Kleine und große Veränderungen stehen im Leben immer wieder an und sind mitunter eine anspruchsvolle Herausforderung. Aber: Sie bieten die Möglichkeit, das eigene Leben zu gestalten und die Persönlichkeit zu entwickeln. Das betont Coach und Supervisorin Dr. Andrea Hötger aus Borchen im Kreis Paderborn.
Freiwillig oder erzwungene Neuerung
Manche Veränderungen im Leben sind freiwillig, beispielsweise der Umbau des Hauses, der Wechsel des Arbeitsplatzes oder die Bewerbung für ein Ehrenamt. Andere sind eher erzwungen, wie die Digitalisierung in der Coronakrise, neue Standards in der landwirtschaftlichen Produktion oder auch die Einstellung einer Pflegekraft für die Altenteiler.
Wer sich aus der "gewohnten Welt" zu Neuem aufmacht, hat meistens eine innere Spannung, die sich durch Unzufriedenheit, Entwicklungsstau oder Neugier aufbaut, berichtet Dr. Hötger auf dem digitalen Bäuerinnenforum des Kreislandfrauenverbandes Coesfeld.
In der Komfortzone bleiben
Das Umsetzen von Neuerungen laufe stets nach einem bestimmten Muster ab, ist die Erfahrung der Fachfrau. Wer die einzelnen Phasen kennt, kann mit den Abläufen und vor allem mit inneren Widerständen leichter umgehen. Hier die Stationen:
Steht eine Veränderung an, entwickelt das Gehirn eine ablehnende Haltung und sammelt Gegenargumente. Denn der Mensch ist bequem und bleibt gern in seiner gewohnten Welt.
Der nächste Schritt ist das Brechen des inneren Widerstands. Die Umsetzung beginnt. Hier müssen Kopf, Herz und Hand davon überzeugt sein, dass die Neuerung richtig ist beziehungsweise eine Verbesserung darstellt.
Wenn der Umbau eines Stalls beispielsweise zu Stroh- oder Offenhaltung gesellschaftlich zwar gewünscht ist, der Bauer für sich aber zu viele Nachteile sieht, wird er die Baumaßnahme nicht durchführen.
Steht hingegen ein Landwirt mit Leidenschaft hinter so einem Konzept, wird er es umsetzen.
"Eine gute Kommunikation in der Familie und mit Fachleuten beschleunigt den Neuerungsprozess", erläutert Dr. Hötger.
Unterstützer helfen
Bei Umbrüchen und Neuerungen sind externe Personen als Unterstützer nützlich. Das können Freunde sein oder Berufskollegen, die bereits Ähnliches umgesetzt haben. Es gibt auch professionelle Berater. Solche Mentoren haben einen Blick von außen. Sie helfen bei Zweifeln oder Problemen. Denn die Phase der Neuerung ist geprägt von Bewährungsproben, Ängsten, inneren Konflikten und so mancher Krise. Die Belastung dieses Abschnitts im Veränderungsprozess ist je nach Größe des Vorhabens nicht zu unterschätzen.
Ist der Stallumbau geschafft, erfährt der Landwirt "Belohnungen". Das können beispielsweise höhere Marktpreise sein oder die Anerkennung von Berufskollegen und Verbrauchern, diesen Schritt gewagt zu haben.
Zum Schluss wird das neue Projekt in den Alltag integriert. Der Handelnde ist durch die Veränderung in seiner Persönlichkeit gereift und blickt mit einer neuen Perspektive auf sein Leben, berichtet Dr. Hötger.
Und wenn das Projekt nicht funktioniert?
Und wenn jemand scheitert? "Wer sich auf den Weg macht, erlebt auch Rückschläge", macht die Fachfrau deutlich. Auch wenn es schwer ist an einem Tiefpunkt zu begreifen: Misslungene Projekte tragen ebenfalls zur Persönlichkeitsentwicklung bei. Zudem sollte man sich fragen: Wie bewerte ich das Scheitern selbst? Was habe ich daraus gelernt?
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