Gesetzliche Änderungen

2022: Das ändert sich in der Landwirtschaft

EU-Ökolandbaurecht, Tiertransporte, Tierarzneimittel, Kükentöten, GAP-Förderung und EEG-Biomasseverstromung: Hier gibt es Veränderungen.

Auf landwirtschaftliche Betriebe kommen zum Jahreswechsel, laut dem Deutschen Bauernverband (DBV) folgende Änderungen zu:

Neues EU-Ökolandbaurecht

Ab dem 1. Januar 2022 muss die neue EU-Öko-Basisverordnung 2018/848 nebst siebzehn Durchführungsverordnungen von allen Öko-Betrieben und -Kontrollstellen angewendet werden. Die alten EU-Öko-Verordnungen (VO 834/2007 und DVO 889/2008 etc.) verlieren zum Jahresende ihre Gültigkeit.

Ab 2022 gilt es, deutlich mehr Verordnungen miteinander querzulesen. Allein zehn Durchführungsverordnungen betreffen die Produktionsregeln der ökologischen Landwirtschaft. Die EU-Öko-Verordnung regelt nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch die dazugehörige Verarbeitung und den Handel mit Öko-Rohstoffen und -Lebensmitteln sowie Importfragen.

Die Kommission plant im Laufe des Jahres die vielen Teilverordnungen zu nachträglichen Änderungen im Basisrechtsakt zusammenzufassen. Ziel ist, die Anwendbarkeit zu verbessern.

Da die letzten Detailverordnungen erst Mitte Dezember fertiggestellt wurden, sind erhebliche Probleme bei der Umsetzung für Anfang 2022 zu erwarten. Insbesondere beim Import erwartet der Deutsche Bauernverband Probleme, da die nationalen Behörden (in Deutschland von den Bundesländern) die Änderungen nicht mehr rechtzeitig haben implementieren können. Demnach werden voraussichtlich einige alte Öko-Regelungen in einer Übergangszeit weiter angewendet werden müssen.

Die neue EU-Verordnung verfolgt einen prinzipiengetriebenen Ansatz im Öko-Recht. Dieser soll mehr den Verbrauchervorstellungen entsprechen, indem

  • Ausnahmen reduziert und langfristig abgeschafft werden und
  • der Umgang mit Verstößen, Unregelmäßigkeiten und Rückständen neu strukturiert wird. Dennoch soll es weiterhin keine gesonderten Rückstandsgrenzwerte für Öko-Lebensmittel geben.

Der Ökolandbau wird also weiter über seine Prozesse, nicht aber über die Rückstandsfreiheit des Endprodukts definiert. Öko-Landwirte müssen ihre innerbetriebliche Qualitätssicherung mit kritischen Öko-Kontrollpunkten definieren und damit ihre Vorsorgemaßnahmen für die Kontrolle transparent darlegen. Diese Vorsorgemaßnahmen sind auf innerbetriebliche Vorgänge begrenzt. Öko-Landwirte sind nicht für das Verhalten von Nachbarbetrieben verantwortlich. Damit bleibt die Koexistenz von Ökolandbau und konventionellen Betrieben gesichert.

Von neuen zusätzlichen Auflagen besonders betroffen ist die ökologische Tierhaltung bei Schwein und Geflügel. Trotz großer Futterknappheit wird eine 100%ige ökologisch-basierte Eiweißernährung vorgegeben.

Geänderte Vorgaben für inländische Tiertransporte

Zum 1. Januar 2022 treten Änderungen der Tierschutz-Transportverordnung in Kraft. Bei einer Außentemperatur von mehr als 30°C dürfen Schlachttiere nicht länger als 4,5 Stunden transportiert werden.

Bei Verstößen gegen die Transportzeit sowie bei Zuwiderhandlung der Vorgaben von Belüftung und Temperaturüberwachung von Straßentransportmitteln werden zukünftig Bußgelder verhängt. Die Neuregelungen für Kälbertransporte, dass die Tiere mindestens 28 Tage alt sein müssen, gilt erst nach einer Übergangsfrist von einem Jahr - ab dem 1. Januar 2023.

EU-Verordnung über Tierarzneimittel und Tierarzneimittelgesetz

Zum 28. Januar 2022 tritt auf EU-Ebene das EU-Tierarzneimittelrecht (VO (EU) 2019/6) in Kraft. Die Verordnung gilt dann unmittelbar für alle Mitgliedstaaten. Die Verordnung ist bereits am 7. Januar 2019 im Amtsblatt veröffentlicht worden, ist jedoch erst jetzt in allen Mitgliedstaaten der Union anzuwenden.

Zum gleichen Datum tritt in Deutschland ein neues Tierarzneimittelgesetz (TAMG) in Kraft. Es regelt auf nationaler Ebene die Inhalte, die nicht durch die VO 2019/6 ohnehin unmittelbar gelten. Das TAMG ist ein eigenständiges neues Stammgesetz. Vorher waren die Regelungen für die Veterinärmedikamente im Arzneimittelgesetz neben den Regelungen für den Humanbereich aufgeführt. Das neue TAMG trennt die beiden Bereiche, so dass alle Regelungen für den Veterinärbereich nun in einem Gesetz stehen.

