In dem Kasten mit Buchenhack herrscht munteres Treiben. Die gelb-braun gestreiften Küken tapsen zur Tränke oder zum Futterautomaten. Manchmal ziehen sie sich wieder fiepend unter die Wärmeplatte, ihre künstliche Glucke, zurück. Vor zwei Tagen sind bei den Everwins Wachtel-Küken geschlüpft. „Das lege ich immer auf einen Sonntag, damit die Kinder den Schlupf verfolgen können“, erklärt Christine Everwin. 17 Tage vorher muss sie die befruchteten Eier in die Brutmaschine einlegen.
Tochter Nele nimmt eines der zarten Tiere in die Hände, unten im Kükenheim piepst ein anderes nach Leibeskräften. „Ein Schreihals ist immer dabei“, lacht Christine. Die 36-Jährige ist Agrarbetriebswirtin, Mutter von drei Kindern und seit fünf Jahren begeisterte Wachtel-Halterin. Auf dem Hof in Telgte im Kreis Warendorf, auf dem ihr Mann aufgewachsen ist, gibt es ansonsten 160 Bullen.
Wachteleier satt
Die Wachteln kamen aus praktischen Erwägungen dazu. Christine verträgt Hühnerei nicht, wohl aber Wachteleier. Aus den zunächst fünf Tieren wurden immer mehr. Aktuell legen 75 Wachteln die gesprenkelten Eier. „Jede Wachtel hat ihr eigenes ,Ei-Muster‘ und doch gleicht keines dem anderen zu 100 %“, betont Christine. Hennen bis zum Alter von einem Jahr legen täglich ein Ei. Danach nimmt die Legeleistung langsam ab.
Etwa eine Stunde pro Tag bringt Christine für die Versorgung der Tiere auf. Dabei wird sie oft von Tochter Nele unterstützt. Sie kümmert sich am liebsten um die aktuell 24 Jungtiere und 10 Küken. Die meisten Wachteln hält Christine in einer 2 m hohen Voliere. Dort können sie auffliegen ohne anzustoßen. Die übrigen Ställe sind so niedrig, dass die Tiere keine Flugversuche starten. Die Voliere bietet viele Verstecke. In der Natur leben Wachteln in Wiesen mit hohem Bewuchs, Greifvögel sind die größten Feinde.
Kuscheln im Stroh
Christine rechnet mit fünf Tieren pro m2. Ein dichterer Besatz ist möglich (siehe dazu das Interview mit einem Geflügel-Experten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen). Der Stall ist mit „Waldboden“ aus dem Fachhandel, das sind vor allem Holzstücke, eingestreut. Im Winter gibt es kuschelige Ecken mit Stroh, im Sommer mehr Staubbäder. Über Tag haben die Tiere Zugang zum überdachten Außenbereich der zugfreien Voliere.
Zweimal im Jahr ist Großreinemachen angesagt. Dann tauschen die Everwins die gesamte Einstreu und die Tannenzweige aus. Zwischendurch entfernt Christine verschmutzte Einstreu, siebt die Sandbäder und erneuert die Strohnester.
Legekorn, Mehlwürmer und gekochter Reis
Beim Futter setzt sie auf ein Wachtel-Legekorn. Etwa 40 g davon braucht eine Legewachtel pro Tag. Dazu gibt es getrocknete Kräuter für die Verdauung und Mineralgrit, das im Magen beim Zerkleinern des Futters hilft. Im Freilauf bekommen die Wachteln zusätzlich Hirse- und Getreidekörner, zum Reinlocken sind getrocknete Mehlwürmer und Soldatenfliegenlarven unschlagbar. Einmal wöchentlich kocht Christine für ihre Wachteln Reis mit gehackten Möhren, Zwiebeln und Knoblauch. „Das beugt Milben vor“, erklärt sie.
Im vergangenen Jahr hat sie Junghennen zugekauft. Mittlerweile lässt sie sich von einer Züchterin befruchtete Eier schicken und nutzt die Brutmaschine. „Naturbrut ist bei Wachteln oft Glückssache, weil die Glucken bei der kleinsten Störung das Nest verlassen“, erklärt Christine. Im vergangenen Jahr hat es trotzdem dreimal geklappt. „Dieses Jahr versuchen wir es wieder.“
Auszug aus dem Kükenheim
Die anderen Jungtiere ziehen mit drei Wochen aus dem Kükenheim in einen doppelstöckigen Kleintierstall. Nach Möglichkeit sortiert Christine sie dann anhand der Brustfärbung nach Geschlecht. Mit sechs Wochen legen die Hennen bei entsprechender Tageslänge ihre ersten Eier. Mit gut acht Wochen sind die Hennen „legefest“ und liefern täglich ein Ei. Nach der siebten Woche gliedert Christine sie in die Gruppe in der Voliere ein.
„Wachteln haben eine bestimmte Zahl an Eiern, die sie in ihrem Leben legen“, erklärt sie. In der Natur ist diese nach drei bis vier Jahren erschöpft. Künstliche Beleuchtung im Winter verhindert die Legepause. So hat Familie Everwin ganzjährig frische Eier.
Wenn die Hähne schlachtreif sind
Die Hähne sind mit acht Wochen schlachtreif. Bei kleinen Mengen übernimmt Christine das selbst, ansonsten bringt sie die Tiere zum Schlachter. Das Fleisch – 160 bis 220 g liefert ein Hahn – nutzt sie für Suppe oder gart es im Ofen. Auch die Alt-Hennen verwertet sie so.
Die Eier reichen für den Bedarf von Familie, Freunden und Bekannten. Wobei 35 Cent pro Ei nicht ganz die Kosten decken. Etwa vier bis fünf entsprechen einem Hühnerei. Eine Besonderheit ist der hohe Dotteranteil. „Vor dem Verzehr sollten die Eier mindestens drei Tage reifen, um ihr Aroma zu entwickeln“, erklärt Christine. Die dicke Schale lässt sich mit einem Messer oder einer Eierschere knacken. Das kann Nele schon professionell.
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