Studie: Bündnis gegen die Tierindustrie

13,2 Mrd. € für eine „zerstörerische Branche“

Die Studie des Bündnisses "Gemeinsam gegen die Tierindustrie" sieht die Nutztierhaltung in Deutschland in der Kritik - aus gutem Grund?

"Milliarden für die Tierindustrie - Wie der Staat öffentliche Gelder in eine zerstörerische Branche leitet", so der Titel der Studie die am vergangenen Freitag erschien. Die Zahlen, die das überregionale Bündnis „Gemeinsam gegen die Tierindustrie“ darin veröffentlicht , sind beeindruckend. Der Zusammenschluss von Menschen und Gruppen die sich für Klimagerechtigkeit sowie Tierrechte/-befreiung einsetzen, fordert nicht weniger als „die Abschaffung der Tierindustrie und eine Agrarwende hin zu einer solidarischen und ökologischen Produktions- und Organisationsweise“.

Ermäßigter Steuersatz kostet Geld

In der Studie rücken die Autoren die „intensiv und industriell“ arbeitende Tierwirtschaft in den Fokus, sprich die gesamte konventionelle Tierhaltung von Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten.

(Bildquelle: moerschy/pixabay.de, eigene Darstellung)

13,2 Mrd. €, aus öffentlichen Mitteln finanziert, fließen nach den Recherchen des Bündnisses in die Tierhaltung. Die sechs Kategorien, aus denen die Gelder stammen, sind unterschiedlich stark in ihrem Umfang. Die Fiskal- und Wirtschaftsförderungspolitik ist mit einem Umfang von 5,86 Mrd. € die größte. Hierzu zählen die Autoren auch 5,2 Mrd. €, die dem Staat aufgrund des ermäßigten Steuersatzes auf tierische Lebensmittel, entgehen. Sie werten es als indirekte Förderung der Tierwirtschaft. Außerdem tragen die EU-Agrarförderung (Direktzahlungen und ELER) sowie die Agrarsozialpolitik mit 2,85 bzw. 2,73 Mrd. € maßgeblich zur Gesamtsumme bei.

Alle Angaben zu Ausgleichszahlungen, Fördermitteln und anderen Geldflüssen stammen aus offiziellen Statistiken von Bund, Ländern und Landwirtschaftskammern. Mit Hilfe von zwei Verteilungsschlüsseln rechnen die Autoren sie auf die Tierwirtschaft runter.

Wie kommen die Verteilungsschlüssel zustande?
Ökonomischer Verteilungsschlüssel: Anteil der Betriebe mit tierwirtschaftlichem Schwerpunkt an der Gesamtzahl landwirtschaftlicher Betriebe. Hierzu zählen alle in der Statistik aufgeführten Betriebe aus den Bereichen Veredelung, Futterbau sowie die Viehhaltungs-Verbundbetriebe. Des Weiteren nehmen die Autoren 50% der Pflanzenverbundbetriebe sowie 35% der Ackerbaubetriebe dazu, da sie Futtermittel erzeugen. In der Summe sind das 178315 oder 64,7 % aller Betriebe in Deutschland.
Flächenbezogener Verteilungsschlüssel: Er basiert auf dem Anteil der Fläche, der in Deutschland für die Tierwirtschaft genutzt wird. Das sind laut BMEL 10,2 Mio. ha, sprich 61% der landwirtschaftlichen Nutzfläche, die der Futtererzeugung genutzt werden.

Leise Kritik klingt an

Martin Banse, Leiter des Thünen-Instituts für Marktanalyse, lobt im Gespräch mit dem Spiegel die Untersuchung für ihre Transparenz der Berechnungen und hält sie für solide. Dennoch warnt er davor, falsche Schlüsse zu ziehen. Würde die Tierhaltung, wie von den Autoren der Studie gefordert, bis 2030 um mindestens 80 % reduziert, führe das zu anderen Problemen. Grünland müsse von Tieren abgegrast werden und die Umwandlung in Ackerland sei nicht so einfach.

Sebastian Lakner, sieht eine Notwendigkeit für die Debatte über öffentliche Förderungen. Der Professor für Agrarökonomie an der Universität Rostock bemängelt gegenüber dem Spiegel den Begriff der »Tierwirtschaft«, als unscharf.

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