Verbot des Kükentötens ab 2022

Ab dem 01.01.2022 ist das Töten von geschlüpften Eintagsküken verboten. 2024 wird zudem das Töten von Hühnerembryonen im Ei nach dem 6. Bebrütungstag untersagt. Nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ist der Hühnerembryo vor dem siebten Bebrütungstag noch nicht in der Lage Schmerzen zu empfinden. Ab dem siebten Bebrütungstag ist ein sich entwickelndes Schmerzempfinden nicht auszuschließen. Mit dem Verbot des Kükentötens trägt der Gesetzgeber dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von Juni 2019 Rechnung. Es hatte entschieden, dass das Töten männlicher Küken nur noch übergangsweise erlaubt sei.

Mit dem Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei werden Eier, aus denen männliche Küken schlüpfen, aussortiert und lediglich weibliche Küken ausgebrütet. Eine weitere Alternative ist die Aufzucht, Mast und Schlachtung männlicher Küken als sogenannte Bruderhähne sowie die Verwendung von „Zweinutzungshühnern". Der DBV befürchtet Folgen für kleine Brütereien, die ihre Legehennenküken bisher regional vermarktet und die männlichen Küken an Greifvogelhalter, Tierparks, Auffangstationen abgegeben haben. Die Folge könnten weitere Verlust von Marktanteilen an Polen, Ungarn und Tschechien sein.

Zweites Übergangsjahr in der GAP-Förderung

Kurz vor Jahresende wurden auf europäischer und nationaler Ebene die Arbeiten an einer Reihe von Rechtsgrundlagen für die GAP-Förderung ab 2023 und bis 2027 abgeschlossen:

wurde nach knapp vier Jahren Verhandlungen im EU-Amtsblatt verkündet.

Nachgelagerte Durchführungsverordnungen auf EU-Ebene mit bestimmten Auslegungen und Detailregelungen sollen im Frühjahr 2022 zum Abschluss kommen. Der EU-Rahmen für die GAP 2023-2027 ist Grundlage für die Einreichung der Nationalen Strategiepläne der Mitgliedstaaten bei der EU, die fristgemäß spätestens zum Jahresbeginn zu erfolgen hat.

Für den Entwurf des deutschen GAP-Strategieplans schafften die Länder im Bundesrat kurz vor Weihnachten mit den Beschlüssen zur Direktzahlungen-Verordnung und zur Konditionalitäten-Verordnung eine weitere wesentliche Grundlage in Ergänzung der unter der vorangegangenen Bundesregierung im Sommer abgeschlossenen Gesetze:

Deutschland will seinen Entwurf des Nationalen GAP-Strategieplans ab 2023 nach einigen Verzögerungen voraussichtlich Anfang Februar 2022 bei der EU zur Genehmigung einreichen. Hier wird es für die Landwirte darauf ankommen, dass spätestens im Sommer 2022 abschließend und verlässlich klar ist, welche Vorgaben für Direktzahlungen, Konditionalität, Eco Schemes und Antragstellung ab 2023 gelten. Das nun beginnende Antragsjahr 2022 gilt für die landwirtschaftlichen Betriebe in puncto EU-Agrarförderung als das zweite Übergangsjahr, u. a. mit nochmaliger Einhaltung der Vorgaben aus dem Greening.

Nachhaltigkeitsverordnungen nach RED II

Ab Jahresbeginn 2022 gelten für die EEG-Biomasseverstromung ähnliche Regularien wie bei den Biokraftstoffen. So darf die Biomasse nicht von Flächen mit hoher biologischer Vielfalt stammen oder auf Flächen angebaut worden sein, welche nach dem 1. Januar 2008 umgebrochen wurden. Dabei gilt die Bagatellgrenze von 1 ha unter der Umbrüche unbeachtet bleiben.

Bei Verstößen gegen die Anforderungen entfällt für die mit nicht nachhaltiger Biomasse massenbilanziell errechnete Strommenge der Anspruch auf die EEG-Vergütung. Die neuen Regeln gelten für alle Biogasanlagen mit mehr als 2 MW Feuerungswärmeleistung, was in etwa 700 kW elektrischer Leistung entspricht. Bei Flexanlagen ist die gesamte installierte Leistung maßgeblich, Satellitenanlagen dürfen extra betrachtet werden. Bei Bestandsanlagen entfällt die Pflicht zur Bilanzierung der Treibhausgasminderung, bei Neuanlagen (ab 2021 in Betrieb gegangen) sind Treibhausgasminderungswerte zu ermitteln.

Aufgrund der erheblichen Verzögerung seitens der EU und des Bundes drängt die Zeit, die Nachfrist endet am 30. Juni 2022. Der DBV empfiehlt Biogasanlagenbetreiber, sich schnellstmöglich einem Zertifizierungssystem anzuschließen. Für den Nachweis, darüber, sich fristgerecht zertifizieren zu lassen, ist bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) eine entsprechende Eigenerklärung abrufbar.

Lieferanten von Substraten an Biogasanlagen müssen eine Selbsterklärung zu den Flächen abgeben und sollten vorab prüfen, ob sie Flächen bewirtschaften, welche seit 2008 umgebrochen wurden. Wie bei der Biokraftstoffzertifizierung sollten dazu die Flächenverzeichnisse der GAP-Anträge 2008 aufbewahrt werden. Ergänzend arbeitet der DBV zusammen mit Unterstützung der Landesverbände und REDCert derzeit an einer webbasierten GIS-Lösung zum Flächenstatus 2008. Eine Umsetzung ist bis Ostern 2022 geplant.

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