus Dänemark haben gezeigt, dass Ackerfuchsschwanzsamen, der ein Jahr an der Bodenoberfläche verbleibt, nicht mehr keimfähig ist. Wird der Samen hingegen mit Boden bedeckt und seien es nur 2 cm, sinkt die Abbaurate auf 50 %.
Vor diesem Hintergrund sind Betriebe dazu übergegangen, direkt nach der Ernte Zwischenfrüchte in die Stoppel einzuschlitzen. Zu diesem frühen Termin keimt Ackerfuchsschwanz noch nicht. Wenn die Drille bis acht Stunden nach dem Drescher läuft, bestehen gute Chancen, dass die Zwischenfrucht das Ausfallgetreide überwächst. Der Ratschlag kommt von einem Landwirt, der das System schon einige Jahre nutzt. Es kann auch noch nach zwei Tagen funktionieren, aber die Sicherheit nimmt mit jeder Stunde ab.
Bei Strohabfuhr funktioniert das Ganze kaum noch. Selbst wenn das Stroh schnell geräumt wird, entwickelt sich im Schwadstreifen die Zwischenfrucht nicht ausreichend. Unter der Zwischenfrucht sorgen dann Kleinklima und Bodenfauna für die Zersetzung der Samen. Ob diese schon im Frühjahr, zur Saat der Sommerung, ausreichend zersetzt sind, ist nicht untersucht. Es lassen sich zu diesem Zeitpunkt aber kaum noch heile Samen finden. Optimalerweise würde man auch die Sommerung ohne Bodenbearbeitung einschlitzen. Dies wird aber aufgrund von Fahrspuren oder der Notwendigkeit einer organischen Düngung nicht immer möglich sein. Der Verzicht auf Bodenbearbeitung im Herbst bietet aber die beste Möglichkeit, den frischen Samen schnell wieder loszuwerden.
Alternativ Pflügen, aber...
Eine tiefe, saubere Pflugfurche kann auch ein Weg sein. Besonders dort, wo lange Jahre nicht gepflügt wurde. Diese wird möglichst zügig nach der Ernte durchgeführt. Das Stroh wird vorab abgefahren oder mithilfe von Strohstriegel/Mulcher so zerkleinert/verteilt, dass Strohmatten durch das Pflügen vermieden werden. Danach wird das Saatbeet alsbald erstellt und aufwachsende Ungräser vor der Saat der neuen Kultur abgetötet. Die vergrabenen Samen sollten in den nächsten sechs bis acht Jahren das Licht der Welt nicht mehr erblicken.
Auf den schweren Tonböden, wie sie etwa in den Beckumer Bergen gegeben sind, ist es kaum möglich, die obere Bodenschicht sauber nach unten zu drehen. Auch die Etablierung einer Zwischenfrucht, die den Boden über Winter stabilisiert und so eine Schlitzsaat im Frühjahr überhaupt erst möglich macht, ist hier nicht einfach. Nicht zuletzt können Schnecken und Mäuse das System durchkreuzen.
Sonst geht nur Kleegras
So wird es sich auf einzelnen Schlägen auf Dauer nicht umgehen lassen, den Samenvorrat über den Anbau von Futterbaukulturen zu reduzieren. Aus der Wesermarsch gibt es dazu folgende Erfahrung: Bei einem Besatz von 2000 Ähren je m² wurde nach der Ernte des Weizens Kleegras eingesät. Dieser wurde jeweils vor der Samenreife der Gräser geerntet. Nach vier Jahren der Schnittnutzung wurde wiederum Winterweizen angebaut. Der Besatz hatte sich auf vier Ähren je m2 reduziert. Der Abbau der Samen funktioniert umso besser je milder, luftiger bzw. humusreicher die Böden sind. Auf tonigen Standorten mit schlechter Struktur dauert der Samenabbau deutlich länger. So gibt es etwa aus den Marschen der Westküste auch Berichte, nach denen sich das Samenpotenzial nach mehrjährigem Futterbau nicht entsprechend reduziert hat. Böden mit hohen Magnesiumgehalten, die bei Nässe zur Verseifung neigen und bei Trockenheit steinhart werden, sind in dieser Hinsicht besonders problematisch.
Entsprechend groß sind die Effekte durch...
- ...Wasserableitung (Dränage),
- Aufkalkung und
- Humusaufbau.
Dies gilt grundsätzlich, aber ganz besonders auch im Hinblick auf die Ackerfuchsschwanzbekämpfung. Auf diesem Fundament kann mit pflanzenbaulichen Maßnahmen (unter anderem dem Anbau von Sommergerste) aufgebaut werden.