Die Öko-Branche ist innovativ. Das gilt nicht nur für Landtechnik-Hersteller. Auch Wissenschaft, Berater, Zuchthäuser und Landwirte selbst sprühen vor Ideen, die dabei helfen sollen, den Spagat zwischen Umweltschutz und Ernährungssicherung zu schaffen.
Das hat die Branche in der vergangenen Woche auf der Hessischen Staatsdomäne Gladbacherhof in Villmar unter Beweis gestellt. 330 Unternehmen, Verbände und Organisationen präsentieren Saatgut, Landtechnik, Betriebsmittel, Futtermittel, Stallbau, Beratungsleistungen und vieles mehr. Aufgefallen ist dabei, dass viele Themen nicht nur den Ökolandbau betreffen. Gerade vor dem Hintergrund der Ökologisierung der konventionellen Landwirtschaft kamen auch Betriebsleiter, die keinen Umstieg in den Bio-Bereich planen auf ihre Kosten. Ein Schwerpunktthema war das Klima. Wissenschaftler zeigten an vielen Stationen die Herausforderungen für Landwirte sowie mögliche Lösungsansätze wie Agroforstflächen.
Gemeinsam an Lösungen arbeiten
Betriebsleiter ökologischer und konventioneller landwirtschaftlicher Betriebe müssen verschiedene Vorschriften beachten, sie haben mehr oder weniger Möglichkeiten in der Art und Weise ihre Flächen zu bestellen. Doch die Grundlage ihres Wirtschaftens ist gleich: Der Boden. Nur eine effiziente und schonende Nutzung kann nachhaltigen Erfolg versprechen.
Die verschiedenen Ausgangssituationen, Möglichkeiten und Erfahrungen führen dazu, „dass beide Seiten extrem vom Austausch profitieren können“, betonten Rico Platzdasch, Öko-Landwirt und Dietmar Schmidt, konventioneller Landwirt – beide aus Hessen. „Ackerbaulich sind wir im Grunde auch ganz ähnlich unterwegs.“ Beide Landwirte bewirtschaften ihre Betriebe pfluglos.
„Ich wirtschafte auf Böden mit etwa 30 bis 35 Bodenpunkten seit Jahren pfluglos. Das hat sich auch nach der Umstellung auf Ökolandbau im Jahr 2017 nicht geändert“, berichtet Platzdasch. Dazu setzt er auf einen immergrünen Boden – nach der Ernte von Sommerungen wie Getreide sät er die Zwischenfrucht wenn möglich noch am selben Tag im Direktsaat-Verfahren aus. Dabei wählt er winterharte Zwischenfrucht-Mischungen, um den Boden möglichst lange konsequent zu beschatten. Vor der Aussaat der folgenden Sommerung arbeitet er den Bestand flach mit einer Fräse ein. „Dabei arbeite ich nach dem Prinzip der Flächenrotte, setze aber keine Fermenter oder ähnliches ein“, sagt er. Er sei davon überzeugt, dass die hierfür notwendige Biologie in intakten Böden zum Großteil natürlich vorkommt.
Auch nach fünf Jahren pfluglosem Ökolandbau ist Platzdasch von seiner Strategie überzeugt: „Wenn alles funktioniert und das Wetter mitspielt haben wir extrem viel Bodenleben – von Kleinstlebewesen bis zu großen Regenwurmgängen.“ Dennoch bleibt der Landwirt innovativ und versucht, seinen Ackerbau weiter zu verbessern. „Mittlerweile achte ich darauf, dass ich Zwischenfrucht-Mischungen wähle, die weniger blühen“, weil Pflanzen in der generativen Phase viel Energie in die Blüte stecken und so weniger in die Wurzelmasse investieren und somit weniger Kohlenstoff in den Boden bringen würden.
Zudem stellte der Landwirt in den vergangenen Jahren fest, dass die Flächenrotte bei niedrigen Temperaturen nur langsam voranschreitet – gerade in früh gesäten Kulturen wie Hafer ärgere ihn das. Aus diesem Grund testet er aktuell den Anbau in Dammkulturen. Hierbei drillt er die Sommerung in kleine Dämme, sodass sich die Bodenoberfläche erhöht und die Temperatur schneller ansteigt. Die mechanische Unkrautkontrolle erfolgt mit dem Gerät, das auch die Dämme angehäufelt hat.
