Der Ring der Landjugend hatte am Montagabend die drei Spitzenkandidaten, Susanne Schulze Bockeloh, Hubertus Beringmeier und Joachim Pehle, nach Münster eingeladen. Knapp 40 Mitglieder der KLJB Münster und Paderborn, der Westfälisch-Lippischen Landjugend (WLL) und des Junglandwirteforums stellten den drei Kandidaten Fragen rund um die Zukunft des Verbandes und der Landwirtschaft.
Am 17. Februar hat der Ring vier von 106 Stimmen bei der Sitzung des Landesverbandsauschusses, der die neue Präsidentin bzw. den neuen Präsidenten wählt.
Schwung der Straße nutzen
Einig waren sich die drei Kandidaten, dass die Öffentlichkeit, die in den vergangenen sechs Monaten um die Anliegen der Bauern entstanden ist, genutzt werden muss. Keiner hätte sich vor einem Jahr ausgemalt, dass die Kanzlerin zum Agrargipfel lädt oder mit dem Lebensmitteleinzelhandel spricht.
Ein Anliegen von Susanne Schulze Bockeloh ist es, Themen der Landwirtschaft weiter in die breite Öffentlichkeit zu bringen. Dafür möchte sie vor allem auch den Berufsnachwuchs motivieren.
Joachim Pehle möchte den Schwung der Straße mitnehmen und die Solidarität der Landwirte nutzen, um die Glaubwürdigkeit des Verbandes zu erhöhen. Im Fall einer Wahl sieht er sich als erster Vorsitzender, der mit anpackt, und nicht als Präsident, der nur von der Spitze grüßt.
Für Hubertus Beringmeier ist das Präsidentenamt ein Fulltimejob. Im Fall einer Wahl möchte er mehr Präsenz in der Fläche zeigen und vor Ort mit den Kreis- und Ortsverbänden das Gespräch suchen.
Vision der Landwirtschaft
Den Landjugendlichen skizzierten die drei ihre Vision der Landwirtschaft. Joachim Pehle will, dass sich die Landwirtschaft in vielen kleinen Schritten entwickelt und verbessert. „Evolution statt Revolution“ lautet seine Überzeugung.
Für Hubertus Beringmeier wird es Veränderung und Anpassung der Landwirtschaft geben. Wichtig ist ihm, dass die Landwirte weiter davon leben können. Außerdem sollen sie nicht in der Woche 70 bis 80 Stunden arbeiten müssen und auch mal in den Urlaub fahren können.
Susanne Schulze Bockeloh fasste ihre Vision, wie folgt, zusammen: „In zehn Jahren haben die Bauern ihre Chancen genutzt. Die Vielfalt der Landwirtschaft lebt und die Landwirte verdienen weiter Geld mit ihrer Arbeit.“
Frage zur Zukunft des Verbandes
Joachim Pehle möchte, dass die Identifikation der Mitglieder mit dem Verband wieder zunimmt. Der Verband sollte geschlossen und mit breiter Brust nach außen auftreten und Interessen der Landwirte vertreten. „Wir müssen uns wieder mehr auf den Verband und seine Mitglieder konzentrieren. Die Akzeptanz in der Bevölkerung kommt erst an zweiter Stelle“, sagte er.
Für Hubertus Beringmeier muss nach Innen wieder mehr Transparenz herrschen und von oben nach unten muss besser kommuniziert werden. Nichtsdestotrotz müsse man sich auch gegenüber anderen gesellschaftlichen Gruppen öffnen und das Gespräch suchen. Er forderte die jungen Mitglieder auf, mehr Dampf zu machen und unbequeme Forderungen zu stellen.
Für Susanne Schulze Bockeloh ist die Verbandsarbeit keine „One-Woman-Show“, sondern steht auf den Schultern des Hauptamtes in Münster. Dabei muss die Spitze wieder mehr kommunizieren und die Mitglieder miteinbeziehen. Außerdem müsse der Verband Verbündete außerhalb der Landwirtschaft suchen zum Beispiel die Kirchen. Auch müsse man mit jeder demokratischen Partei ins Gespräch kommen.
