Zu Besuch beim Bundessieger

Beim Bundesentscheid bewies Erik Kamerichs Wissen, Geschick und Ausstrahlung. Doch wie ist der Bundessieger eigentlich auf seinem Ausbildungsbetrieb?

Beim Bundesentscheid bewies Erik Kamerichs Wissen, Geschick und Ausstrahlung. Doch wie ist der Bundessieger eigentlich auf seinem Ausbildungsbetrieb?

In alphabetischer Reihenfolge erklingen die Namen der Teilnehmer beim Bundesentscheid des Berufswettbewerbes. Nur seinen Namen hört Erik Kamerichs bei der Siegerehrung in Rendsburg nicht. Das bedeutet, er steht auf dem Treppchen. Als sein Name dann auch nicht auf Platz drei und zwei fällt, steht es fest: Erik Kamerichs ist der beste landwirtschaftliche Auszubildende Deutschlands im Jahr 2015.

An den Wettbewerb in Schleswig-Holstein Anfang Juni erinnert sich Erik in der guten Stube seines Ausbilders Jakob Klinkenberg. Auf dem Betrieb des Ackerbauern in Kempen im Kreis Viersen arbeitet der 22-Jährige schon fast anderthalb Jahre.

Anbau von Kappes

Landwirtschaftsmeister Jakob Klin­kenberg baut auf seinen 65 ha neben Gerste, Weizen und Mais auch Gemüse an. Er erntet Kartoffeln, Wachsbohnen, Rote Beete, Zwiebeln und Kohl. Der Kappes, wie die Rheinländer den Kohl nennen, gedeiht gut auf den tonigen Böden rund um das niederrheinische Kempen.

„Die Vielfalt der Kulturen hat mich gereizt. Das ist anders als zu Hause“, sagt Erik. Auf dem heimischen Betrieb in Mönchengladbach bauen seine Eltern auf mehr als 100 ha Zuckerrüben und Getreide an. Der Landwirtssohn hat fast die komplette Ausbildung auf dem Betrieb Klinkenberg verbracht. Im vergangenen Winter verließ er jedoch für sechs Monate den Hof, um auf einem Milchviehbetrieb zu arbeiten.

Erik Kamerichs
3.Ausbildungsjahr
Alter: 22 Jahre
Berufsschule: Berufskolleg Kempen
Wohnort: Mönchengladbach
Elterlicher Betrieb: Getreide und Zuckerrüben auf mehr als 100 ha

Durch die verschiedenen Kulturen wird es auf dem Betrieb Klinkenberg nicht langweilig. Fast immer wird etwas gesät oder gepflanzt, das Saatbett wird vorbereitet und bis in den Spätherbst wird geerntet. So endet die Kohlernte erst Ende November. Erik sitzt vor allem auf dem Schlepper. Am Morgen kommt er gegen sieben Uhr vom elterlichen Betrieb zu Jakob Klinkenberg. Dort pflügt, düngt und steuert er die Erntemaschinen.

Zeit zum Fachsimpeln

Was der Junglandwirt besonders schätzt, ist der Freiraum, den er hat. So kann er benachbarte Betriebe besuchen, um sich dort über Anbaumethoden und Betriebsweisen schlau zu machen. Jakob Klinkenberg nimmt sich Zeit, um mit seinem Auszubildenden zu diskutieren. Sie fachsimpeln über Düngung und Pflanzenschutz.

Obwohl er seit seinem 16. Lebensjahr Landwirt ist, lässt der 68-Jährige sich gerne eines Besseren belehren. „Man kann so alt werden wie eine Kuh. Man lernt immer noch dazu“, sagt der erfahrene Praktiker mit einem Lächeln.

Erik imponiert es, wie sein Meister über die passende Fruchtfolge die Ausgaben für den Pflanzenschutz minimiert. „Jakob braucht die Kartoffeln nicht zu beizen. Das Beizen ist zwar Lehrmeinung, aber relativ teuer“, beschreibt der Lehrling.

Ungewohnt für ihn war, dass sein Chef den Anbauplan innerhalb weniger Tage umstößt. Auf dem heimischen Betrieb steht schon am Anfang des Jahres fest, was angebaut wird. Der Landwirt nennt Erik dann mit einem Augenzwinkern einen „verwöhnten Zuckerrübenbauern“. Im Gegensatz zu Eriks Eltern könne er sich nicht auf die feste Einnahme durch das Zuckerrübenkontigent verlassen und müsse flexibel reagieren.

Mit Pferd in den Norden

Bevor Erik als Sieger des Berufswettbewerbes feststand, musste er eine harte Woche überstehen. Am Montagmorgen der Wettbewerbswoche stand zunächst der schriftliche Teil der Gesellenprüfung an. In der Landwirtschaftskammer Rendsburg löste er die Aufgaben. Im Zug bereitete sich Erik auf die Prüfung vor.

Neben Büchern und Ordnern begleitete ihn ein Holz­pferd nach Norddeutschland. Am Montagabend stellten die Teilnehmer ihr Bundesland vor. Das Team aus NRW nahm das Landeswappen aufs Korn. So galoppierte der Rheinländer Erik auf dem westfälischen (Holz)pferd herein.Mit dem Wissen ist der angehende Landwirt gut aufgestellt für seinen nächsten Schritt: Nach der Ausbildung beginnt er an der Fachhochschule Soest mit dem Studium. Auf Dauer möchte der Bundessieger den Betrieb der Eltern übernehmen. Patrick Otte