Schmidt berichtete, dass er bereits seit 1989 auf den Pflug verzichtet. „Als konventioneller Landwirt habe ich aber natürlich noch chemische Pflanzenschutzmittel in der Hinterhand. Das hat mir dabei geholfen, verschiedene Methoden zu etablieren.“ Von den Erfahrungen, die Landwirte wie Schmidt sammeln können, weil sie die chemische Option noch ziehen können, können später auch Ökolandwirte profitieren.
Umgekehrt profitiert Schmidt von den Erfahrungen ökologisch wirtschaftender Betriebe, weil diese gezwungenermaßen schon lange auf Chemie verzichten müssen. Schmidt und Platzdasch sind jedenfalls davon überzeugt, dass pflugloser Ackerbau auch ohne Glyphosat bzw. ganz ohne Herbizide funktioniert. „Die biologisch aktivste Schicht sind die obersten 15 cm. Die müssen wir unbedingt auch oben halten“, betont Schmidt.
Sorten für den Ökolandbau: Nicht nur Resistenzen entscheiden
Aus den eingeschränkten Möglichkeiten im Pflanzenschutz, der Düngung und der Unkrautunterdrückung ergeben sich für Ökolandwirte ganz andere Anforderungen als für konventionelle Betriebe. So weit, so bekannt. Doch auch andere Faktoren, die Öko-Neulingen eventuell weniger bekannt sind, können das Ergebnis beeinflussen.
„Im Ökolandbau ist es wichtig, dass der Bestand den Boden schnell beschattet, um Unkräuter zu unterdrücken“, sagt Erhard Gapp, Berater bei Demeter Beratung e. V.. Das gelingt neben einer schnellen Jugendentwicklung auch über die Höhe der Bestände sowie eine möglichst waagerechte Blattstellung. Resistenzen gegenüber Viren und Blattkrankheiten spielen natürlich weiterhin eine entscheidende Rolle, aber trotzdem muss die angebaute Sorte nicht zwingend komplett resistent sein, meint Gapp: „Ist eine Sorte so vital bzw. stressstabil, dass sie die Krankheit oder den Schädlingsbefall gut übersteht, kann das auch zu guten Ergebnissen führen.“ Auch die Entfernung von Getreideähren zum Blattapparat ist nicht irrelevant: Je höher die Ähre über dem obersten Blatt steht, desto geringer ist die Gefahr für Pilzkrankheiten auf dem Erntegut, erklärt der Experte.
Im Bezug auf die fehlenden Möglichkeiten, mit schnell wirkenden, mineralischen Düngern auf Nährstoffmängel reagieren zu können, betont Gapp, dass es wichtig sei, sich nicht auf Stickstoffeffizienz zu beschränken. Sorten, die spät in die generative Phase übergehen, erzielen seiner Erfahrung nach häufig bessere Erträge und Qualitäten, da der Nährstoffbedarf hier besser zur natürlichen Mineralisation von Nährstoffen passt.
Im Gegensatz zu Öko-Saatgut, das nur in den letzten Vermehrungsstufen nach den Öko-Richtlinien produziert wurde, sind Öko-Sorten oft besser auf die Bedürfnisse des Ökolandbaus eingestellt, erklärt der Experte. Das liege daran, dass hier auch schon die Züchtung und die Sortenzulassung im Öko-Anbau stattgefunden haben.
Für eine noch bessere Standort-Anpassung verweist der Experte auf „Composite Cross-Populationen“ (CCP).
Hierbei werden Elternpflanzen bestehender Sorten oder Linien von mehrheitlich selbstbestäubenden Pflanzen wie Weizen oder Gerste gekreuzt. Der Nachbau dieser heterogenen Mischung führt dazu, dass sich die stärkeren Sorten durchsetzen. „Durch mehrjährigen Nachbau können sich Bestände entwickeln, die anderen Sorten auf deiesem Standort in Qualität und Ertrag klar überlegen sind“, so Gapp. Als Alternative dienen sogenannte Sortenmischungen, bei denen die Sorten nicht gekreuzt, sondern als Körner gemischt werden. „Auch hier ist das Ziel, eine gute Anpassung an die Witterung zu Erreichen“, so der Experte. Wichtig sei dabei, auf eine gleichmäßige Abreife der Sorten zu achten.
Bäume im Feld – System mit Zukunft?
Vor rund zwei Jahren haben Wissenschaftler der Universittät Gießen Agroforst-Streifen auf einem Acker am Gladbacherhof etabliert. Sie wollen herausfinden, wie sich die Forststreifen langfristig auf Ertrag, Biodiversität und Erosionsschutz auswirken.
