Es herrschte Redebedarf am Montag im Audimax auf dem Campus Soest. Fast drei Stunden diskutierten Susanne Schulze Bockeloh und Hubertus Beringmeier mit knapp 200 Junglandwirten, Agrarstudierenden und gestandenen Bauern. Von ihnen waren einige bei den Treckerdemos im vergangene Jahr dabei und sind bei Land schafft Verbindung (LsV) aktiv.
Mit ihnen suchten die beiden Spitzenkandidaten um das Präsidentenamt des Westfälisch Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) den Dialog. Geduldig beantworteten sie Fragen zu Versäumnissen des Verbandes und ihrer eigenen Person.
Bauernverband zeigt sich offen für Kritik
„Diesen Arschtritt haben wir gebraucht. Der war Gold wert“, nahm Hubertus Beringmeier kein Blatt vor den Mund und bezog sich auf die Treckerdemos und LsV. Er gestand ein, dass der Bauernverband vor allem bei den Junglandwirten Vertrauen verloren hat. Er sieht LsV aber nicht als Konkurrenz zum Verband, sondern als eine Ergänzung.
„Der WLV ist viel langsamer und hochdemokratisch. Aber über WhatsApp- Gruppen lässt sich keine Agrarpolitik machen“, betonte der Schweinehalter aus Hövelhof-Espeln im Kreis Paderborn und mahnte zur Einigkeit: „Wir sind nur noch 260 000 Bauern. Da dürfen wir nicht in Einzelteile zerfallen.“
Auch Susanne Schulze Bockeloh lobte das, was LsV erreicht hat, und nannte den Agrargipfel bei der Kanzlerin als Beispiel. Die Ausgangslage für dieses so entscheidende Agrarjahr 2020 sei gut. „Wir müssen nur aufpassen, dass wir jetzt nicht tot getagt werden“, sagte die 54-Jährige, die mit ihrem Mann einen Ackerbaubetrieb am Rande von Münster führt.
Dem Verband wurde vorgeworfen, er reagiere nur und agiere nicht. Das wollte Susanne Schulze Bockeloh so nicht stehen lassen. Aktionen wie die Treckerdemos seien wichtig, aber über die Verbandsarbeit würden Strategien wie die Offensive Nachhaltigkeit entwickelt. Außerdem sucht der Verband den Austausch zu anderen gesellschaftlichen Gruppen.
„Verband am Tiefpunkt“
Klare Worte fand Junglandwirt Mirko Schmale aus Rhaden im Kreis Minden-Lübbecke. „Der Verband ist am Tiefpunkt angekommen. Jetzt kann es nur noch nach oben gehen“, meinte er. Er selbst ist aktiv bei LsV und kennt aus eigner Erfahrung, dass es einfacher ist Leute für eine Trecker-Demo zu gewinnen als für ein langfristiges Ehrenamt. Daher appellierte er an seine Altergenossen, sich mehr im Verband zu engagieren, um ihn von unten aufzukrempeln.
Ganz ähnlich sah das Heiner Born aus Breckerfeld im Ennepe-Ruhr-Kreis. Auch er ist aktiv bei LsV und mit 29 Jahren Ortslandwirt. LsV und Verband dürfen seiner Meinung nicht gegeneinander ausgespielt werden. „Auch wir Junglandwirte brauchen manchmal einen Arschtritt: Nicht nur bei den Treckerdemos müssen wir uns zeigen, sondern können uns das ganze Jahr über beim WLV engagieren“, meinte er.
Das erntete Applaus im Publikum und fiel bei den Spitzenkandidaten auf fruchtbaren Boden. Beide luden alle Zuhörer ein, sich im WLV zu engagieren oder wie es Hubertus Beringmeier formulierte: „Damit zu den Winterversammlungen nicht nur immer Opa geschickt wird.“
Fragen zur Ämterhäufung
Während der Diskussion wurde Susanne Schulze Bockeloh auf ihr Mandat im Aufsichtsrat der Agravis angesprochen. Sie sieht sich als Stimme der Landwirte in der Genossenschaft und hält die Vernetzung im vor- und nachgelagerten Bereich für sehr wichtig. Auf Nachfrage schloss sie eine Bewerbung auf ein Landtags- oder Bundestagsmandat aus.
Hubertus Beringmeier wurde gefragt, ob es klug sei, in Zeiten von aufgeladenen Diskussionen zur Tierhaltung einen Schweinehalter als Präsidenten zu wählen. Darüber habe er sich vorher mit seiner Familie Gedanken gemacht. Er sei sich das persönliche Risiko bewusst, hält aber nichts davon sich zu verstecken, da die Stimme der Tierhalter im Verband und nach außen wichtig sei. Außerdem könne bereits jetzt jeder über Webcams in seine Ställe schauen.
Mehr zu den Positionen der beiden Spitzenkandidaten, die am 17. Februar von den Delegierten des WLV gewählt werden, findet ihr in einem großen Interview im nächsten Wochenblatt.
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