Meinung zur Öffentlichkeitsarbeit
Susanne Schulze Bockeloh sieht neben der Öffentlichkeitsarbeit, die jeder Landwirt vor Ort leisten muss, auch das Image des Berufstandes als sehr wichtig an. Sie hob die Kampagne „Mag doch jeder“ hervor. Dadurch können die Landwirte positive Bilder verbreiten, die glaubhaft sind. Denn sonst bekommt der Verbraucher nur die negativen Fotos von anderen Gruppen vorgesetzt.
Für Hubertus Beringmeier ist Öffentlichkeitsarbeit mittlerweile ein eigner Betriebszweig. Er zeigt selbst Bilder und Videos aus dem Stall. Auch kann jeder Landwirt schon mit einem bedachten Ausbringen der Gülle den Anfang für mehr Verständnis im Dorf sorgen.
Joachim Pehle meint, die Öffentlichkeitsarbeit des Verbandes könnte knackiger werden. Man könnte zum Beispiel Agrarblogger unterstützen, die schnell fachlich auf Meldungen zu Landwirtschaft in den Medien reagieren.
Frage zur Jugendarbeit im Verband
Für Susanne Schulze Bockeloh dürfen die Jungen auch mal einen raushauen. „Traut euch, euch einzubringen. Auch die Älteren kochen nur mit Wasser“, sagte sie und forderte eine stärkere Positionierung der Landjugend und ihrer Vertreter.
Hubertus Beringmeier versprach, als erste Amtshandlung sich mit den Vertretern der Landjugend zusammenzusetzen und wieder mehr das Gespräch mit ihnen zu suchen.
Joachim Pehle schlug vor, dass minderjährige Azubis kostenfrei Mitglieder werden dürfen und hob die kostengünstige Mitgliedschaft beim WLV für Unter-35-jährige hervor. Außerdem machte er Mut, sich auch schon als junges Mitglieder auf Vorstandsämter zu bewerben. „Die Jugend hat einfach mehr Temperament. Es muss wieder mehr Feuer im Spiel sein.“
Meinung zum Klimawandel und dem Green Deal der EU
Für Joachim Pehle ist die Klimaneutralität wichtig, aber die Ernährung der Menschen wichtiger. Eine klimaneutrale Landwirtschaft sei schwierig. Aber durch den Humusaufbau im Boden könne zum Beispiel Kohlenstoff im Boden gebunden werden. Außerdem werde die Produktionstechnik immer ressourcenschonender. Um sich an den Klimawandel anzupassen, brauchen die Landwirte „alle Werkzeuge im Werkzeugkasten“, auch den intelligenten Einsatz von Chemie auf dem Acker.
Hubertus Beringmeier sieht Einsparpotential im Ausstoß von Klimagasen von Betrieb zu Betrieb. Darauf müsse man Antworten finden. „Uns wird was abverlangt, dürfen aber nicht den Fehler machen ständig auf andere Branchen und den Verbraucher zu schimpfen“, sagte er.
Susanne Schulze Bockeloh sieht einen interessanten Ansatz in der Regenerativen Landwirtschaft. Durch sie kommt mehr Humus in den Boden. Außerdem werde die nächste Phase der GAP deutlich grüner. Vor allem durch die Digitalisierung auf dem Acker ließen sich Ressourcen sparen.
Meinung zu Frauen im Verband
Für Hubertus Beringmeiner ist der Verband nicht frauenfeindlich. Er sieht an vielen Stellen, Frauen die hervorragende Verbandsarbeit leisten. In Paderborn hat er seit 20 Jahren eine weibliche Geschäftsführerin. Frauen seien aber zurzeit noch unter der Gesamtzahl der Betriebsleiter unterrepräsentiert. Man müsse aber nicht unbedingt Betriebsleiterin sein, um im Verband mitzuarbeiten, sagte er.
Susanne Schulze Bockeloh wünscht sich viel mehr Frauen im Verband. Es ist aber nicht so, dass sie vor der Tür stehen und scharren. Wichtig ist es, gemeinsam mit den Männern zu arbeiten und nicht anstatt der Männer. „Ihr müsst den Einfluss einfordern“, appellierte sie an die weiblichen Zuhörer.
Für Joachim Pehle stehen Kompetenz vor Geschlecht und Herkunft. Er beobachtet aber auch, dass wegen der meist noch klassischen Rollenverteilung auf den Höfen, Frauen weniger Zeit für Verbandsarbeit finden. Doch das wandelt sich aus seiner Sicht, da immer mehr Frauen die Betriebe leiten.