Die Agroforst-Streifen stehen in einem Abstand von 20 m. Durch den geraden Verlauf ist die Arbeit mit herkömmlicher Technik kaum eingeschränkt. Die über Jahre unbearbeiteten Streifen auf der Fläche mit starken Hanglagen sollen zum Einen das Wasser von Starkniederschlägen bremsen. Darüber hinaus soll der Bewuchs der Ackerkultur in Zukunft so viel (Wind-)Schatten bieten, dass dieser Effekt die Wasserkonkurrenz der Bäume übertrifft. Da Agroforst-Streifen – gerade bei relativ niedrigen Abständen – aber auch viel Fläche beanspruchen, prüfen die Wissenschaftler auch den Ertrag, der sich direkt mit den Gehölz-Streifen erzielen lässt.
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In sechs verschiedenen Streifen stehen verschiedene Kombinationen von Gehölzarten. Dazu zählen in einem Streifen beispielsweise Pappeln, Holunder, Wertholzbäume und Apfelbäume. Das Ziel dieser Kombination ist, dass Pflanzen verschiedener Höhen einen dichten Bestand bilden. Die schnell wachsende Pappel kann aus dem Bestand gehackt werden, sobald sich die anderen Arten ausreichend entwickelt haben.
Futterernte: Sauber, schnell, insektenschonend
Steht ein Futterbestand auf dem Halm, gilt es, ihn sauber zu ernten und einen schnellen Wiederaustrieb zu ermöglichen. Das gilt für Öko-Betriebe genauso wie für konventionelle. Ebenso rückt aber auch der Fokus auf insektenschonende Ernteverfahren in beiden Varianten in den Fokus.
Scheibenmähwerke sind aktuell die am weitesten verbreiteten Geräte für den Grünlandschnitt. Sie sind schlagkräftig, schneiden sauber und lassen sich mit Aufbereitern kombinieren. Allerdings sind die Mähwerke schwer, sodass in der Regel schwere Schlepper zum Einsatz kommen müssen. Darüber hinaus bergen der starke Sog sowie die schnelle Rotation der Messer die Gefahr, dass Insekten, die sich im Bestand befinden, in Mitleidenschaft gezogen werden.
In den blühenden Luzerne-Mischungen auf den Ökofeldtagen, in denen sich viele Bienen, Grashüpfer und andere Insekten tummelten, stellten mehrere Hersteller von Doppelmessermähwerken das Können ihrer Maschinen unter Beweis. BB-Umwelttechnik, Kema und Sauerburger zeigten, dass die Geräte nicht nur leicht (z. B. 920 kg bei 9,5 m Arbeitsbreite von BB-Umwelttechnik) sind und einen niedrigen Leistungsbedarf von weniger als 3 kW pro Meter Arbeitsbreite haben, sondern auch schlagkräftig sind.
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Dank des Antriebs über die zapfwellenbetriebene Bordhydraulik sind über 10 km/h Arbeitsgeschwindigkeit bei oft weniger als 1500 Motorumdrehungen pro Minute möglich.
Der Scherenschnitt soll für besonders saubere Schnitte sorgen und einen schnellen Wiederaustrieb ermöglichen. Zudem ist die Gefahr für Futterverschmutngen geringer, weil die Messer keinen Sog erzeugen und Maulwurfshaufen nicht zerschlagen. Gerade bei Problemen mit Maulwurfshaufen ist allerdings auch die Standzeit der Messer sehr begrenzt. Für hohe Tagesleistungen ist es nötig, mindestens zwei Messersätze und/oder nach Möglichkeit einen Schleifautomaten anzuschaffen.
Besonders Futterbestände, die beim Trocknen brüchig werden, neigen beim Schwaden zu Blattverlusten. So auch die Luzerne-Mischungen auf den Öko-Feldtagen. Herkömmliche Kreiselschwader schleifen das Futter jedoch über den Boden, was unter Umständen sowohl Verluste als auch Verschmutzungen mit sich bringen kann.
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Als Alternative hierzu stellten Kuhn und Pöttinger Bandschwader vor, die das Futter mit einer Pickup aufnehmen und es seitlich oder mittig ablegen können. BB-Umwelttechnik führte seinen Kammschwader vor, der in der Fronthydraulik gefahren wird. Beim Einsatz dieses Gerätes wird das Futter dementsprechend nicht überfahren. Die Zinken heben das Futter ebenfalls hoch und tragen es zur Seite. Von ganz innen nach ganz außen wird das Futter allerdings mehrmals vom Schwader getroffen, was Blattverluste möglich macht.
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